Von Rübezahl bis Müggelseeperle


Wenn du glaubst, ich erzähle da etwas aus dem Riesengebirge, dann muss ich dich enttäuschen. „Rübezahl“ ist, war und wird umgebaut eine Ausflugsgaststätte an Berlins größtem See, dem Müggelsee, durch den von Süden herkommend die Spree das Wasser liefert. Und die kommt nicht aus dem Riesengebirge. Den Namen „Rübezahl“ haben Menschlein mit Geschäftssinn und Fantasie für das Unternehmen ausgedacht. Und das besteht schon ewig und drei Tage.

Heute Morgen haben wir so gedacht, dass wir doch einmal nicht rüber nach Friedrichshagen, da zum Nordufer des Müggelsees fahren sollten, sondern, wenn wir nach dem Mittagessen dorthin aufbrechen, steht zum Knipsen der Herbststimmung die Sonne falsch, also doch mal auf die Südseite des Sees fahren oder gehen. Nicht mit dem Auto – das machen doch zu viele bei dem schönen Wetter, seit sich die Herbstnebel verflogen haben – wir nutzen unsere Abo65+Karten und lassen uns von der BVG so nahe wie möglich heranbringen.

Also brachten uns Straßenbahn und Bus mit einigem Umsteigen in die „Köpenicker Bürgerheide“. Der letzte Abschnitt der Fahrt wurde im X69 entlang dem Müggelheimer Damm zurück gelegt. Ausstieg bei der Haltestelle „Rübezahl“. Die Karte im Berliner ADAC-Taschenatlas weist da eine Nebenstraße aus, die schnurstracks an das Ufer des Müggelsees führt.

Links und rechts des Weges hatten Besucher ihre Benzinkutschen auf Parkflächen abgestellt. Man ging zu Fuß fast in Kolonnen: es war Samstag, wie gesagt bombiges Wetter – da blieb niemand zu Hause. Natürlich ritten viele Leutchen ihr „Byke“. Man asphaltierte dafür schon Rad- und Scater-Wege.

Tja, das alte Gasthaus war weg. Ein Bauzaun grenzte die Fläche ab, wo wohl der Neubau entstehen soll. Das „wegge“ Gasthaus war in einem großen Bierzelt untergebracht. Es gab Leute, die da einkehrten – die haben da sicherlich Kaffee und Kuchen. Aber dafür waren wir nicht hier raus gefahren. Und andere wohl auch nicht.

Am See angekommen, verharrten wir eine Weile, schauten auf’s Wasser und hinüber zum anderen Ufer, nach Friedrichshagen. Ein leichter, ganz leichter Dunst lag über dem See, kein sonderlicher Wellengang, eher eine große, spiegelglatte Wasseroberfläche. Aus der Erfahrung heraus deutet das auf weiterhin schönstes Herbstwetter hin.

Wir folgten nach rechtsabbiegend (stromaufwärts) dem Pfad entlang dem Ufer. Immer wieder verleitete uns das herbstlich so wunderschön eingefärbte Laub anzuhalten und Versuche zu unternehmen, diese Eindrücke mit der Kamera mit nach Hause mit zu nehmen. Wir hatten doch Zeit – und die nutzten wir. „Da, das sieht doch einmalig aus!“ – „Schau doch mal das da!“

Eigentlich haben wir heute gar nicht so viele Fotos mit nach Hause gebracht. Wir starrten lange, lange durch die Sucher, ehe uns das vor uns aufwachsende Bild wirklich gefiel, es vielleicht auch einmal ganz groß unseren jetzigen Eindruck noch einmal wiedergibt.

Bis zum Hotel „Müggelseeperle“ sind wir dem Uferweg gefolgt – nicht alleine, es waren noch andere Menschlein unterwegs. Kein Lärm, viel brave Andacht war zu spüren. Niemand wollte des anderen Erlebnisse zerstören. Wir mussten unsere eigenen Gefühle durch immer wieder Händchen halten uns mitteilen.

Der Rückweg zum Müggelheimer Damm führte zur nächsten Bus-Haltestelle. Zurück ging es in Richtung Köpenick. Da erlebten wir das Zusammentreffen von Autoschlangen sowohl nach Berlin rein als auch aus Berlin raus. Der Busfahrer war ein wahrer Künstler, nach längerem Stau sich schließlich links von der Schlange vor ihm vorbei zu „rudern“. Und weil das so weiter nach Schöneweide gehen sollte, wechselten wir frühzeitig in die Tram. Jedenfalls kamen wir besser als mit dem eigenen Auto zu Hause an.

Herbstlaub – nun fällt es aber ganz schön kräftig. Da liegt nun die ganze Pracht. Uns bleiben nun immer mehr die kahlen Bäume übrig. Wieder ein Warten auf neues Grün, bis der Frühling den noch vor uns liegenden Winter vertreibt. Aber heute Nacht gibt man uns erst einmal die im letzten Frühjahr geklaute Stunde wieder.

Und wo geht es morgen hin?

ortwin



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Kommentare (2)

1-Mann-Band Also ich kenne dies noch aus DDR Zeiten (1980er Jahre).
Müggelseeperle war ein Orgelspieler, der ein wenig hochnäsig war, das Glück hatte, eine Orgel zu spielen, die 20000 DM - West kostete und die Möglichkeiten kaum ausnutzte.
Dafür war dann am Müggelturm ein netterer Zeitgenosse, der versuchte mit einem "hochwertigen Erzeugnis unserer Musikindustrie" die Leute zu begeistern und mit dieser 8000 DDR-Mark Orgel irgendwie hübscher musizierte.
Komet Du hast Dir sehr viel Mühe gemacht, um uns auf Deinem Spazierweg zum Müggelsee mit zu nehmen. Ich kenne Berlin und Umgebung zwar nur flüchtig, aber an und um die Seen kann man herrlich bummeln.
Die letzten goldnen Blätter segeln durch das Sonnenlicht.

Viele Grüße Ruth

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