Staatsbesuch


Ohne den leisesten Zweifel: die große Geste des Staatsbesuchs ist sinnvoll und notwendig. Das rationale Zweckgebilde „Staat“ bedarf der feierlichen Symbole seiner Repräsentanz, der staatsmännischen Attitüde, der Fahnen und Nationalhymnen, um emotionale Bindekräfte, die „Gesellschaft“ zur „Gemeinschaft“ formen, zu bewirken.
 
Starke Zweifel habe ich jedoch, ob das tradierte Ritual eines Staatsbesuches noch die heutige Befindlichkeit der Gesellschaft repräsentiert, einer demokratischen Gesellschaft.
 
Ist denn der Empfang des besuchenden Staatsoberhauptes „mit allen militärischen Ehren“ noch die höchste Form der Ehrerzeugung und des Respekts, die man dem Repräsentanten einer Demokratie erweisen kann? Kann denn immer noch „das Militär“ die „Staatsmacht“ symbolisieren und repräsentieren? Kommt uns das nicht als Operettenspiel aus längst vergangenen Zeiten vor: „Komm Zigan,  komm Zigan, lüg mir was vor“?
 
Ich stelle mir einen Staatsbesuch in einer Demokratie vor. Der besuchende Staatsgast schreitet die Gangway hinab, wird an deren Fuß vom gastgebenden Präsidenten herzlich begrüßt. Auf dem „Roten Teppich“ schreiten beide die Front der „Ehrenformation“ ab. Eine Gruppe von Professoren, Intellektuellen und Künstlern. Vorbei an einer Delegation von Krankenschwestern und Feuerwehrleuten, hin zu einer Abordnung von Unternehmern mit ihren Arbeitern. Die Ehrenformation des Volkes.
 
Das Staatsoberhaupt präsentiert seine Bürger, die „der Staat“ sind und ihn repräsentieren.
 
 


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Kommentare (3)

Manfred36

Deine "Ehrenformation" ist sicher nicht vollständig, vielleicht aucht nicht richtig gereiht, und vor allem haben die Betroffenen Besseres zu tun als Parade zu stehen. Das Staatsoberhaupt ist wie die Bundeswehr eine repräsentative Einrichtung, die aber im Ernstfall  -  leider  -  mit ihrem Leben für uns einsteht. Warum also aus dem allseits üblichen Ritual ausbrechen?
Gruß
Manfred

Willy

Leider, lieber Sam, können internationale Geflogenheiten wie eben die Rituale zu Staatsbesuchen nicht z. B. von Deutschland einfach abgeändert werden. Dessen ungeachtet finde ich es wie du nicht mehr zeitgemäß, aber das trifft leider auf noch vieles mehr zu.

Staatsbesuch- erinnert mich an einem B-Film. Der Staatsgast steigt aus dem Flugzeug, da kommt ein Krankenwagen angerast. Wärter in weißen Kitteln springen aus dem Auto und ehe alle andere zur Besinnung gekommen sind; ist der Staatsgast in eine Zwangsjacke gesteckt und rasant vorbei an der Ehrenformation zum Auto geschleppt …

Alle Gute
Willy

Sam 2

Lieber Willy,

Dein Plot für einen B-Film bringt mich zum Träumen.

Ich wünsche Dir einen wahnsinnig ergiebigen Sonntag!

Gruß
Sam


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