„Wie schön war’s früher…“


Erinnerungen an den Nachtwächter August Hillig

Bei Regen, Sturm und Wind, wenn alle anderen zu Hause sind, ging er pünktlich seine Runde, durchs Dorf zu mitternächtlicher Stunde! Diesen Lobgesang auf den Langebrücker Nachtwächter August Hillig brachten einst die ihm Wohlgesonnenen im Gasthof auf. Dafür konterten die Neider schon mit einem selbstverfassten Lied, dass dem Langebrücker Philosophen Gottfried Stiehler zugeschrieben wurde.

„Das glaubst nur Du, der nächtens ruht, weißt Du denn was August Hillig tut? Er sieht auch in die Fenster rein, und das nicht nur bei Mondenschein.“ Und seine Kumpane bekamen gleich eins mit ab: „Beim Biere im Gasthof weiß er Dinge…, von Eisolds Käthe und der lustigen Inge, dann juchzen Thalheim, Höfchen und Hofens Trepte, der Claus vom Viebsch und der Bedeppte.“
In den Akten zu seiner Tätigkeit sind einige Dinge vermerkt gewesen, so aus dem Jahre 1894. Drei junge Frauen legten sich zum Erntefest mit dem Nachtwächter an. Daraus wurde dann zur Kirmes der Spruch aktuell: „Eisolds Käthe, Zochers Grete, Treptens Hulden – wer kann diese Weiber dulden?“

In der Akte zu den Langebrücker Strafverfügungen von 1898 ist unter dem Datum des 12. Februar vermerkt, dass der Lehrling Carl Julius Trepte nachts um drei Uhr ruhestörenden Lärm verursachte. August Hillig zeigt ihm bei der Gendarmerie an mit der Maßgabe, Trepte habe sich über ihn lustig gemacht. Worauf der Angeklagte aussagte „Wenn er drüben auf der anderen Seite ginge, müsse er ja dem Hillig etwas lauter zurufen“. Das erbrachte 3 Mark Bußgeld und eine Verwarnung.

Aktenkundig wurde der Vorgang mit Ida Nitzsche, die von Hillig „beim Niederhocken“ (Tatbestand: öffentliches Urinieren) erwischt wurde. Angesprochen, soll Ida Nitzsche gesagt haben „Du bist der Esel des Gendarmen Günzel“. Sie wurde jedoch nur zu 1 Mark Bußgeld wegen des Niederhockens verurteilt. Die Beamtenbeleidigung wurde nicht verhandelt, sie hatte sich vor der Gerichtsverhandlung bei August Hillig tränenreich entschuldigt.
Am 16. Juni traf es dann „Anna, verwitwete Riemer“, wie es in der damaligen Art vermerkt wurde. Die Witwe kam leicht „angesäuselt“ mit dem letzten Zug vom Dresdener Witwenball und singt laut am Bahnhof. Von August Hillig auf den ungebührlichen Lärm angesprochen sagte sie „Lerchen singen, Schafe blöken!“ Das kostete 3 Mark Bußgeld.

Und schließlich wurde am 24. Juli nochmals der Maurerlehrling Carl Julius Trepte wegen lautem Singen nachts um 2 Uhr angezeigt. August Hillig hatte den jungen Mann auf seine Ungebührlichkeit hingewiesen, worauf dieser erwiderte: „Du würdest ja auch singen, Wenn Du den Text kennen würdest“. Diesmal wurden es 5 Mark Bußgeld und die Androhung von Gefängnis, wenn er sich gegenüber dem Nachtwächter nicht mäßigen würde.

haweger

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