Morgentliches Hamburg im September


Spiegelgleich erkenne ich auf der ölglatten Oberfläche der Alster das Panorama meiner schönen Heimatstadt Hamburg, auf dem Kopfe stehend, unwirklich, dennoch in jedem Detail.
Um mich herum summt, kreucht und fleucht die Insektenfamilie der Bienen, Wespen, Schmetterlinge, Zitronenfalter, Hummeln und sonstiges Getier in den Kelchen der teilweise verblühten Blumen am Uferrand. Einige der Blüten haben ihren Zweck erfüllt, leiden ver-trocknend, den Kopf hängend am Stiel, es ist ein morbider Anblick inmitten der vor Kraft und Fruchtbarkeit strotzenden Natur.
Die Sonne sendet ihre noch immer wärmenden Strahlen auf mein Gesicht, und ich höre auf, zu frieren. Weit in der Ferne, kaum spürbar, höre ich die Melodie meiner Stadt, nicht lauter, als das Summen der Insekten. Ein stetiger Geräuschpegel, eintönig, ohne Höhen und Tiefen, sein tiefes Brummen hängt wie Schwaden in der Luft.
Auf dem Wasser tauchen die Blässhühner nach Fressbarem, jeder Fang wird durch lautes Gezeter der in der Nähe schwimmenden Nachbarn begleitet, Futterneid ist die Devise. Ein rotschnäbliges Teichhuhn hat sich aus dem schützenden Element Wasser herausgewagt und frisst die zart fliederfarbenen Blüten. Es ist allein und kämpft nicht mit den futterneidischen Nachbarn – eine Marktlücke wurde entdeckt.
Eine fotografierende Gruppe von Japanern fällt für Minuten ein, tut seine Knipspflicht und schon nach einigen Minuten ist es so, als wären sie nie da gewesen. Sie haben nichts von dem Zauber, der auf dieser morgendlichen Stunde liegt, mitbekommen, konnten ihn aber auch nicht zerstören.
Die Schwäne im Schatten der Weiden haben hier am Ostufer noch den Kopf im Gefieder zur Morgenruhe versteckt, während auf der sonnenbeschienenden Seite schon mancher Schwan in Balzstellung der Flügel stolz dahingleitet. Ein einsamer Alsterdampfer sendet seine Wellen an das Ufer, die Blässhühner hüpfen wie Korken, dennoch mit viel Grazie auf den Hügeln der Wellen.
Hinter mir begrüßen sich zwei Schoßhündchen morgendlicher Spa-ziergängerinnen durch heftiges Bellen. Seltsam, irgendwie stört es die Idylle nicht.
In den Straßenschluchten ertönt für einige Sekunden das Martins-horn herüber und klingt wieder ab, eine weitere Strophe im Lied meiner Stadt.
Die Starin fängt gerade einen Wurm, den sie, heftig ziehend, ver-sucht, aus dem Rasen zu holen – gewonnen, der Wurm füllt ihren Magen. Ob sie wohl noch eine zweite Brut groß füttert? Eher nicht, denn eigentlich ist bald der Abflug in den Süden geplant.
Jäh erwache ich aus dieser realen Zauberwelt, die Gärtnerin mit ih-rem Motorrasenmäher tut ihre Pflicht. Ich setze mich auf meinen Motorroller, dem Markt am Goldbekufer entgegen.
Dieses Erlebnis teilt Euch mit
Euer Kadosch

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Kommentare (8)

henryk Oktober 2011(henryk)


Oktober 2011(henryk)
Viele Gruesse ..Henryk

anjeli Bist du wirklich in Hamburg gewesen, hast du tatsächlich Hamburg beschrieben?

Vom Erleben hätte es auch Düsseldorf, Bremen oder Köln sein können.
Ja, dann hast du doch tatsächlich einen Alsterdampfer und das Goldbekufer erwähnt und
schon war ich in Hamburg. (lach)

Deine Multimomentaufnahme hast du schön formuliert und ich habe sie gerne gelesen.

anjeli
indeed du beschreibst ein Hamburg einmal nicht von der Hafenseite, sondern ein Areal aus deiner täglichen Umgebung?
Hamburg hat viele schöne Seiten. Du öffnest mit deiner Geschichte ein kleines Zeitfenster, möchte fast sagen eine Momentaufnahme, die du sehr umsichtig und genau beschrieben hast.
So grüße ich mal mit Hummel Hummel
indeed
ladybird Mir ist, als hätte ich Dich an diesem Morgen in Hamburg begleitet,er war so plastisch geschildert, beinahe hätte ich die kreisenden Möwen über uns gehört, anschließend hätten wir in dann in der Krameramtsgasse (ist das richtig??) einen Kaffee genommen und über Deine Heimatstadt gesnackt,sie ist auch mir ans "Herz gewachsen",
herzlichst ladybird
Traute Das Tor zur Welt hat wenig Toren....(von mir)
Ganz zärtlich beschreibst du die Morgenstunde in Deiner
geliebten Stadt.
Ich kann es aus jeder Zeile lesen, wie Du sie magst.
Mit freundlichen Grüßen,
Traute
EHEMALIGESMITGLIED63 bekam Heimweh und begann zu fliegen,

"und meine Seele spannte weit die Flügel
als flöge sie nachhaus...."
wunderbar beschrieben
die Stadt das Tor zur Freiheit...

vielen Dank gerade jetzt Begine

Verschiedenes(Begine)


kleiber ...das hast du wunderbar beschrieben...genau beobachtet...
das ist genau meine Richtung...
Morgens wenn alles noch Menschenleer ist ...erlebt man die Natur am schönsten...

Und das in Hamburg ...meiner Lieblingsstadt...wo ich einmal im Jahr hin muss.

Ich danke dir füe die schönen Zeilen...man fühlt sich dazwischen ...einfach schön.

Lieben Gruss Margit (kleiber)
finchen ... ich war nur ganz selten in Hamburg und trotzdem hatte ich das Gefühl, neben Dir zu sitzen. Das hast Du wunderbar geschrieben.
Mach weiter so - Dein erster Fan hat sich angemeldet!
Liebe Grüße aus Oberbayern
das Moni-Finchen

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