Sommerfest am Korthusener Kreuz

Autor: ehemaliges Mitglied














Oh, es ist schon fast
Zeit zum Schlafengehen.
Siehste!







Hab lange gebummelt, die Zeit vergessen, im milden Abend, auf der Terrasse, zum sommerlich atmenden Garten hin. Mich dann mit ein wenig kühlendem Wasser bespritzt, in der Dusche, wo es auch noch abendlich lau und sommerlaunig ist… Aber endlich okay, bin zum Wohlig-müde-kuschelig-Lesen bereit; was soll’s denn heute Abend sein?

Antoschas alte Stückchen: „Sommerlaune mit Dame und Hündchen“? Oder spielt das da im Winter, der sich verabschiedet hat? Nein, ganz normalo - auf der Promenade aller Sprachen, wo es winkt und weht und wohl tut. Später, in Moskau, saumäßig, da! - Hab aber noch Besseres auf der Bettkante. Auch das Eulchen. Schläft? Kikeriki! Oder huhu?
Da, da - schau raus - da erhalte ich im mildlind-blauen Sonnenuntergangswind ein eiliges Briefchen, in dem mich eine Freundin einlädt zu einem Fest auf dem Kortenhuser Kreuz. Wie konnte ich das Sonnenwendfest - oder Wieheißtdatdings - so vergessen! Jedenfalls, auch unser Siegesfest im zur Autobahn verplanten Wonnental!

Wo ich mal kraxeln, krabbeln und im Sand spielen lernte. Und schmusen mit Johnny, dem Bachradfahrer, irre der! Ob der heute irgendwo inner Klappse steckt? Oder im Ministerium? Wieder Gelder für Laserfestspiele oder Lichterketten verplanen?

Da sind wir zum naheliegenden Zentrum des Straßenverkehrs gefahren, wir, Mamama, und Tochter Nora, die mich, bei Laune, affenstolz Mapa nennt, auf dem Fahrrad, das schon mit fahnenartigen Bändern geschmückt ist (Stundenmotto: „und in meinem Sehnen lag ein Stürmen wie von aufgerollten Fahnen“), bis zur rückwärtigen Zufahrt zu der Autobahnraststätte, die aber heute nicht abgesperrt ist mit der rotweißen Bake. Die Polizei hat alles freigegeben. Was ist hier los? Alle Sperrungen aufgehoben, alles frei an den Baustellen. Und wacht gnädig, und holt sich Würstchen, der Herr, Pommes und Schlamm, rotweiß. Und es gibt dort heute nur Fußgänger und Radfahrer zu sehen; alle anderen Verkehrsmittel sind ausgesperrt und werden auf naheliegende Sportplätze und Schulhöfe des Stadtteils Sundern - oder heißt das Königsforst oder sagdochwas - umgeleitet. Wir klinken uns ein. Es wird spät auf dem Fest, überall gibt es Stände, Buden, Spielmöglichkeiten, Hoppsassa, Kontakte. Initiativen und Gruppen halten ihre Tafeln, Plakate und Butterbrote hoch und bieten sich an zum Plausch, zur Diskussion. Hier Edelsteine, Speckmutter, Onkelschenkelmarmor, Frauenhorn, Mädchentunsch. Für die Männer Greisengranit, Gnittergreisen-Gneis. Die Opas Wackerschiefer, die Papas Heimweggeglitzer, die Mamis Nacht-Geschmeide...

Dort duftet schon die Thüringer, brät hier die Münsterländer Hertha? Dort zischt der Apfelsaft, so ruft ein Türke sein Hammel-Kebab - nee, der hat schon Pute am Spieß - aus, da vorne trickst ein Jongleur mit Ahs und Ohs, bis zwei Meterchen über die Köpfe der Kinder, dort bläst ein Clown riesige, bunte Seifenblasen in den Himmel, in niegesehenen Farben: Königspurpur, Kardinalslila, Queens-Heiligmantelrock samt Handtäschchen in Fliederkußbleu! (… erklärt mir gestikulierend ein blaubehüteter Aquarellist, der mir seinen Pinsel in die Finger drücken will. „Junge Frau, junge Frau, ich seh’s dir an. Du hast was Künstlerisches!“)
Dort fiept und rührt und kroßt und prositet, achwas: protestiert die gewählte Gewerkschaft der Zahnrad fahrenden Eisenbahner an ihrem Schirmstand herum, sie verschenken Sönnchen aus gesägtem Holz im Strahlenkranz und Blümchen auf Eierkarton, Schmetterlinge auf Krepp, als Feingeblümte, als Samen, als Pflänzchen und Heilskraft. Schon ist im Westen die Sonne als rotglühender Orangenballon auf einmal verschwunden. Kurz vor Mitternacht - so erfahren wir von einer umstand-buntdreist behosten Frau, die ihr Baby im Palästinenser Wickeltuch trägt - wird ein krönendes Feuerwerk entzünden, gesponsert („Unsere Marken sind rindfreifrei!“ - durchgestrichen: handschriftlich ergänzt: Rindfleischfrei) von der Konservenfabrik, die zu Ostern von Nestlé aufgekauft wurde und mit ihren donnerbusigen Ostritterweiblein großen Erfolg in den Supermärkten hatten. Wir verschieben unsere Abfahrt und hören dem heiteren, leisen Gesang der Mutter zu, die gerade ihr Kind gestillt hat und es nun in den Schlaf wiegt. "Der Mond ist aufgegangen - und unseren goldenen Nachbarn auch." Wir bereiten uns auf die Nacht vor. Will ich hier bleiben? Ich lehne mich an eine braunbröcklig-sanften Torfballen, eine Plackenlage, samt Abflußgrube unter meinen Füßen, meine Tochter kuschelt in meinen Armen ein. Wie warm und wohlig es ist! Da kann manundfrau eine Nacht ausfallen lassen. Ich bin versucht, den Finger, angewinkelter Zeigefinder zu nehmen, wie schon lange nicht mehr. Katjanka grinst, nickt und nuckelt mir zu: „Britta-Beritta, schläfst du auch bald ein? Ich brauchte nur noch von Papa einen Furzkuß.“ Tja, wenn sie dem am kleinen Finger, links, zieht, da pupst der doch immer, einfach so! Und Nora schnüffelt und weiß nicht, woher es pupselt...
Dann wird sie aber laut mit Kosenamen von einer Nachbargruppe herübergerufen; es sind zwei Freundinnen aus der Grundschule, die dort beim Sackhüpfen herumtollen und ihr zuwinken. Und die Maltersäcke auseinanderschneiden, zerreißen und sich darin eindrehen und als Tüten oder Bischöfe herumjuchzen. Keiner meckert. Alle sind wie ausgelassen. Da packen sie Pakete aus, verschenken was, reißen Samentütchen auf! Drehen sich im Kreis, tanzend! Verschütten alles! Verspritzen das Zeugs aus den Tütchen!


"Der Duft des ersten Heus ist auf den Gängen rege."

Nora springt hinüber, als ich ihr zunicke. Ich bleibe in einer warmen Kuschelgrube aus Heu und Strohballen liegen. Johannes der Erste ist auf einmal da. Aus Litauen zurück. Mit hunderttausend Bilderchen. Was freut sich nicht alles. Ostern, Pfingsten so weit! Als alles auf der Kippe stand, beim Verwaltungsgericht. Erzählt von den alten Götterbildern. Und den Kirchenvätern, oh, Heiliger Ambrosius mit dem Honigbärtchen, hilf uns Kinder kriegen, und so, die auf den Schulhöfen aufgestellt werden. Monstergroß, in Holz. Und eingeweiht von den Popen! Wir verlieren uns. Einer breitet eine Flatterdecke - groß wie ein gesegnetes Kreuzzugsbanner. Gegen Osten, Ordensritter der letzten Generation! - Über uns. Ich streichele meinen Johannes! Weiß ich noch, wo, neben dem großen Hoden links, der hängt immer traurig! Später der kleine! Ja, auch. Wo warst du so lange? Von Russland erzähl, von Kaninchengrad - mir später. Mach los! Patscher, du! Wie war es in Onkel Toms Hütte? Ganz still? Nur einmal der sanfte Friedo Mann? Erzählte von seiner sanften Urgroßmutter? - Berühr mich, sanfter! Kitzelmixelmeinmiomeinmio! Kannst du das nicht mehr? Nur kreisen.

Haha-Hannes? Nein, schon fertig? Wirklich nicht? Hat schon? So ein bißchen geplimpert! Gott, wo warst du nur in den letzten drei Wochen! Bitte, wir noch mal, ja? Und noch'n Finger. Aber nacheinander! Du gibst mir deinen Samen ja, bitte, samt Sehnsuchtströpfchen. Ja, es darf und kann sein! Tu den Lümmel bitte raus! ja, So, Lieber! Und mir kräftig auf das Schambein drücken. und - wenn du noch ‘ne Hand auf, auf die Gebärsack, einfach oberhalb des Knochens! So, das schön, mal keine Angst vor dem Sperma zu haben, - jaahahjajamama-ahhjetztjajetzt! Auf einmal. bin ich auf eine Brücke gegangen, die über mehrere Eisenbahngeleise hinwegführt. Ein schneller Zug nähert sich. Unter der Brücke sehe ich unter mir auf demselben Gleis einen weiteren Zug, der steht dort - und schon prallen beide Lokomotiven aufeinander. Ich erschrecke bei dem Unfall aber gar nicht. Die Lokomotiven verkeilen sich, mehrere Waggons springen aus dem Gleis; einige Wagen platzen auf und schleudern Gegenstände und Personen hinaus - ein wüstes Durcheinander. Gerenne, Gewühle, an der Brücke nach dem Felde. Rufen, Winken. Fehlt noch Dickens’ Bahnwärtergespenst! Da ertönt eine leise, sich steigernde Musik, von Festplatz her, von den Autobahnohren her. Im Gleichtakt dazu strecken sich die Loks und die wieder angekoppelten Waggons auf einmal wieder in die Längsrichtungen der Schienen, sie stehen wieder auf den Gleisen, setzen sich ruckzuckelnd in Bewegung; sie rücken beide in langsam gleichmäßger Fahrt zurück, „hastenichhastenich-‘n noch-ne-Lok-für-mich!“.

Die Waggons beider Züge bewegen sich wieder, von einander weg, bilden wieder eine gerade Linie, der zurückfahrende Zug erreicht eine Weiche und wird umdirigiert. Der Zug nach Münster fährt unter mir hinweg; es gibt keine Schäden mehr zu sehen. Teufel auch! Die haben sich nie gedötscht! Beide Züge fahren wieder langsam an und aneinander vorbei. Die Lokführer winken sich zu. Es bleibt nichts und niemand an der Unfallstelle zurück. Ich stehe wieder allein im Dunkeln und schaue zurück zur Kreuzung der Autobahnen Al und A 42. Da höre ich in meinem Rücken deftige Ballerknaller, immer stärkere, dumpfere Böller. Haben wir das schon mal gehört, im Flatterrausch? Es steigen zischend Raketen hoch, die in spritzend-funkelnden Sternchenbögen auseinanderplatzen. Viele bunte Raketen entfalten ihre Lichterschirme und ihren Farbenregen, ihre Knatterfunken.

Und wohlig-ruhig, glühendsanft, erhabenhoch: ein Polarstern-Laser schwingt sich über uns aus. Fällst du noch mal in dir zusammen? Himmelslasso? Lichtersteigbügel?
Was denn, was? Hier spielt der Mann: nicht direkt auf den Nippel, ja! Und du: wie bist du schlapp? wo kommst du überhaupt her? keine Lust zu erzählen? Und die andere ? Nimm noch erst die linke Warze! Noch nicht beißen, du Kneifer! Die Lust, die andere - meine ich? Besser so? Kannst du mal selber deine Jeans aufmachen. Schlapp wie leergewichst! Katjanka! die? Die hier noch toben! Bei den Böllermännern drüber! Warum haste dich heute so? Wirklich nix? Nur die lange Reise auf der Fähre? Ja, der stampfenden Sankt-Petersburg von Klaipeda nach Mukran! Na nehm ich immer so ein Sedakraut! - und was noch? Schon müde?

Warte. Ich küss' dir die Warzen. - Was? - Und du mich bitte auch. Ach, was du stinkst! Hannes-Muff! Wieder dein Rotkraut? - Bitte, noch langsamer. Sonst piekst das! Deine Hände, mein Gott, und die Fingerkuppe am Zeiger. Vom Nidaer Dünensand verrostet? Magst nimmer? Ah, doch. Jetzt wohl? Paß auf, ich erzähl dir von Katharina. Nein, der Zweiten! - Braucht nicht! - (immer leiser ich, stöhnen, aber sanfter:) jetzt aber Dampf, drück, fick, bitteschönsehr, knalldochmal. Oh. nein, noch nicht! Steck mir den Finger in die tiefere Scheide! Nicht nur der Mund da unten. Ruhig tiefer. Spürst du den Ringmuskel. Aber jetzt? - Was du nicht alles verlernt hast! - Und du, wie geht es dir? Was soll ich? Er gibt mir sein Plastikfeuerzeug. Richtig reinstecken. Aber richtig rum, wie? Und rühren? - die Nacht hat uns zugedeckt. War nix vom Feuerwerk zu hören. War es schon. Und unser Vorspiel hat es überspielt?
Schitt-egal – aber nicht Dein-Samen-in-mein-Tütchen! Jan! Hannes? Stöhn doch! lauter. Hier hört uns niemand! Nur meine Hände hören dich, Liebster. Aber bleib nie mehr so lange weg! Hörst du? - So? Ja, ich ja leck schon. Muß mich noch verrenken. Jetzt? - Ich spürte, wie er spürte, wie es ihm bekam - und mir. Tief in mir, schwabbeltief. Der Bauch dehnte sich. Wuchs gar noch das Becken? - So? Drehen? - Ja, so, tiefer? Noch?

Er, naseweiß: Du drückst es ja wieder raus! Brittaklein! Mädchenmein.

Männerjan, muß es so sein -? Jetzt mach - mir erst, bitte, ich leg mich auf den Rücken. Da, weißte doch, da kann ich mich entspannen, bis in die Auferstehung hinein. Mit Maria und ihren Freundinnen am Grab. Du - warte mal eben. Auferstehung - und das da! ja, das Leben nach dem Tod - das gäb's ohne Sex mit Bewußtsein nicht, ohne die fetten Orgasmen gar nicht! Nein, meinst - isnich, wattis? Richtig so? Erklär’s wir später! Is für Männer wohl noch was anderes! Die stellen einen Pharao zehn- bis zwanzigmal so groß wie ein Krokodil dar, ja, im Nil. Wenn die den Auftrag des Göttlichen, des Kaisers kriegen sind. Können Schlachtfete darum veranstalten.- Ja, hör ja schon auf! - Jetzt, noch! Noch mal! Noch was! Hannes! Du!Ah!Ah!Ah! -
- Und du, Hannes? Nein, schon fertig? Wirklich nicht?
Hat schon? Hast schon, Gert? ‘tschuldige, wollte dich ärgern: dicker Hannes mit dem niedlich krummen Janojan! Bist doch mein Erster, mein oller, sanftwütiger Hannes!

Wo steckt Nora, wo hast du Nora heute nacht wieder? Wieder bei der Uhr-Oma? Der Uhrenomma, sagenhaft, die!
Keine Witze, Gert! - Schlaf nich ein! Hast wirklich schon? Oder willze passen? Zeig mal. - Is aber nass. -So ein bißchen nur - ach - vorgeplimpert! Nicht schlimm, Herz? Gott, wo warst du nur in den letzten drei Wochen! Bitte, wir noch mal, ja? Und noch’n Finger. Aber nacheinander! Du gibst mir deinen Samen nicht wieder, ja? Flott aber, du zitterst ja schon. Ich kneif dir einfach brutal in deine Arschbacken! - Auau! - Ja, da kommste schon runter von deinem Thron, was? Nimm den Lümmel raus, bitte schnell! Ja, so, Lieber! Und mir kräftig auf das Schambein drücken. Hörst du eigentlich zu?
Ja?
Hör du, dicke Noramutter.
Was?

Ein Märchen aus Litauen: Von Hase, Fuchs und dem kleinen Waschbär!

Lach ich schon: Irgendwas - wie? - bestimmt - mit Schwänzelchen?
Schon, haste was wie recht! - Hörzu: Die drei wollen zu den Soldaten. Du weißt: die Litauer wollen in die Nato.
Müssen. Die müssen in die Nato! Wenn der große Bär mal brummt: Russruss-brummbrumm -
Ja? Weißt ja schon alles wieder, wie? Ist trotzdem gut: Also alle machen sich auf - (schnarcht fast, mein Lieber!)
Das nennt man da die blauen Nächte. Himmelslind und licht die Abende.

Hab ich noch nie gehört. Ist das wie die weißen Nächte in Petersburg?
Jaja, müde müde bin ich, jaja? Erzähl ich dir alles -
Schlaf nicht ein, Plauderer du! Ich will hier nicht regungslos an deiner Seite liegen und einschlafen.
Hör. Die drei beraten, irgendwie passen sie so nicht in die Kaserne. Was sollen sie ablegen? Der Hase sagt zum Fuchs: Beiß mir die langen Ohren ab! Ich beiß auf die Zähne. Ratsch, reißt ihm der Fuchs die Öhrchen ab. Was muß de Fuchs wohl fallen lassen? Dein Schwanz, der paßt in keinen Jeep.

Verdammt, reiß ihn raus. Der Bär packt an, reißt den Schwanz raus. - so, der Bär ist dran. Die beiden kucken sich ihn an: Na doch, die starken Zähne. Da hat jeder Kamerad Angst. Okay, hau mir mit dem Ast da die Fresse ein. Ach - und die Zähne flogen heraus. - So gehen einer nach dem anderen in die Kaserne zur Musterung. Hase und Fuchs werden gemustert und als Rekruten angenommen. Der Bär taucht nicht auf bei den beiden auf der Stube. Am Abend hören sie ihn heranschleichen und am Fenster scharren. Was ist los, Meister Petz? - Ach, ach, flüsterte er zwischen den Lippen (und mein Clown Hannes zog die Lippen tief in den Mund und mümmelte ganz jämmerlich): Die sagen da bei der Musterung, ich sei zu groß, zu dick und zu - (das hab ich nicht mehr verstanden; auch nicht gefragt...)
Jaja, schon gut. Komm, trink mal, hier ‘n Roter, der dich hochbringt -
Ist ja meine Pulle! Wo ist die denn hingerollt? Die Standspur runter?

Jetzt, kuck doch! Du Trottel! Das war ein Heiligenschein für dich! Mindestens Bethlehem! Undn och'n Rabatt drauf!
Sowas hab ich noch nie gesehn!
Sießet? Hasse umsonscht bei mia!
Prost, feiner, kleiner Nicht-mehr-Meiner! (Kühl-sachlich-abschiednehmend): Biste noch immer im östlichen mare balticum, bei die Schönen, die Niederdeutschen-Östlichen, die so süße Oberweiten, die - äh - (ich kratzhustete) - dich so beeindrucken? - Ich stand auf - tat jedenfalls, als ob..
Bleib, Furzel! Nora-Fruchtsack du! Er faßte mir zwischen die Beine. War wieder dabei!

Ruhig gleichmäßig, fester, und - wenn du noch ‘ne Hand hättest. Da drauf, auf den Gebärsack da drinnen, den zugeknüpften, einfach oberhalb meines Gebeins, des platten Knochens! Ja, jetzt, das, das ist gut! Und mal keine Angst vor dem Sperma zu haben. - Jaahahjamannomann-jetztjadahastduetabbadrauf. Jajetztomiomeinmio!

Und wieder: einmal, bin ich auf eine Brücke hochgestiegen, die über mehrere Eisenbahngeleise hinwegführt. Ein schneller Zug nähert sich. Unter der Brücke sehe ich unter mir auf demselben Gleis einen weiteren Zug, der steht dort - und schon prallen beide Lokomotiven aufeinander. Ich erschrecke bei dem Unfall aber gar nicht. Die Lokomotiven verkeilen sich, mehrere Waggons springen aus dem Gleis; einige Wagen platzen auf und schleudern Gegenstände und Personen hinaus - ein wüstes Durcheinander. Da ertönt eine leise, sich steigernde Musik, von Festplatz her, von den Autobahnohren her. Im Gleichtakt dazu strecken sich die Loks und die wieder angekoppelten Waggons auf einmal wieder in die Längsrichtungen der Schienen, sie stehen wieder auf den Gleisen, setzen sich ruckend in Bewegung; sie rücken beide in langsam gleichmäßger Fahrt zurück. Die langen, unterschiedlichen Waggons beider Züge bilden - allmählich sich geradeziehend, langsam, vorsichtig, nicht ruckend zerreißen die Körperstränge - wieder eine gerade Linie, der zurückfahrende Zug erreicht eine Weiche und wird umdirigiert. Der andere Zug fährt unter mir hinweg; es gibt keine Schäden mehr zu sehen. Beide Züge fahren wieder langsam an und aneinander vorbei. Die Lokführer winken sich zu. Es bleibt nichts und niemand an der Unfallstelle zurück. Ich stehe wieder allein im Dunkeln und schaue zurück zur Kreuzung der Autobahnen. Da höre ich in meinem Rücken heftige Knaller, kräftigere, immer stärkere Böller.

Es steigen zischend Raketen hoch, farbige, hellleuchtende, die in spritzend-funkelnden Sternenbögen auseinanderplatzen, himmelhochjauchzend fernhin! Viele bunte Raketen entfalten ihre Lichterschirme und ihren Farbenregen, ihre goldenen, ach, in allen Wunderfreudenfarben splitternden Knatterfunken. Und wo ist der Laser? Kaputt? Äh, ich sprech mit dir, Laser! Wander in meinen Worten! Leuchte mir heim! Farbenlichter, ihr.
Haben wir das schon mal gehört?
Meine Tochter ist längst wieder bei mir. Sie klettert auf den Radsitz, hält sich an meiner Schulter fest; jetzt kann sie besser Ausschau halten. Da zischt über uns ein Raketenrest herunter, heiße Tropfen nähern sie sich uns. Da schreit Nora auf. „Katjanka“, was ist dir? - Nora, komm!“ Sie ist getroffen auf beiden Armen. Sie erschrickt und weint. Sie zeigt mir eine verbrannte Stelle auf dem Oberarm. Ich tröste sie ungeschickt. Ich lege ein Taschentuch, das ich mit Spucke schnell triefend naßgemacht habe, auf die Wunde. Ich will ihr helfen und schaue mich um nach einem Rotkreuzzelt oder so’ner Bude von Samaritern. Von dort kommt uns eine Sanitäterin entgegen. War die bei uns im Flatterzelt? Versteckt?
Was will die da? Was will sie von Hannes? Der war so still, jaja! Komisch, wenn ich - Jetzt läßt sie das himmelsblaue Tuch lang herabschlagen hinter sich. War das nicht Herrmanns Mareike? Die immer mit ihren tollen Ideen für Wegfahren? Die war doch mit ihm in Litauen. Und da oben. Dort?

Ein Wisch, ein Flugblatt, das ich später an meinem T-Shirt angeheftet fand, weiß nicht was. Die Feuerwerker informieren! Weißnichtwas. Brennt in meinen Augen.

Zerreiß es, Nora! - Bring’s mir! - Die Rückseite ist noch wie? - Willst du drauf malen?
- Die Raketen?
- Die Lichter!
- Ja, komm hier, zum Tischchen.

Und wo steht mein Rad?
Ach, Quatsch! Ich bring dich nach Haus! Das Kreuz ist wieder freigegeben.
Und die Sternkes leuchten.
Wo?
Kuck-ma-ganz-nah! Hinta meine Brille -
Äh, etwa denn da?
Äh? Watt?

Auch Sternkes?


Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige