und... Hände auf den Tisch!


Die Älteren unter euch werden sich erinnern an die Tischsitten des eigenen Elternhauses.

In den meisten Familien gab es eine strenge Erziehung bei Tisch.



Wir mussten auf jeden Fall den Mund halten, sprechen durften nur die Erwachsenen. Das fiel mir besonderst schwer, schließlich hatte ich viel zu erzählen.
Aber in diesem Punkt war Vater unnachgiebig.
Strenge Blicke, die alles ausdrückten. Es bedurfte keiner Worte, dieser Blick genügte vollkommen.
Das Gleiche bei der Mutter.

Wenn wir Verwandte oder Freunde der Eltern besuchten, durften wir gesehen, aber nicht gehört werden. Niemals durften wir uns ungefragt an irgendwelchen Köstlichkeiten vergreifen. Wir mussten warten bis uns die Gastgeber ein Plätzchen anboten, taten sie es nicht, ja dann....

Niemals hätten wir uns selber bedient.
Da wurde das Kinderherz schwer, daran kann ich mich gut erinnern. In diesen Zeiten gab es diese Köstlichkeiten nicht täglich, sondern nur zu besonderen Anlässen wie Feier- oder Geburtstage.

Bei Tisch mussten die Hände, natürlich sauber, auf dem Tisch liegen. Die Hände wohlgemerkt, nicht die Arme.
Darauf wurde sehr viel Wert gelegt und auch durchgesetzt.

Das Wohnzimmer war eigentlich ein Wohnesszimmer.
Dieses wurde nur benutzt um Gäste zu empfangen oder um sonntags die Mahlzeit einzunehmen.
Ein Zimmer das gehegt und gepflegt wurde. Sonntags kam eine weiße Spitzentischdecke auf den geschnitzten Kirschbaumtisch, sehr edel, und das beste Geschirr.
Besteck und Gläser waren wunderschön poliert.

Mutter trug grundsätzlich sonntags eine Schürze mit Richelieustickereien, schneeweiß, eine schöne Erinnerung. Es wurde oppulent gekocht. An jedem Samstag wurde der Kuchen für den nächsten Tag gebacken.

Den Sonntagsbraten, den gab es eigentlich nur für den schwer arbeitenden Vater.
Er brauchte das Fleisch, da er als Bergmann eine körperlich sehr schwere Arbeit hatte Untertage.
Unsere Fleischration mal sehr klein, da ein Teil des Fleisches für Vaters Mahlzeit am nächsten Tag gebraucht wurde.
Fleisch gab es ausschließlich Sonntag.

Wenn der Duft des Bratens durch das Haus zog, ist uns schon das Wasser im Munde zusammen gelaufen.
Stets sind wir in der Küche herumgeschlichen um irgendein kleines Stück zu ergattern. Sei es die Teigschüssel sauber machen, natürlich mit den Fingern,
oder hier und dort etwas zu stibitzen. Mutter passte allerdings sehr gut auf.

Vater war ein einfacher, sehr intelligenter Mann. Er war der Ansicht, dass es nichts Wichtigeres gibt als gutes Benehmen.

Ich denke, er hatte Recht.

Auf jeden Fall hat es uns nicht geschadet.

Die Sätze von damals haben wir noch im Ohr.

"Es wird gegessen was auf den Tisch kommt!"

"Solange du deine Füße unter diesen Tisch stellst...."




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Kommentare (5)

pusteblume .......herrschte Ruhe bei Tisch. Den Satz:
" Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt, habe i c h auch noch im Ohr! "
Gab's aber viele Auswahlmöglichkeiten?
Später aber, vollkommen gegensätzlich , war der Mittagstisch oder die Abendbrotzeit
zum Gedankenaustausch der beste Zeitpunkt!
Diese Änderung der Gewohnheiten finde ich gut !

Liebe Grüße

Pusteblume
liwo63 hallo....mein Mann hat eine ähnliche Erziehng "genossen" und hat sehr darunter gelitten.
Er erzählt noch heute unseren Kinder, wie schlimm das für ihn war.
Nicht gutes Benehmen ist das wichtigste in einer Familie sondern liebevolles Miteinander und Vertrauen.
Grüße von Lilo
KarinIlona Ja, liebe outofspain, das hast du treffend geschildert, so sind die Erinnerungen auch an meine Kindheit. Ich habe deshalb mein Leben aufgeschrieben und meinem "Lebensbuch" den Titel gegeben: "Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst..."
Ich habe deinen Beitrag mit Interesse gelesen, er gibt mir etwas und läßt noch mehr Erinnerungen aufkommen.
Danke mit liebem Gruß, Karilona
outofspain Nein,gehungert haben wir nie,aber es gab halt nicht so viel was das Kinderherz begehrte. Süßigkeiten gab es nur zu Ostern oder Weihnachten ,Obst nur sehr selten, ausser diesem natürlich, dass wir gemopst haben beim Bauern. Man möge uns verzeihen!

Gruß Mo.
marlenchen das hast du wunderbar geschrieben,bei uns wurde alles gegessen was auf den Tisch kam,wir hatten ja nicht viel,so wie bei euch-und Hunger hatte ich meistens am laufenden Band,da wir aber unser 4Geschwister waren,wurden wir immer aufgeteilt,2 bei der Tante,Oma-eben abwechselnd,auf die guten Tischsitten wurde auch geachtet,was ich im Nachhinein nie bedauert habe.Toll,danke-für,s lesen,liebe Grüße an dich von marlenchen

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