„Hinter meines Vaters Hof steht eine Tür“


„Hinter meines Vaters Hof steht eine Tür“
Kurioses zu Radeberger Maskenbällen früherer Zeiten
Eine kuriose Zeitungsannonce brachte etwas zu Tage, was man bis dahin nicht wusste. So war 1885 folgendes zu lesen.
„Eine Schärpe ist beim Maskenball im Deutschen Haus verloren gegangen und wird der Finder ersucht, diese gegen Belohnung abzugeben in der Expedition des Blattes“. Soweit, so gut möchte man sagen, was soll daran Aufregendes sein?
Es folgte jedoch eine eigenwillige Erklärung: „Da solche bei Nichtabgabefalle polizeilich abgeholt wird!“
Es geschah offensichtlich trotz polizeilicher Drohung nichts. Doch etwa eine Woche später stand in der gleichen Zeitung: „Ich kenne den Besitzer der Schärpe, es war jene Dame, die nach der Demaskierung mit Ihnen verschwunden ist!“, um dann nach weiteren vierzehn Tagen mitzuteilen, dass eben jene Schärpe auf dem Pulsnitzer Jahrmarkt verkauft wurde. Es grüßt Mathilde von der Obergasse.
Es waren also jene Gründe der Beziehungen von Frauen zu Männern oder umgekehrt, die immer wieder die Leute auch nach dem Stattfinden der Maskenbälle umhertrieben. Welch ein Wunder, galt doch das Lieblingslied der Radeberger dem gleichen Element.
Eine Strophe dieses Liedes lautete: „Hinter meins Vaters Hof steht ein Tür, da ist weder Schloss noch Riegel dafür, da geh hinein, dass man dich nicht seh‘ noch spür, dass sie nicht klirrt, kein Mensch dich irrt, tritt fröhlich hinein zu mir“. So dann auch der Eingang zu den Maskenbällen mit dem eindeutigen Hinweis „Hinter dieser Tür gelten andere Gesetze!“
Maskenbälle als Form der Faschingszeit kamen nach der Revolution in Sachsen nach 1830 wieder auf. 1834 soll es den ersten der Bürgerschaft gegeben haben. Doch Gebote und Verbote, so durften Gesellen und einfache Hausväter, damit waren Tagelöhner gemeint, nicht daran maskiert teilnehmen. Mit der großen Revolution von 1848/49 war dann wieder alles vorbei. Radebergs Stadtrat genehmigte erstmals 1864 wieder solch einen Ball, obwohl die örtlichen Kirchenoberen dagegen waren. Doch mit der Gewerbefreiheit kam das bürgerschaftliche Element der Handlungsfreiheit stärker zum Tragen.
Schon 1868 hagelte es wieder Beschwerden. So konnte man lesen: „Nennt man das auch nobel, wenn man eingeladenen Gästen das Geld abgenommen hat und sie auch noch rausschmeißt?, wie es auf dem Jugendmaskenball am Ort vorgefallen ist? Auch hat sich dabei ein Lotzdorfer Bauer mit handgreiflich gemacht; wahrscheinlich haben diejenigen die Bildung im Karswalde oder neben einem Ochsen erhalten. Zu bedauern sind aber die Herren Stadträte, sie mögen wohl von einem solchen Ball gehört haben, aber noch keinen gesehen, viel weniger einen mitgemacht!
Ein Hintergrund dürfte darin gelegen haben, dass mit der Demaskierung um 22 Uhr nur noch Damenwahl galt. Und da entschied die holde Weiblichkeit eben manchmal gegen ihren Angetrauten oder Vater. Und es gab Überraschungen wie der Gendarm notierte. Nach der Demaskierung kam es heraus, es gab 32 als Männer verkleidete Frauen und etwa 20 als fesche Mädels verkleidete Männer. Obwohl beides ja eigentlich nicht gestattet ist. Zugleich zählte der aufsichtsführende Gendarm noch, dass es auch „11 rothe Nasen“ gab, also Besucher, die keine Maske trugen.
Jene Ereignisse führten auch dazu, dass Maskenbälle in Radeberg mal genehmigt wurden und mal nicht. Dies dürfte wahrscheinlich der Grund sein, warum sich die Fastnachtstradition eher in den Dörfern um Radeberg dauerhafter durchsetzte. In Radeberg ging man dann eben zum Pfannkuchenschmaus und hatte wahrscheinlich genauso viel Spaß.



haweger

Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige