Verwunschene Gedanken II.


Verwunschene Gedanken II.

 
Dieses Gedicht schrieb Anfang des 19.Jh.
Johann Peter Eckermann,
(*1792, Winsen/Luhe - ϯ 1854 Weimar)
 
 
Heimat - (die beiden letzten Verse)
Mich trieb mein Stern voll Unruh weit umher,
Von Weisen lernt' ich, war am Fürstenthrone;
Ich stand am Po, am mittelländ'schen Meer,
Am See Venedigs, trank die Flut der Rhone;
Ich sah den Rhein, die Maas, der Nordsee Welle,

Du flossest ruhig fort an kleiner Stelle.*)
Wie zu beneiden scheinet mir dein Los!
Was hab' ich denn erreicht? –
Doch laß mich schweigen.

Die Sonne sinkt hinunter still und groß,
Der Tag mit seinem Leben will sich neigen.
Der müde Wandrer, lang' umhergetrieben,
Ruht bald erquickt am Herzen seiner Lieben.

*) (Gemeint ist die Luhe, der kleine Nebenfluss
der Ilmenau, die dann danach in die Elbe mündet.)

 
 
Johann Peter Eckermann, ein Name, der stets in einem Atemzug mit J.W.v.Goethe genannt wird. Eckermann, wer war er, wie haben wir ihn uns vorzustellen? Nur ein Adlatus, der dem großen Dichter stets zur Hand ging? Oder war er ein Mensch, der durch seine Stellung auch dazu beitrug, dass der große Meister in seiner eigenen stets gestärkt wurde? Als treuester Mitarbeiter trug er mit seinem Redigieren der Texte viel dazu bei, dass Goethe in Europa einen beeindruckenden und entscheidenden Einfluss auf das europäische Geistesleben bekam.
Er war ein enger Vertrauter und Bewunderer  Goethes. Um ihn zu treffen, reiste er 1823 erstmals nach Weimar, Goethe war damals bereits 73 Jahre alt, Eckermann 31

Eckermanns Lebenslauf
liest sich wie ein Abenteuerroman. Er wird in Winsen/Luhe geboren, zieht mit seinem Vater, der hausierender Händler ist, durch die Lande, geht nur unregelmäßig zur Schule und wird dennoch nach seiner Konfirmation Amtsschreiber in Lüneburg, Uelzen und Bevensen. 1813 hat er als Kriegsfreiwilliger in den Niederlanden Kontakt zur niederländischen Malerei. 1815 beginnt er eine Ausbildung als Kunstmaler, besucht dann kurzzeitig das Gymnasium und beschäftigt sich erstmalig mit der Literatur.
Veröffentlicht seinen ersten Gedichtband, übersendet 1821 Goethe ein persönliches Exemplar! Eckermann arbeitet an einem Drama »Graf Eduard« - das jedoch unvollendet bleibt und auch nie veröffentlicht wird. Er lebt dann in Empelde (bei Hannover), wo er als freier Schriftsteller tätig ist. Er übersendet Goethe sein Manuskript »Beiträge zur Poesie«; es wird 1823 auf dem Buchmarkt erscheinen.
1831 folgt die Eheschließung mit seiner langjährigen Verlobten Johanne Bertram. (Sie stirbt bereits 1834 mit 32 Jahren)
Es folgen viele Reisen innerhalb Deutschlands und Europas. Auf Betreiben Goethes erhält er die Ehrendoktorwürde der Universität Jena.
1832 stirbt Goethe, vorher hatte er ihn 1831 als Herausgeber seines literarischen Nachlasses eingesetzt.
Bis zu seinem Tode 1854 bedrückte ihn stets quälende Armut und ein schlechter Gesundheitszustand, zeitweilig gelindert durch diverse Mäzene, die ihm verschiedene Kur-Aufenthalte ermöglichten.
Er wurde in seinem Leben mit vielen Ämtern bedacht - die aber keinerlei finanzielle Auswirkungen hatten.
Eckermann stirbt bitterarm im Alter von 62 Jahren. Er wird neben der Fürstengruft in Weimar auf dem Historischen Friedhof beigesetzt.
 
Es ist ein Bild eines sehr begabten Menschen, der durch missgünstige Verhältnisse nie das werden konnte, was er wollte. Eine sehr große Rolle spielte dabei aber auch die frühe Hinwendung zu Goethe, die seine Talente fest banden, zu Lebzeiten des großen Dichters brachte das zwar erhebliche Vorteile für ihn, dafür war er aber sehr an ihn gebunden. Eckermann störte das nicht, weil er Goethe verehrte; dennoch schränkte ihn die persönliche Entscheidungsfreiheit in jenen Jahren doch unbewusst ein.
Gleichartige Verhaltensweisen lassen sich bis in die heutige Zeit mannigfaltig finden. Vielleicht brauchen große Geister auch ebensolche, damit sie an ihnen wachsen können?

©2022 by Pan

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Kommentare (2)

Syrdal


Auch wenn der Altersunterschied zu damaliger Zeit zumindest als enorm bezeichnet werden darf, trifft hier im positiven Sinne das Sprichwort zu: Gleich und gleich gesellt sich gern.
Eckermanns hohe, ja durchaus bewundernde Wertschätzung gegenüber dem vielseitigen und lebenserfahrenen „Altmeister“ ist ihm nicht nur drängendes Bedürfnis, es ist zugleich eine sich mehr und mehr vertiefende (gewisse) Abhängigkeit, die einerseits bei Eckermann über Jahre eine ausgeprägte Fixation bedeutete und ihn am Fortgang seiner eigenen Kreativität einengte, andererseits ihn für Goethe zur wichtigen „Reibefläche“, zum intellektuellen Gesprächspartner avancieren ließ, was letztlich dazu führte, das Goethe ihm die zwar für die deutsche Literatur überaus wichtige, zugleich aber auch höchst aufwändige Nachlassbetreuung seines umfangreichen Literaturschaffens anvertraut hat. - Mir drängt sich hier die Frage auf, ob das literarische Werk des „Großen Meisters“ ohne Eckermanns nachträgliche und sehr umsichtige Sachwaltung die hohe und auch nachhaltige Wertschätzung erhalten hätte, die Goethes Werken bis heute zugesprochen wird.
Wenigstens hat Eckermann in unmittelbarer Nähe von Goethe seine ewige Ruhestätte gefunden.

Mit Grüßen
Syrdal

Pan

Lieber Syrdal - dem ist nichts hinzuzufügen!
Besonders Dein vorletzter Absatz ist m.E. voll richtig!
Wie war das nochmal mit dem Propheten im eigenen Lande?
grüßt 
Horst


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