Söhne


Ich schrieb es schon mehrfach: bin die Mittlere dreier Töchter. Wenn man seine Kindheit und Jugend stets in Begleitung zweier Schwestern (Mädchen sind leider oft zickig!) verbringt, ist der Wunsch, selber einmal Söhne zu bekommen, durchaus verständlich. Dass Jungs sich genauso oft streiten, was dann aber in körperlichen Kämpfchen (wer ist heute stärker?) ausgetragen wird, war mir in jungen Jahren nicht bewusst.

Gedanklich hatte sich bei mir der Wunsch festgesetzt, einmal Mutter von gleich vier Söhnen sein zu wollen! Mit zwanzig heiratete ich und enttäuschte erst einmal die Leute, die gern darüber gelästert hätten, dass ich vielleicht hätte heiraten „müssen“! Aber keine Frau trägt ihren Erstgeborenen 18 Monate aus!! Bin also kein Elefant – wie neulich mein Gynäkologe wissen ließ, als er davon erfuhr, wann ich mein erstes Kind zur Welt gebracht hatte! Also durften Einige enttäuscht feststellen: es war keine „Muss-Heirat“!

Doch dann kam mein Sohn zur Welt. Nach drei eigenen Töchtern war das für meinen Vater, den frischgebackenen Opa, ein sehnlichst erfüllter Wunsch! Mein Sohn war der heißersehnte erste männliche Nachwuchs der Familie! Dann allerdings heiratete auch meine jüngste Schwester und bekam als erstes auch einen Sohn, dann eine Tochter – wie ich auch – und dann folgten noch zwei weitere Söhne bei meiner jüngeren Schwester. Unsere Älteste gebar zwar auch als erstes Kind einen Sohn, aber der strangulierte sich unter der Geburt und kam tot zur Welt. Ihm folgten „nur“ zwei Töchter. Mir war noch eine Tochter vergönnt.

Dann war für mich Schluss mit dem Kinder kriegen. Mein Mann drohte mir, wehe ich würde noch einem Kind das Leben schenken … Damals war gerade die Pille auf den Markt gekommen, aber es gab dennoch bei einigen Damen hie und da ein „Tropi“. Dass auch er nicht ganz unschuldig an weiterem Kindersegen sein könnte, war ihm in dem Moment wohl nicht so bewusst …

So stolz wir auch auf unseren Sohn vier Jahre lang waren, ich persönlich habe im Verlauf der Jahre dann feststellen dürfen, dass Jungs wie auch Mädchen so ihre speziellen Eigenheiten haben. Doch so wirklich jungenhaft reagierte mein Sohn nicht. Er war von klein auf immer einer der größten, was die Körpergröße anging. Mit einem Jahr so groß wie ein Dreijähriger, mit drei Jahren so groß wie ein I-Männchen! Ich rechnete schon, wie groß er als junger, ausgewachsener Mann wohl sein würde und kam auf die stattliche Größe von 220 cm!! Aber sein Wachstum stoppte von ganz allein bei 187 cm, eine Größe, die heute viele erreichen oder sogar überschreiten.

Eines Tages wurde ich von einem Nachbarn angesprochen, der sein Lob unbedingt für meinen Sohn bei mir loswerden musste. Er selber hatte zwei Söhne, die sich ständig mit wachsender Begeisterung prügelten. An jenem Tag war das auch so. Unser Björn bekam es mit, dass die zwei Jungs mal wieder heftigst aneinander gerieten, schon auf dem Straßenboden lagen, wo die Klopperei weiterging. Die Jungs waren zwei und drei Jahre älter als mein Sohn. Der Grund für diese Schlägerei war ziemlich nichtig, es ging lediglich darum, wer der Brüder in einer Kleinigkeit wirklich Recht hatte.

Björn mochte diesem Gezanke, der Schlägerei des Zehn- und Zwölfjährigen nicht länger zusehen, kniete sich mit einem Bein auf den einen der Brüder, hielt dessen Hände fest, drückte das andere Bein dem zweiten Jungen auf die Brust, hielt auch seine Hände auf dem Boden und verlangte: „Hört ihr jetzt auf!?“ Ob es nun eine Schlägerei zu Dritt geworden wäre oder das Erscheinen des Vaters der Nachbarsjungen, was wohl auch eine „Bremse“ für diese Klopperei darstellen konnte, eine Bremse der Aktivitäten der Brüder bewirkte: die Funke-Jungs hörten tatsächlich auf, sich zu streiten und der Vater erklärte meinen Sohn als Sieger!

Mein Sohn war einfach kein Schläger, er galt in der Schule stets als Streitschlichter! Sogar seine Klassenlehrerin fragte mich mit leicht verzweifelter Stimme, was sie denn nun tun solle, wenn mein Junge diese Schule verließ?! Mit den Jungs in der Nachbarschaft vertrug er sich ebenfalls, obwohl ein nachbarliches Brüderpaar als Schläger bekannt war.

Eines Tages – er war schon etwa 17 Jahre alt, griff in einer Discothek eine Gruppe türkischer Jungs die Freundin meines Sohnes und dann auch ihn, weil er das nicht zulassen wollte, an. Da standen fünf türkische Jungs meinem Sohn gegenüber und wollten ihn verprügeln. Doch das gelang nicht! Kaum dass diese Clique sich um ihn und seine Freundin gruppiert hatte, stand plötzlich die gesamte Nachbarschaft von Zuhause um ihn herum und drohte den Angreifern mit erhobenen Fäusten! Der DJ musste keine Polizei mehr benachrichtigen, die Angreifer suchten freiwillig das Weite!

Immer wieder mal kam mir der Gedanke daran, wie es sich bereits im Alter von etwa zwei, drei Jahren im Kindergarten oder auf einem Spielplatz ergab, dass ich meinem Sohn sagen musste, er solle sich doch wehren, aber auch wie! Wenn ihn einer schlage, wäre es ja auch möglich, die erhobene Hand vielleicht abzufangen! Und das übte er offenbar!

Ich weiß nicht, woher er diese Art hat. Nicht nur ich bin Streitereien oder Schlimmerem aus dem Weg gegangen, sein Vater ließ mich einmal wissen, wenn mich jemand angreifen würde, er mich eher nicht verteidigen würde, sondern seine Beine in die Hand nähme. Er könne gut laufen!! Also war klar: jeder muss sich selbst verteidigen, so gut er kann …

Doch Ungerechtigkeiten mochte mein Sohn so wenig wie ich. Und das hat er nicht nur in seiner Kindheit und Jugend trainiert, so ist er bis heute!
 


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