Sächsische Biersuppe und Gothaer Cervelatwurst



Meine diesjährigen Weihnachtsvorträge tragen die Überschrift „Und Weihnachten gab es Biersuppe“. Das Thema wurde der Kriegsweihnacht vor 100 Jahren entnommen als wegen des Mangels an Fleisch und anderen Lebensmitteln „nur“ einfache Essen zum Weihnachtsfest gab. Im Vorfeld meiner Recherchen zum Vortrag konnte ich dabei die Entdeckung machen, dass es bis etwa 1850 überhaupt üblich war Biersuppe zum Weihnachtsfest als Vorspeise u kredenzen, unabhängig vom Geldbeutel der Familien. Sächsische Biersuppe war in vielen Familien der Einstieg zum festlichen Schweinebraten, der bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in mindestens Zweidrittel der Familien die Hauptfestspeise war.
Die Langebrücker Kochbuchautorin Berta Dißmann beschreibt in ihrem 1912 erstmals aufgelegten „Ratgeber für Herd und Haus“ die Biersuppe wie folgt: ein halber Liter dunkles Einfachbier, ein halber Liter Milch, Zimt, Nelken, Ingwer, eine Prise Salz, drei Esslöffel Zucker, drei Esslöffel Mehl und sechs Esslöffel Milch. Das Bier wird mit den Gewürzen, dem Salz und dem Zucker vermengt und auf dem Herd zum Heißwerden gestellt, nicht zum Kochen!, inzwischen wird das Mehl mit den sechs Esslöffeln Milch verquirlt. Der halbe Liter Milch muss dann zum Kochen gebracht werden, das verquirlte Mehl wird unter ständigem Rühren dazu gegeben, und dieser Sud muss fünf Minuten kochen. Das heiße bier wird dann langsam in die kochende Milch gegossen und kurz aufgekocht. Zur Verfeinerung kann man noch ein Eigelb dazu geben. Soweit die erfolgreiche Kochbuchautorin. Beim Befragen älterer Leute musste ich erfahren, dass es in unserer Gegend noch weitere Abarten gab, so unter Hinzugabe alter Brotreste, auch wurden Rahm, Molke oder saure Sahne verwendet. Biersuppe gab es zum Weihnachtsfest auch noch in den ersten schweren Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Eine weitere kulinarische Delikatesse wurde vor 190 Jahren erstmals zum Radeberger Christmarkt bekannt und verschwand für mindestens einhundert Jahre nicht mehr aus dem Alltagsbewusstsein unserer Vorfahren. Es war die Cervelatwurst, die durch die Konzession für August Schönfelder 1827, zumindest urkundlich gesehen erstmals,  in Radeberg zum Weihnachtsschlager wurde. In vier Preisklassen angeboten, traf die Gothaer Cervelatwurst den Geschmack hiesiger Konsumenten. Die aus Schweinefleisch, Rindfleische und Speck produzierte Wurst wird nur kurz geräuchert und einige Zeit durch das Abhängen zum Reifen gebracht. In Radebergs bis 1856 existierendem Gasthof „Zum Anker“ wurde sie in der Adventszeit gemeinsam mit Biersuppe verzehrt. Dazu ein entsprechend „dickes Butterbrot“. Der Grund, obwohl man die Wurst ja das ganze Jahr hätte genießen können, lag darin, dass Gothaer bzw. Leipziger Händler in der Adventszeit nach Radeberg kamen und anderem mit dieser Wurstsorte ihre Geschäfte machten. Mit der Entstehung des großen Dresdner Schlachthofes gab es dann auch hiesige Varianten der Cervelatwurst.

haweger

 


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Kommentare (1)

qilin

Danke für das interessante Rezept - Biersuppen gibt's ja verschiedene, aber die interessiert mich besonders - ich kann mich erinnern in der Jugend bei Karl May von einer 'Biersuppe' gelesen zu haben, und die wollte ich immer schon mal versuchen - und Karl May war ja Sachse...

() qilin


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