Parabel einer Begegnung



Es war eine Begegnung, unvorhersehbar, spontan und so plötzlich.
Anfangs schien es ihr so, als ob er etwas abweisend, spröde und vorsichtig war. Sie hatte den Eindruck, um mit ihm näher bekannt zu werden, müsse sie sich einer Prüfung unterwerfen. Ja, genau so war ihr Eindruck. Doch schon nach einigen Gesprächen entwickelte sich so etwas wie ein stilles Einvernehmen, eine Vertrautheit im Tonfall, die überraschend und unverständlich war.
Woher kam plötzlich sein Zutrauen? Ihre Bereitschaft sich zu öffnen? Er breitete seinen Mantel über ihr aus, wie einen schützenden Schirm, sie fühlte sich eingehüllt darin, in seiner forschender Neugierde und seinem tiefen Interesse.
Doch es stehen viel zu viele Dinge im Raum, wie Hindernisse auf einen einsamen Waldweg. Stolpersteine, herabhängende um sich greifende Äste der Bäume ringsherum. Es sind Bäume die Besitzansprüche stellen an diesen Weg, die sicher nicht so ohne weiteres weichen werden. Sie werden zu verhindern wissen, daß zwei Körper gleichzeitig diesen Weg benützen können. Sie schreckt zurück, sie hat Angst zu schnell in dieses Dunkel zu taumeln, sie bleibt stehen. Sie streckt ihre Hände, ihr innerstes Fühlen vorsichtig in das Dunkel dieses Weges und zwingt sich abzuwarten.
Seine Silhouette ist sichtbar am Anfang des Weges, dunkel noch und etwas verschwommen die Umrisse. Doch wird sie sicher im Laufe der kommenden Berührung des Geistes und der Seelen durch Worte und Andeutungen zwischen den Zeilen dieser Worte, heller, transparenter und schärfer in der Profilierung werden.

Diese Begegnung beschäftigt sie, immer zwischendurch, wenn Stillstand im Tagesablauf eintritt. Dann taucht sein Gesicht auf, ein Foto nur, doch seine Augen blicken sie an, mit diesem etwas nach innen gerichteten Blick. Es ist als wollte er selbst sein Innerstes erkunden, einzelne Nischen ausloten, Lichter suchen im Irrweg des Lebens, die einmal da waren und irgendwie verloren gingen. Es ist ja nicht so, daß Abschnitte eines Lebens, nur weil sie vorbei sind, nicht doch schön waren. Sie behalten ihren Glanz, nur eben hinter dem Spiegel. Die Sehnsüchte bleiben, der Wunsch nach Reinkarnation jenseits von Zeit und Raum.

Es gibt Abschnitte, Tage wie Nächte, welche wie schwarzes Glas erscheinen, hart, undurchdringlich und leicht zerbrechlich, gefolgt von solchen aus dunkelblauem Samt, weich und anschmiegsam. Wobei letztere immer seltener werden und nur durch Träume getragen werden können. Werden sich diese Träume realisieren lassen, wird sich zwischen diesen beiden Seelen ein Netz spannen, das diese Träume auffängt?






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