Teheran - der Milad-Tower


Teheran - der Milad-Tower
... Wider Erwarten erlebte ich zwei zauberhafte Wochen in einem Land, in dem viel Unrecht geschieht. In meinem Blog www.Iranreise2018.wordpress.com
schreibe ich aus persönlicher Sicht über die Reise. Es folgt daraus ein Beitrag:
 
Erneut sind wir Teil des Stop-and-go auf den Straßen Teherans. Uns bietet sich das übliche Bild: kastenförmige Häuser, graue Fassade, simple Läden für die Dinge des alltägliche Bedarfs oder Geschäfte, die teure Kristallleuchter und handgeknüpfte persische Teppiche für mehrere Tausend Euro anbieten. Dazwischen quirlen die Fußgänger.
Uns umgeben Unmassen von Autos, die sich mühsam von der Stelle bewegen. In dieser zähen Blechlawine entdecke ich einen Porsche. Ich wundere mich gar sehr – über den Luxus sowie die unbeschadete polierte Lackierung, die jeden Moment zerstört werden könnte, weil sich durch einen Zusammenprall eine Beule ihren Weg bahnt oder Schlimmeres. Das auf Geschwindigkeit getrimmte Fahrzeug steht wie seine bedeutend ärmeren Artgenossen im Stau und kommt auch nicht schneller voran.
Wieder konnten wir einige Meter hinter uns bringen.
Unerwartet ändert sich die Szenerie. Alte Bäume säumen die Straßenränder und lassen das stockende Vorankommen freundlicher erscheinen. Teilweise neigen sich ihre Stämme dem vorbeibrausenden Verkehr entgegen, als wollten sie ihn bestaunen. An anderer Stelle formen ihre Äste ein Blätterdach, durch das die Sonne lacht.
Maryam erklärt, dass Schah Reza Palavi die Allee nach dem 1. Weltkrieg errichten ließ. Sie ist fast 20 km lang und verbindet den Tajrisch-Platz im Norden mit dem Hauptbahnhof im Süden, wobei sie Teheran in eine Ost- und Westhälfte unterteilt. Sie heißt Valiasr-Straße. In Deutschland erschien 2016 von Ramita Navai ein hochinteressantes Buch mit dem Titel »Stadt der Lügen« und dem Neugierde erregenden Untertitel Liebe, Sex und Tod in Teheran. Sie schildert unterschiedliche Biografien, die entlang der Valiasr-Straße angesiedelt sind, und zeichnet damit ein kritisches Gesellschaftsbild des Iran.
Wir verlassen die Baumstraße mit ihren endlosen Geschäften und sehen erneut nur Blech und Beton. Wir fahren an einem hochmodern Krankenhauskomplex vorbei, der zu dem größten in Mittelasiens gehören soll. Unser weiblicher Chauffeur, heute mit hellem Kopftuch, erklärt, dass dort die besten Ärzte arbeiten. Man müsste nur das nötige Geld haben.
Maryams Leben ist nicht einfach, da sie geschieden ist. Sie muss allein ihr Dasein meistern, was in dem Land schwierig ist. Ihr Ehemann bevorzugte eine andere, daher reichte sie bei Gericht die Scheidung ein. Das ist den Iranerinnen erlaubt. Allerdings funktionierte die gesetzliche Trennung nur, weil er damit einverstanden war. Ansonsten wäre sie ihm für immer ausgeliefert geblieben. Die iranische Frau hat im Vergleich zum Mann wenig Rechte, sie ist ihm untertan. Die Familie würde sie zwar bedauern, doch helfen würden sie ihr nicht. Finanzielle Engpässe sind vorprogrammiert. Sie ist verbittert.
Beantragt übrigens der Partner die Scheidung, muss er im Gegensatz zu seiner Partnerin keine Gründe angeben.
Unverheiratete Frauen werden ab einem Alter von etwa 30 Jahren gedrängt, endlich zu heiraten. Die Familie, Freunde, Bekannte oder Kollegen suchen darüber das Gespräch, sodass sie sich permanent rechtfertigen müssen. Meist wohnen sie noch bei ihren Eltern und bekommen den gesellschaftlichen Druck zu spüren. Eine harte Haut ist vonnöten.
Während der Fahrt sehe ich, je nach dem, wo wir uns gerade befinden, den Fernsehturm Teherans, unser touristisches Ziel. Schlank streckt er sich in die Höhe und ist der Hingucker der Metropole. Schließlich fahren wir in ein Parkhaus.
Wir streben dem Eingang des Milad-Towers zu. Er steht auf einem Hügel nordwestlich des Zentrums der Stadt. Hinter uns erstreckt sich die kahle Gebirgslandschaft.
Vor dem Ticketautomaten bleiben wir stehen. Ich möchte für alle bezahlen. Maryam wehrt ab, ich sei der Gast, und übrigens ..., usw. Es kommt zum spaßigen Hin- und Her, bis sie inbrünstig auf Deutsch sagt: »Ich liebe dich«, was mich vollkommen durcheinanderbrachte und entwaffnete.
Bevor wir den Fahrstuhl benutzen können, um uns in den verschiedenen Ebenen des Turmes umzusehen, sitzen wir wie im Kino in einer Reihe und erhalten Erklärungen zum Bauwerk auf Farsi und Englisch. Für den Touristen gibt es keine Faltblätter oder Prospekte, die er sich mitnehmen könnte. Das finde ich schade.
Lasse ich meinen Blick über die Stuhlreihen schweifen, komme ich zu dem Schluss, dass es sich bei den meisten Besuchern um Iraner handeln muss.
Wir befinden uns im höchsten Turm des Landes (435 m) und dem sechsthöchsten der Welt. Rang 1 belegt der Tokyo Skytree in Japan mit 634 m. Zum Vergleich dazu liegt der Berliner Fernsehturm auf dem Alexanderplatz mit seinen offensichtlich exakt gemessenen 368,03 m weltweit auf dem 16. Platz.
Die Turmkugel des Teheraner Towers besteht aus zwölf Stockwerken mit mehren Aussichtsplattformen (außen und innen), einem Drehrestaurant für 400 Personen und einer Cafeteria. Sie soll mit einer Fläche von 12.000 m² die größte der Welt sein.
Wir erobern Etage um Etage und haben prächtige Aussichten auf die Stadt mit ihrem unendlichen Häusermeer, den geschwungenen Betonschleifen, auf denen Mini-Autos rollen, und die umgebenden Berge.
Auf die Stockwerke verteilt entdecken wir museale Ausstellungsstücke wie beispielsweise ein altes Straßenkino, vor dem man sich früher setzen und gegen Bezahlung Bilder anschauen konnte.
Ein Wachsfigurenkabinett zeigt verdienstvolle, historische Persönlichkeiten aus dem Iran, darunter Politiker und Schriftsteller.
Lara gruselt sich bei deren Anblick. »Leben die noch?«
In der Tat ist die Frage berechtigt, denn schaue ich genauer hin, habe ich den Eindruck, dass sie Atmen und ihre Haut pulsiert.
»Ich will weg«, jammert die Siebenjährige.
Wir gehen.
In der Kuppel bewundern wir metallene Kunstwerke, die auf blauem Grund an der Wand befestigt sind.
Lara hat Hunger. Wir verlassen den Turm. In unmittelbarer Nähe befinden sich ein modernes Shoppingcenter, ein luxuriöses Hotel und ein Kongresscenter. Wir allerdings interessieren uns mehr für einen kleinen Imbiss, um Laras leeren Bauch mit Pommes frites zu füllen.
© Brigitte Voß

 

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Kommentare (3)

Rosi65

Hallo Gitta,

war gerade auf Deinem Blog, um etwas mehr über Deine Abenteuerreise zu erfahren.
Dein lebendiger Schreibstil mit der Bilddokumentation, ließen mich dabei tief in dieses faszinierende Reiseerlebnis eintauchen.Kommen noch mehr Folgen? Das wäre schön.

Viele Grüße
 Rosi65

Bücherwurm

@Rosi65  
Danke für deinen lieben Kommentar, über den ich mich freue. Es werden noch mehr Beiträge erscheinen, ich war ja zwei Wochen dort. Du kannst dich  auch gern als Follower (im Beitrag Seitenleiste rechts) eintragen. Damit wirst du per E-Mail über das Erscheinen neuer Einträge informiert.
Liebe Grüße
Gitti

Bücherwurm

@Rosi65
Danke, dass du dem Blog folgst.
Liebe Grüße
Gitti


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