So Einiges hat meine inzwischen beendete Chemotherapie ja doch noch als Überraschung für mich parat. Ich wusste, dass viele Patienten davon Probleme mit ihren Händen und/oder ihren Füßen bekommen. Mein Mann brach zweimal seine Chemo deswegen ab.

Aber ich kannte einschlafende bzw. kribbelnde Finger durch zu viel Arbeit mit meinen Händen (täglich Berufstätigkeit, Haushalt, abends stundenlang stricken, von Hand oder am PC schreiben, Klavierspiel) schon seit meiner Teenager-Zeit. Hatte deswegen schon als 16-Jährige ein erstes Mal Gürtelrose. Mit 64 Jahren erfuhr ich, dass meine Halswirbelsäule bereits so degenerativ verändert war, dass die betroffene Hand noch schneller auf zu viel an Tun mit kribbelndem Einschlafen aller Finger vor allem der rechten Hand reagierte.

Nachdem ich nun vor einem guten halben Jahr meine Krebsdiagnose erhielt, gefolgt von wöchentlicher Chemotherapie, stellte sich das übliche Kribbeln und Einschlafen vor allem meiner rechten Hand recht schnell als Dauerzustand ein. Für mich war es eine Nebenerscheinung, die ich teils ja schon lange kannte. Kein Grund, dem Onkologen mein gesteigertes Empfinden zu klagen. Als ich es so nebenher einer fragenden Schwester bejahte, erfuhr das sofort der Onkologe und der schimpfte mich ob meines bisherigen „Verschweigens“ fast aus!

Ich bin der Meinung, er hätte sich bereits zu Beginn der Behandlung über meine Vorgeschichten erkundigen müssen. Dann hätte er gewusst, dass da bereits betreffs meiner Nerven in Händen und Füßen Schäden vorlagen, die zu berücksichtigen gewesen wären. Er hat mich bis heute – die Chemo ist inzwischen beendet – nicht darüber informiert, was ich im Fall der Fälle, dass diese Nervenstörungen stark auftreten, dagegen tun könnte. So ein wenig fühle ich mich diesbezüglich allein gelassen!

Dass es eine Rolle spielt, baldmöglichst, wenn diese „Nebenwirkungen“ auftreten, etwas dagegen zu tun, wusste ich nicht. Die Einen behaupten, damit müsse man lebenslang dann leben lernen, die Anderen wissen durchaus davon, dass es Möglichkeiten gibt, die Auswirkungen zu minimieren. Letzteres erfuhr ich erst jetzt von meinem HA, der auch als FA bei Krebsbehandlungen arbeitet, nachdem ich seit Wochen wie auf Stelzen, gefühlt wie dicke Elefantenbeine, laufe, mir jeden Tag mehrfach mit der linken Hand Besteck möglichst gut und richtig in die Rechte legen muss, um überhaupt essen zu können – und das hoffentlich, ohne zu schlabbern!

Es ist ja trotz vieler Krebspatienten so, dass jede/r seinen eigenen speziellen Krebs hat. Da sehe ich es schon als wichtig an, dass bei der Eingangsdiagnostik nicht nur die Art, die Größe oder sonstige wichtige Aspekte dieses Krebses erforscht werden, sondern auch Vorerkrankungen beachtet werden, die eine Rolle bei der Behandlung spielen könnten.

Bei mir lag auch eine frische Schädigung der Ischias-Nerven durch zwei Wirbelsäulenoperationen 2019 vor, denen durch bestimmte nachoperative Wartezeiten und dann Corona nicht mehr gerecht werden konnte. Hatte ich durch diese OP's schon kribbelnd ertaubte Außen-Fußränder, kam ich durch die mich völlig überrumpelnden vielen Fragen zu meiner neuen Krebsdiagnose gar nicht dazu, auch nur ein Wort zu dieser Vorerkrankung zu sagen. Dabei hatte ich vorbereitend die Arztbriefe dazu stets in meiner Mappe mitgenommen.

Offenbar kreisen die Gedanken der Spezialisten stets NUR um die für ihr Fachgebiet gerade wichtigen Fakten, so dass sie vergessen, dass da nicht „eine Krankheit, die es zu bekämpfen gilt“ vor ihnen sitzt, sondern ein Mensch mit allen möglichen Eigenschaften, die oft genug ebenfalls Beachtung fordern.

In meinem Fall haben sich auch die Nebenwirkungen in meinen „nervlich vorgeschädigten“ Füßen ziemlich breit gemacht: seit den ersten Chemo-Gaben breitete sich das dauerhafte Taubheitsgefühl auch in den ganzen Fußsohlen und auf dem Spann beider Füße aus.

Meine schon Jahrzehnte geschädigte rechte Hand, wo auch das Daumengrundgelenk vor drei Jahren brach (interessiert keinen Orthopäden!), begann plötzlich vor einem Tag morgens derart zu schmerzen, dass es mir kaum noch möglich war, auch nur das Messer in die Hand zu nehmen, um mir eine Scheibe Brot zu schmieren. Dabei hatte ich mich weder an der stark schmerzenden Stelle gestoßen noch Ähnliches leicht hingenommen. Der HA war erst der Meinung, es sei möglicherweise der Karpaltunnel, bog meine Hand in alle Richtungen. Aber all das schmerzte nicht.

Dann drückte er auf der stark geschwollenen „Daumenmaus“ herum, was recht schnell an einer Stelle, wo es vor drei Jahren „knack“ gemacht hatte, stark schmerzte. Also kein Karpaltunnel! Einen Grund dafür gab es nicht – außer der Tatsache, dass die Chemos, die seit einem halben Jahr meinen Körper bearbeiten, die Krebszellen zerstören sollen, nun auch meine Nerven und Gelenke, die altersbedingt nicht mehr sooo frisch sind, offensichtlich weiter schädigen.

Bei all diesen Vorschädigungen hätte vielleicht die Krebsbehandlung doch etwas anders ausfallen müssen. Aber da war ich offensichtlich eine zu wenig klagende Patientin gewesen. Meine jetzt schmerzende Daumenmaus konnte ich mit entsprechendem schmerz- und entzündungshemmenden Gel behandeln. Schmerzhaftigkeit und Nutzungsmöglicheit ändern sich dauernd.

Zum Glück hab ich von meinem verstorbenen Ex seinen Rollator zuhause. Damit kann ich auch auf meinen dicken „Stelzen“ – so fühlen sich meine Füße inzwischen an – an guten Tagen wenigstens relativ sicher spazieren gehen. Wie ich das Teil vor mir ohne meine schmerzenden Daumenmäuse zu strapazieren, schieben kann, hab ich recht schnell herausgefunden. Ich muss ja nicht mit dem Handgelenk, der ganzen Hand schieben, es reicht ja die Nutzung der äußeren Handhälften ...

Ich hoffe nun sehr, dass sich nicht noch mehr stark schmerzende „kleine Nebenwirkungen“ in meiner Erholungsphase vor der anstehenden OP einstellen.
 

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