Quedlinburg

Wer hats erfunden? - die Schweizer

Gestern die Fahrt mit der Schmalspurbahn – der Dampflok auf den Brocken. Heute soll es Quedlinburg sein. Wir wachen sehr zeitig auf, geniessen den Sonnenaufgang, das Vogelgezwitscher – frühstücken nach dem Duschen draussen vor dem Caravan und nehmen uns als Wegzehrung einige belegte Brote mit. Denn heute ist Quedlinburg angesagt – die Altstadt mit dem Kornmarkt, Marktkirche, und St. Blasiuskirche.

Wir suchen uns nach der Ankunft einen Parkplatz, verfahren uns und müssen Einheimische fragen, wo man parken kann – wie man zur Altstadt kommt. Aber nicht alle Einwohner wissen Bescheid – erst eine etwas ältere Dame erklärt uns mit grosser Begeisterung, vielen ausschweifenden Gesten den Weg.
Wir finden einen Platz, an welchem auch Wohnmobile stehen dürfen, zahlen die Tagesgebühr an Parkmiete und machen uns auf den Weg.

Doch zuerst fragen wir einen Herrn, der in einem kleinen Bummelzug sitzt, wann er sich auf seine Rundfahrt macht,. Denn diese Bimmelbahn zeigt uns bereits am äusseren Erscheinungsbild dass hier Rundfahrten stattfinden. Auskunft: 11:00 Uhr am Marktplatz.

Es ist nicht weit wir kommen am Kornmarkt in die Altstadt wenden uns nach rechts und betreten gleich als erstes die Marktkirche. Ein alter Bau, schlicht im innern – eine schöne Orgel, ein schlichter Tisch mit zwei hohen Kerzenleuchtern die Kanzel ohne Schmuck. In der Kirche sind Tafeln ausgestellt mit der Geschichte der Stadt. Der Werdegang von einem kleinen Ort über eine Handelsmetropole – Kaiserliche Urkunden die den Bewohnern viele Rechte verliehen. Von ca. 940 bis ins 15. Jahrhundert gehen die Tafeln und Erläuterungen.

Wir gehen weiter und betrachten die Auslagen der Geschäfte. Ein Ausstellungsstück hat es uns angetan: ein Lampenständer der ganz besonderen Art. Zu unterst eine kleine weisse einfache Kanne, darauf ist dann eine Untertasse mit der Kaffeetasse platziert und darauf steht dann noch einmal eine Untertasse – nur wesentlich kleiner mit einer kleineren Kaffeetasse – alles in schlichtem weiss gehalten. Die Fassung für die Birne ist unter dem weissen schlichten Lampenschirm – daneben hängt eine Lampe von der Decke herab – es ist eine Kaffeekanne – feines weisses Porzellan, der Boden ist herausgeschnitten sodass das Licht ungehindert auf den darunter stehenden Tisch fallen kann. Eine wunderschöne Idee – aussergewöhnlich, wie auch die Wanddekoration in dem Kaffee, in dem wir uns einen Kaffee bzw. eine Schokolade mit jeweils einem Stück Kuchen bestellen. An einer Wand, zwischen zwei Fenstern sind halbe Kaffeekannen angebracht und mit der Wandfarbe im gleichen Ton gestrichen. Witzig – schön anzuschauen. Zur Nachahmung empfohlen.

Wir verlassen das Kaffee und warten auf den Beginn der Stadtrundfahrt. In diesen kleinen Zug passen ungefähr 46 Personen hinein, die Rundfahrt soll ca. 45 Minuten dauern. Ein gutes Geschäft für den Mann, denn auch später ist der Zug jedes mal bis auf den letzten Platz besetzt, wenn wir ihn wieder vorbeifahren sehen. Während der Rundfahrt lernen wir die Unterschiede der einzelnen Häuser aufgrund der Dachabschlüsse zu erkennen. Im 17. Jahrhundert waren sie anders wie an den Häusern die im 18. Jahrhundert errichtet wurden.
Es gibt besondere Bauten die erwähnt werden, so auch der Ständerbau, den wir uns dann später noch separat anschauten.

Das Rathaus mit dem kleinsten Roland davor – in Bremen steht ein grosser Roland! Die alte Topfstrasse – wir erfahren wie dieser Name zustande kam – interessante Dinge, die uns der Fahrer auf der kleinen Stadtrundfahrt mitteilte. Wir sehen das Schloss auf dem Schlossberg mit der Stiftskirche – allerdings fahren wir nicht hinauf sondern bleiben in der Stadt.

Nach der Rundfahrt machen wir uns auf den Weg um einzelne Gebäude aufzusuchen. Wir betreten eine Kirche – St. Blasil – Musik ertönt, so einschmeichelnd, ruhig, wunderschön – wir setzen uns und lauschen andächtig. Ein Mann sitzt an einem Klavier welches vorne neben dem Altar steht und spielt – improvisiert. Eine Musikfolge die in eine Kirche passt und doch wiederum nicht so ernst ist, dass man unwillkürlich an alte Klassik denken muss. Ich lausche hingerissen. Auch andere Personen kommen in die Kirche und hören zu. Wir sind nicht so viele Personen.
Dann steht der Mann auf, nimmt ein anderes Musikinstrument, welches ich vorher noch nie sah zur Hand und spielt! Wir stehen auf und gehen weiter nach vorne, mich interessiert dieses Instrument – es tönt wie die Stahlfässer, mit denen früher auch Musik gemacht wurde. Nur viel feiner und schöner! Der Musiker kommt auf uns zu und erklärt uns dieses Instrument. Er sagt, dass es für ihn sehr schwierig war so eine Kostbarkeit zu erwerben. Schweizer Instrumentenbauer hätten diese Instrumente kreiert. Sie wären die nächste Generation der Steelpans gewesen – das Instrument nennt sich Hang und wird ständig verbessert im Klang und der Handhabung.
Dann fragt er wer denn etwas musikalisch ist und mit ihm spielen möchte. Uwe nimmt mir einfach meine Handtasche von der Schulter und drängt mich. Also gehe ich nach einem zaudern nach vorne, setze mich zu dem Musiker und lasse mir die Handhabung erklären. Man muss nur schnell und leicht mit dem Finger auf die einzelnen Vertiefungen klopfen um einen Ton zu erzeugen. Dann probieren wir und ich merke, dass ich zu zaghaft „klopfe“ also noch einmal und etwas fester. Nach einer Weile hören wir auf, der Musiker bedankt sich und eine andere Dame setzt sich dazu. Uwe und ich verlassen die Kirche. Ich bin noch voll von dieser Musik – es war so friedlich, schön und harmonisch in diesem Bau.

Danach schauen wir uns verschiedene Geschäfte an, wir sehen einen Laden mit Messern – Uwe mag gute Messer und auch meine Küche könnte ein gutes Stück vertragen. Wir betreten den Laden, fragen uns zu den Spezialmessern durch und finden Damaszenermesser – die Formel eins unter den Messern! Da es auf diese Stücke Sonderpreise gibt kaufen wir jeder eines der Superstücke. Wirklich nicht billig, aber wunderschön geschmiedete Messer.
In einem anderen Laden sehe ich aus alten Büchern gefaltete Kunst – Bilder, Formen alles aus Papier gefaltet – Bücher die vorne Herzen oder auch einen Pferdekopf zeigen. Blatt für Blatt nach einem bestimmten Schema gefaltet – leider sind diese Stücke nicht zu erwerben, aber ich kann ein Buch kaufen in welchem diese Technik erklärt wird. In einem anderen Laden kaufen wir Sämereien. Quedlinburg ist bekannt dafür und wir decken uns mit Sprossensamen und anderen Samentüten ein.

Auf der Suche nach dem Ständerbau sehen wir einen Laden in welchem alle möglichen Sachen angeboten werden – von Antik bis neumodern. Ein Schild sagt, dass der Laden grösser ist, wie von aussen vermutet wird. Den genauen Text habe ich leider nicht mehr in Erinnerung. Wir stöbern – es kommt einem Brockenhaus in der Schweiz gleich. Uwe findet hier eine aussergewöhnliche Haustürglocke. Amor sitzt auf der Halterung und die Glocke hat einen schönen, hellen Klang wenn man sie mit dem Klöppel anschlägt. Die normale Türklingel an Uwes Haus ist kaputt – also ist dies eine ausgefallene und hübsche Lösung! Wir sehen Geschirr, Möbel, Waschgefässe wie man sie früher hatte – Schüsseln mit Krügen und Besteck – Bücher, Vasen, Bilder in reichlicher Anzahl. Ein Weinkeller – und ein schöner gusseiserner Ofen. Wir verlassen diesen Laden - dann finden wir endlich den Ständerbau.

Dieses Fachwerkmuseum ist Weltkulturerbe und hier wird Fachwerk vom 14. bis 19 Jahrhundert gezeigt. Hier schwelgt Uwe – Formen und Holzgerüste – Holzschnitzereien für Hauswände und Dachabschlüsse. Konstruktionen bei denen die einzelnen Balken als Decken „eingehängt“ werden. Streben und Balken werden erklärt, Fachwerk deutlich für den Laien gezeigt. Die Ständer umstellen den Hauskörper ungeteilt vom Sockel bzw. von der Grundschwelle bis zum Dach. - Anschliessend laufen wir zum Parkplatz – fahren nach Zorge zurück.
Heute abend wollen wir schliesslich noch nach Braunlage zum Konzert, der Hexenaufführung und dem Feuerwerk. Es wird eine lange Nacht, also ist erst einmal ein Nachmittagsschlaf geplant, damit wir das durchhalten. Wir fahren zurück zum Campingplatz – die Klamotten werden einfach nur gewechselt und dann schlafen wir tief und fest.
 


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