Vergangene Zeit......bleibende Erinnerung


Mama war bestimmt nicht begeistert im Sommer 1939 als sie feststellen musste,dass sie schon wieder schwanger war, zum 9. Mal! und das nach der schweren Geburt von Mina, dem 8. Kind,1937.
Trotzdem hat sie mich angenommen-ergeben--ja nur so-ergeben in ihr Schicksal-kann man es nennen-und hat mich im Januar 1940 zur Welt gebracht, als gerade der schreckliche Krieg stattfand.Im Jahr darauf gebar Mama noch einen Sohn,denValentin, das 10. Kind und endlich-gottseidank- das letzte in der Reihe.
An die ersten 3 Jahre habe ich eigentlich keine Erinnerung.Ich weiß nur aus Erzählungen, dass mich meine älteren Schwestern Marie und Mela viel rumgeschleppt und versorgt haben.Unsere Mutter hatte ja mehr als genug zu tun mit dem Haushalt, dem Laden, dem Stall und was weiß ich noch womit..........
Im Erdgeschoß hatten wir eine große Stube, in der sich der größte Teil unseres Lebens abgespielt hatte:
Ein Bretterboden: breite Bretter,uneben, nicht sehr glatt,mit Astlöchern.Und der musste jede Woche geschrubbt werden.Mama hatte da einfach einen Eimer Wasser ausgekippt und IMI" oder ein ähnliches Scheuermittel drüber gestreut . Danach musste man schon ordentlich auf den Schrubber drücken, damit der Boden sauber wurde.Außer Mama mussten da auch meine älteren Schwestern ran- den Buben blieb diese Arbeit erspart-das war "Weibersache"! Später bekamen wir einen Stragulaboden drüber und das Wischen war lange nicht so anstrengend.
Solange noch die Bretter frei waren, haben wir Kinder uns das zunutze gemacht:wir haben in der Stube geschussert: zwischen den Brettern waren öfter größere Abstände,Astlöcher oder Dellen. Da konnte man prim schussern.Meistens hatten wir nur die einfachen Tonschusser.Aber die Nachbarskinder hatten manchmal scho Schusser aus Glas.Und die waren hochbegehrt.Da konnte es schon vorkommen dass man ein bisschen geschummelt hat beim Nachschieben.


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Kommentare (3)

Muscari


Liebe Luiserl,

es ist immer wieder interessant zu lesen, in welch unterschiedlichem Milieu die Menschen damals lebten.
Meine Erinnerung beginnt etwa im Jahr 1942 als ich 5 Jahre alt war.
Da gäbe es auch jede Menge zu erzählen. Einiges habe ich in Kurzgeschichten gefasst und hier und da veröffentlicht.
Danke für den Einblick auch in Deine Vergangenheit.
Mit liebem Gruß,
Andrea

Syrdal


Liebe Luise, deine interessante und auch hübsch erzählte Schilderung über das Kinderleben in den ersten Kriegsjahren ist aus heutiger Sicht ein richtig schöner „Zeitzeugen“-Bericht, denn viele der Nachgeborenen, die weder den Krieg noch die schweren Jahre danach (bewusst) erlebt haben, können sich gar nicht vorstellen, wie das Leben damals allgemein in den Familien üblich war. Allein die hohe Kinderzahl mutet heute nahezu erstaunlich an.

Auch ich – Jahrgang 1941 – erinnere mich an die große „Diele“ im Haus meines Großvaters, die für die recht zahlreiche Vier-Generationen-Familie samt den aus Schlesien dazu gekommenen Flüchtlingen das „Wohnzimmer“ war. Dort spielte sich das ganze Leben ab. Es gab eine lange Bank an der Wand entlang und davor eine ebenso lange Tafel und im Nebenraum war die kleine Küche, die zur Versorgung all der vielen Leute dienen musste. Und es ging… bei aller Not kamen alle irgendwie zurecht.

Du hast mit deiner Erzählung aus dem „Handschriftbuch“ an all das damals Erlebte erinnert… danke! – Ach ja, die „Schusser“ hießen bei uns in Thüringen „Murmeln“ und auch wir hatten welche aus Glas mit bunten Farben drinnen. Die haben wir auf die Panzer geworfen, als die russischen Truppen im Frühling 1945 einrückten. - Ein recht gefährlicher Spaß, der gottlob gut gegangen ist...

Auf weitere solch kleine Begebenheitsschilderungen freut sich
Syrdal

 

Manfred36

Ich bin Jahrgang 1936 und kann mich wunderbar in das Wohnmilieu hineinverstzen, das du so anshaulich schilderst. Nur war die "große Stube" eigentlich die Küche, in der das Alltagssleben stattfand. Da war der Boden "gecremt", musste aber trotzdem vorher geschrubbt werden. Wir haben die "Schusser" nur "Klicker" genannt und zum Teil selbst selbst hergestellt, aus dem Letten, auf dem wir siedelten, und zum Trocknen in Kuhfladen gesteckt, was auch ihre Konsistenz verstärkte.
Gruß  Manfred


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