Plötzlich war es Weihnachten


Mein Großvater war gestorben. Am Totensonntag, nur ein paar Wochen
vor Weihnachten. Großmutter war so in ihre Trauer eingesponnen, dass sie von ihrer Umwelt kaum etwas wahrnahm. Das einzig Wichtige für sie  war in diesen Tagen, dass sie nicht alleine sein musste.
Deshalb wollten meine Schwester und ich, den Winter bei ihr verbringen. Wir waren zwar noch halbe Kinder aber wir versuchten, sie zu trösten so gut wir konnten und ich kümmerte mich als „ die Große“ um den Haushalt, so dass Oma nur noch kochen musste.

Und dann war es eines Tages plötzlich Weihnachten.

Am Morgen des 24. Dezembers, als wir beim Frühstück saßen sagte Oma mit Tränen in den Augen.
„Des hätt mei Babbele aber net habbe wolle, dass mir Weinachte koin Baum hann“

Meine Schwester und ich sahen erst uns an und dann die Oma. Keiner hatte an den Baum gedacht.„Wir besorgen noch einen, es ist ja noch bis Mittag offen" Also schnell rein in Mantel und Schal und zu dem kleinen Chrisbaummarkt gerannt.

Doch da war alles leer. Ausverkauft und geschlossen. Aber so schnell gaben wir nicht auf und beschlossen, es in der Innenstadt zu versuchen.
Der erste Markt, den wir fanden, hatte nur noch Tannenzweige anzubieten. Also eilten wir weiter, ohne auf die eisigen Temperaturen zu achten. Der Nächste hatte wieder geschlossen und der Letzte den wir fanden, hatte nur noch einen einzigen Baum. 2,80m hoch. Verzweifelt wie ich war, hätte ich ihn genommen aber er war so schwer, dass wir ihn nicht von der Stelle bewegen konnten.

Es wurde schon langsam dunkel und uns blieb nichts anderes übrig, als uns traurig auf den Heimweg zu machen. Wir nahmen den Weg über den
Christkindlesmarkt und blieben an der Krippe stehen. Es waren nur noch ein paar letzte Nachzügler auf dem Markt. die gerade ihren Stand schlossen. 

Als wir das Kindlein da in der Krippe liegen sahen kamen, uns die Tränen. Wir trauten uns nicht heim und konnten gar nicht mehr aufhören zu weinen. "Liebes Christuskind was sollen wir nur tun? Bitte hilf  uns....“

„Was heult ihr denn so, ihr zwei?“ sagte eine freundliche Stimme hinter uns, die einem Mann im Arbeitsanzug gehörte. „Heut ist Weihnachten“ schluchzte meine Schwester. „ Und warum heult ihr dann? Das ist doch ein Grund zur Freude!“ „Wir haben keinen Baum" sagte ich "und jetzt ist alles zu und unsere Oma ist so traurig" auch mir liefen die Tränen übers Gesicht.„ Mhmm" sagte der Mann lächelnd, drehte sich um und hielt uns einen kleinen Tannenbaum hin. "Wenn das so ist,  dann nehmt halt den. "
Die Krippe am Christkindlesmarkt ist immer flankiert von vier kleinen Tannenbäumen. Einen davon gab er uns. „Und jetzt geht nach Hause und feiert Christi Geburt.“ Glückstrahlend betrachteten wir das Bäumchen, doch als wir wieder aufblickten und unserem „Retter“ dafür danken wollten, war er wie vom Erdboden verschwunden.

Zuhause haben wir das Tännchen geschmückt, mit weißen Kugeln und Sternen, mit bunten Vögelchen und silbernem Lametta. Oma machte Kartoffelsalat und wärmte die Würstchen. Und später sangen wir alle zusammen „Oh Tannenbaum“
Es wurde ein unvergessliches Weihnachtsfest.

Noch heute, wenn ich am Christkindlesmarkt an der Krippe stehe und die Bäumchen betrachte,  muss ich an den freundlichen Arbeiter denken, der unser Christfest gerettet hat.  Und ich frage mich jedes Mal, ob wir nicht doch ein Wunder erlebt haben und der "Arbeiter" vielleicht ein Engel gewesen ist.

© HeCaro

 

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Kommentare (10)

HeCaro Du hast so liebe Worte für mich gefunden, dass ich
ganz gerührt bin. Ich schreib doch nur über den Alltag.
Danke, dass Dir meine Geschichte gefällt. Ich hab sie
mit meiner Schwester genau so erlebt. (Das Bild zeigt die Krippe am Christkindlesmarkt)

Ich wünsche Euch einen stimmungsvollen,
frohen Advent.
Liebe Grüße, Carola
tilli Liebe Carola
immer wieder danke ich den Schicksal das ich ST gefunden habe.
Du hast schon so vieles geschrieben und so vielen Menschen Freude gebracht. Diese kleine Geschichte ist so rührend schön.
Ja, es gibt sie die Menschen die zu Engel werde. Dafür sind wir dankbar wenn man sie trifft.
Viele Grüße von uns Tilli
HeCaro so war es wohl. Aber der Gedanke, dass unser Retter
ein Engel gewesen ist, macht unsere Geschichte erst
so richtig zur Weihnachtsgeschichte.

Ich wünsche Dir eine schöne Weihnachtszeit
und dass Deine Erinnerungen ein Lächeln in
Dein Gesicht zaubern.
Herzliche Grüße, Carola
HeCaro Du das gesagt, lieber Achim. Es sind die
kleinen Gesten und die ausgestreckte Hand, die
denjenigen dem sie gereicht wird, glücklich
machen. Wenn er kein Engel war, dann war es
ein Mensch es mit einer mitfühlenden Seele.

Aber genau so jemandem am Weihnachtsabend
zu begegnen, ist das nicht auch ein Wunder?
Danke für Deine Gedanken.

Liebe Grüße,
Deine Freundin Carola
HeCaro In der Weihnachtszeit gibt es so viele schöne
Geschichten. Danke, dass Du mir Deine erzählt
hast. Sie ist berührend.

Buon Awento per te, cara amica
und einen lieben Gruß von Deiner
Freundin Carola
HeCaro Die Weihnachtszeit ist eben eine ganz besondere Zeit.
Da kann einem schon mal ein Wunder begegnen. Und ich
freu mich dass grad Du, das auch so siehst.
Liebe Grüße. Carola
kleiber Es gibt doch noch gute Menschen.

Und wes war ein Retter in der Not...am Weihnachtstag...

Eine schöne Geschichte ...sie regt zum Nachdenken an.

Wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest mit wunderschönen Erinnerungen!

Herzlich ...Margit aus dem Münsterland
Franzmann er muß es nur wollen.
Sicher war euer Retter kein Engel.Einfach nur ein Mensch mit einem Herz in der Brust.Die Kinder wieder glücklich und lachend zu sehen,das ist eigenes Glück.Es sind die kleinen Gesten und eine ausgestreckte Hand,die oft schon Leid mildern können.Nicht nur an Weihnachten.Vielleicht war der Engel so schnell verschwunden weil er selbst feuchte Augen hatte.Kann doch sein,oder?

Liebe Carola-Danke für Deine anrührende Weihnachtsgeschichte-Achim
ladybird war es der ENGEL,in der Verkleidung diese Mannes!!
Lieeb Carola, ich glaube das ganz fest!!
Hier eine kleine Geschichte aus Köln.
Der Herr Pastor wollte dem Bischof die Krippe im Dom zeigen, doch das Krippchen war leer.Das Jesus-kind lag nicht drin.
Plötzlich kam et Pitterchen mit dem Roller, vorne am Lenkrad saß das Jesuskind.Worauf der Pastor fragte, was das denn soll?
Dat Pitterche (Peter) antwortete: "Herr Pastor,ich habe zum Christkindche gebetet, dat es mir einen Roller zu Weihnachten bringt, sieh hier ist der Roller. Und aus Dankbarkeit hab ich das Jesus-kind ein Ründchen mitfahren lassen.---
Deine Geschichte macht wohlige Gänsehaut,
herzlichst cara Renata
protes war es ein Engel
es war doch WEIHNACHTEN
eine liebe Geschichte, die du uns da aufgeschrieben hast
elge hade

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