Traum einer Nacht.

Sie schaute durch das kleine Fenster des alten Bauernhauses.
Der Vollmond hatte die Nacht, den Wald und die Wiesen in ein wundersames Licht getaucht.
Tau glitzerte auf den Wiesen.
Die vereinzelten Bäume warfen Schatten, der Wald im Hintergrund stand still und lockend.

Langsam erhob sie sich und verließ das Haus. Das schon feuchte Gras kühlte ihre nackten Füße.
Sie atmete tief den reinen Duft der Nacht ein. Ohne es recht wahrzunehmen,
schlug sie die Richtung zum Wald ein.

Sie glaubte Musik zu hören, entfernt noch, doch zart und einschmeichelnd.
Ihr wurde so leicht. Alle Last des Tages fiel von ihr ab.
Die betörenden Klänge blieben sich gleich, wurden weder leiser noch lauter.

Sie fühlte, daß sie diesem leisen Singen und Rauschen nicht entgehen konnte.
Es war, als gingen ihre Füße ganz von selbst, ohne ihr Zutun.
Immer tiefer ging sie in den Wald hinein, sie vergaß die Wege, die sie hinter sich ließ.


Dann sah sie das Leuchten. Es funkelte durch die Bäume und zog sie magisch an.
Es kam von einer kleinen Lichtung und sie sah junge Mädchen und Burschen,
wie sie tanzten, scherzten und sich liebkosten.

Dann wurde das Singen klarer und als die Musik ertönte, tanzten ihre Füße ganz von alleine.
Ihr Körper drehte sich im Tanz mit den anderen. Die Musik wurde lauter, der Tanz feuriger und sie spürte, daß sie nicht mehr alleine war.

Er hielt sie in den Armen
und sie vergaßen die anderen. Die Welt versank.

Sie sah sein Gesicht, sein Verlangen und sie wünschte der Tanz möge nie enden.

Es waren Augenblicke der größten Seligkeit.


Von ferne erklang leiser Glockenschlag.
Sie vernahm ihn kaum. Lauter spielte die Musik, heftiger wurde der Tanz, heißer die Umarmung.

Wieder mahnte die Glocke. Sie wollte sie nicht hören.
Festhalten wollte sie die Augenblicke des Glücks.

Nun war sie nicht mehr zu überhören. Fordernd verlangte sie die Rückkehr.

Das Leuchten erlosch, die Musik verstummte, die ausgelassene Gesellschaft war verschwunden.

Verschwunden das geliebte Gesicht.

Alleine stand sie da. Sich der unheimlichen Dunkelheit bewusst werdend.
Noch benommen von dem Rausch der Sinne hatte sie die Orientierung verloren.

Sie hörte die Glocke, die alles zerstört hatte, den ganzen Liebreiz des Augenblicks.

Langsam folgte sie dem Klang, der sie dem wirklichen Leben wiedergab, ihr den Weg wies,
in das nüchterne, betriebsame, laute, herrische Leben.

Es war nur der Traum einer Nacht.

Sarahkatja

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Kommentare (1)

oesiblitz ...diese Kirchenglocken - schlimm. Nun es hätte auch ein vorbeifahrender Müllwagen sein können, egal es war ein schöner Traum den Du hier beschreibst. Bravo
LG
oesi

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