Samstag in München


Der leichte Rucksack war gepackt. Er umschloß die große Fototasche, die Thermosflasche, sechs eilig in der Frühe zubereitete Semmeln und zwei kleine Handtücher. Kurz nach achte startete unser Zug, der schon eine schnelle Strecke von Nürnberg kommend bis Ingolstadt hinter sich hatte. Der Zug war, zumindest in den vorderen Wagen, reichlich besetzt. Die Leutchen fuhren bestimmt bis München Hauptbahnhof. So war es auch. Der Zug, ein RegionalExpress brachte uns aus der Bayerischen Herzogstadt in nur vierzig Minuten in die Landeshauptstadt der Bayern.

Wir ahnten nicht, daß der Zug gleich nach dem Stillstand in der Bahnhofshalle von Reisenden für die Gegenrichtung regelrecht erstürmt wurde. Aber wir erreichten mit Körperkraft das Aussteigen. Eigentlich hatten wir es doch gar nicht so eilig. Unser Tagesziel Nummer eins war das »Deutsche Museum« auf der Isar-Insel.

Wir schlenderten in die Bahnhofshalle des Kopfbahnhofs. Nach links hinunter zu S- und U-Bahn verriet uns reichlich genervt eine kleine Person (größenmäßig mit meiner Höhe verglichen) in Uniform und roter Kappe, daß keine S-Bahn ginge und daß zum Deutschen Museum gar keine U-Bahn führe. Also schauten wir auf der Nordseite der Bahnhofsgebäudes nach einer Straßenbahn-Haltestelle – das zeigte uns der zu Hause noch ausgedruckte Streckennetzplan.

Da am Nordausgang sahen wir mehr rot als gelb: Feuerwehr und Krankenwagen nahmen den Taxifahrern das Andocken. Wir hörten, daß da jemand mal wieder Alles unter der Erde zum Stillstand gebracht hatte – Unfall oder Suizid? Also warteten wir auf eine Tram.
Die weißblaue Tram – merke: es heißt immer weißblau und nie blauweiß! -, die kam, bot uns Platz zum Sitzen. Wir zückten unsere Kameras, um von der Fahrt, die uns zum Stachus und weiter zum Isartor, aber nicht über Neuhauser Straße, Kaufunger Straße, Marienplatz und Tal führte, Eindrücke festzuhalten.

Am Isartor verließen wir die Tram undpilgerten ostwärts hin zur Isarbrücke. Das Isartor sollte uns später interessieren. Es ging vorbei am Deutschen Patentamt, einem roten Klinkerbau. Wir sahen schon das erste Gebäude des Deutschen Museums auf der Museumsinsel winken. Da es aber noch früh war holten wir uns zwischen den beiden Isarbrücken Eindrücke Isar oberhalb und unterhalb und ostwärts (rechts der Isar) und westwärts (Richtung Altstadt) in die Kameraspeicher. Lebhafter Verkehr am Samstag gegen zehn Uhr.

Etwas entlang des linken Isararmes flußaufwärts ging es dann nach links zum Eingangshof des Museums. Wir lösten an der Kasse unsere Senioren-Tickets. Los ging es in eine Welt voller Dinge der Technik und des Alltags. Wenn man diese Stätte schon des Öfteren besucht hatte, weiß man, daß man gut eine Woche braucht, um Alles zu erfassen. Gut, daß wir die Hände frei hatten und nur die Kamera zu bedienen hatten. Man darf knipsen und filmen – nur darf man die Exponate nicht ins Internet setzen. Gut auch, daß wir den Proviant mit uns führten, so waren wir frei vom Anlaufen der „Futterstationen“. Sitzgelegenheiten überall verstreut, man kann zur gewünschten Zeit die Semmeln und den Kaffee herausholen, dabei sich im Sitzen erholen – die Füße, die Beine danken es.

Wir konzentrierten uns auf markante Sehenswürdigkeiten, nutzten die Aufzüge von Stockwerk zu Stockwerk, streiften von Raum zu Raum. Begeisterung nicht nur bei demjenigen, der das erste Mal das Alles sehen darf, sondern auch bei dem, der schon x-mal mit Enkeln und Kameraden Oskar von Miller’s Werk begutachtet hat. Wir beschränkten uns, so ging es weder ins Bergwerk noch ins Planetarium. Die Vorführung der Modellbahn im Erdgeschoß schenkten wir einige Zeit.
Im dritten Stockwerk entdeckten wir beim Ausblick aus den Fenstern, daß man doch ungestraft mal ein Fenster öffnen konnte. Wir bekamen so Bilder ohne die Spiegelungen der von innen angestrahlten Fensterscheiben. Und ganz herrliche Ausblicke über die Metropole München, zumindest aus dieser einfachen Höhe.

Drei Stunden in diesem Tempel und seinen Nebengelassen reichten. Wir wanderten zum Isartor und da hinein ins Tal. Raffiniert, wie die Bayern das Auswärtige Volk zu verwirren versucht. Hast du dir mal ganz genau die Uhr am Isartor angesehen? Mach das mal und vergleiche die Anzeige mit deiner Armbanduhr. Welche Uhr geht nun richtig? … Du wirst staunen: auch die Zeitangabe da am Turm ist richtig! Das ist eine Bayerische Uhr, deren Zeiger entgegen der allgemein üblichen Drehweise laufen – man müßte die Römischen Zahlen beherrschen, um ganz schnell zu erkennen, was da im Spiele ist. Eben keine Spiegelung.

Im Tal, je weiter wir uns dem Marienplatz näherten, desto dichter wurde die Masse Mensch, die sich durch die Straßen schob. Wir wollten mal so eben „unseren“ Viktualienmarkt besuchen, etwas Ablenkung durch eine Bratwurst- oder eine Leberkas-Semmel suchend. Schlangen auch in der Nachmittagszeit vor den Buden. Oben vom Catwalk des „Alten Peter“ winkten Sehende herunter – nee für uns „müde Krieger“ war das nichts, schon alleine der eisige Wind aus dem Norden, Schneefall bis hinunter auf 900m ü. NN.

Wir kämpften uns durch die Massen, die uns vom Marienplatz entgegen walzten. Gruppen, wahrscheinlich Reisegruppen aus Bussen oder auch Angereiste mit Bayerntickets, in Fünfer- und Zehnergruppen. Will man etwas von unten her knipsen, man mußte warten, bis sich mal eine Lücke zwischen den Geschobenen bildete.

Es war eben kalt, wir brauchten mal einen wärmenden Unterschlupf. „Donisl“ wurde ausgeguckt. Na, ob man da Kaffee oder Tee bekommt? Als wir uns jeder ein kleines Bier bestellten, motzte die behäbige Serviererin in ihrem Dirndl: „Ist das Alles?“. Wir hatten nach unseren Semmeln vom Viktualienmarkt weiter keinen Appetit. Und als wir dann bezahlten: ein 0,3Liter Bier für 3,80€ - naja, darüber soll man sich nicht aufregen.

Wir zogen weiter, passierten „Loden-Frey“, kamen zum Lenbach-Platz, vorbei an der ehemaligen Börse, erreichten überpünktlich die Regionalbahn, konnten bequem Platz finden. Der Zug entließ uns nach einer Stunde Fahrzeit, wir waren an den Gehwerkzeugen gut erholt, waren glücklich wieder in unserer Butze.

Das nächste Mal – wenn es denn noch Zeit dazu gibt – soll Nymphenburg und der Englische Garten bei weit freundlicherem Wetter unser Ziel sein – auch mit dem Bayernticket.

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