Walnüsse zur Weihnachtszeit


Walnüsse zur Weihnachtszeit

30 Jahre wohnte ich am Forstweg. Es waren mit der Nachbarschaft oft schöne Gemeinsamkeiten. Doch am nächsten fühlten wir uns den Bauern gegenüber, die halt auch ganztags irgendwie immer zu sehen, ihre Arbeit zu erleben war.

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Doch das ist schon ein paar Jahre her, auch die Geschichte, die mir eben einfiel. Ich wohnte noch in GMHütte. Uns gegenüber wurde noch ein innerörtlicher Bauernhof bewirtschaftet. Mein Mann war oft dort, um sich um den neu am Stallgebäude angebauten Wein zu kümmern, dem Bauern ansonsten auch bei der Waldwirtschaft zu helfen, d.h., wenn er den Bauern zum Roden und zu Neupflanzungen begleitete, hatten die Söhne und ein landwirtschaftlicher Helfer Zeit, um in den Ställen oder auf den Feldern anstehende Arbeiten zu verrichten.

Die Bauersfrau, eine gelernte Hauswirtschaftsmeisterin, hatte also viel Arbeit, denn ihr unterlag es neben der Bewirtschaftung der Schweineställe und der Melkmaschine früh morgens sowie abends auch der große Bauerngarten und die Beköstigung ihrer Lieben.

So viel Arbeit lag bei mir zuhause gar nicht mehr an. Unsere Kinder waren ausgezogen, berufstätig und lebten ihr eigenes Leben. Zu der Zeit hatte ich mit meinem Mann auf einer Fahrradtour durchs Warendorfer Umland eine Allee mit Walnussbäumen entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt lagen viele teils noch unreife Walnüsse auf dem Wirtschaftsweg, im langen trockenen Graben und im Rand des angrenzenden Maisfeldes. Unbedacht, dass die Schalen der Nüsse stark färbten, versuchten wir eine Nuss auszuschälen. Fast unmöglich - aber fast schwarze Fingerspitzen nahmen wir mit nach Hause. Auch war es zu verführerisch, schon aufgeplatzen glatten Nussschalen die Nüsse von der Straße zu entnehmen und einzusammeln. Auch eine Woche später lagen noch viele Nüsse im gleichen Bereich, was uns dazu verführte, nun fleißig aufzusammeln.

Dieses Mal aber hatte ich einen Plan. Die frischen Walnüsse waren so lecker, dass ich mir ein Plätzchen-Rezept mit Marzipan, eben Walnüssen und Schokoladenüberzug gesucht hatte. Und die Plätzchen schmeckten genauso lecker, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es weihnachtete ja schon bald, Zeit rechtzeitig mit der Plätzchenbackerei zu beginnen.

Zu Nikolaus waren unsere Kinder nicht zu erwarten. Aber ich hatte so viele Nüsse zu leckeren Plätzchen verarbeitet, dass mir spontan einfiel, ich könnte – nur der fleißigen Bäuerin Mechthild – ein hübsches, sehr großes Weinglas mit meinem Weihnachtsgebäck bringen. Sie war stets damit beschäftigt, ihre Lieben auch in dieser Hinsicht zu verwöhnen. Obendrein ließ sie sich immer wieder etwas für die Kinder einer Schulklasse der nahen Grundschule im Verlauf des Jahres einfallen, als besonderes Schmankerl für den Sachunterricht …

Dieses Mal sollte nur sie etwas „vom Nikolaus“ bekommen. Ich füllte dieses schöne große Glas mit vielen Walnuss-Marzipan-Plätzchen, mischte noch ein paar andere Plätzchen-Kringel mit hinein und verpackte das gefüllte Glas in einer weihnachtlichen durchsichtigen Sternen-Folie. Ein goldenes Schleifenband machte den optischen Eindruck perfekt. Als Ergänzung hatte ich mir von meiner Tochter einen großen Jahreskalender für das kommende Jahr mit den Drucken meiner selbst fotografierten Blumen erstellen lassen. So gerüstet ging ich zur Bäuerin.

Mechthild war total überrascht, dass nun sie ganz allein zu Nikolaus so beschenkt wurde. Um den Kalender anzuschauen, hatte sie kaum Zeit, und das Glas mit den Leckereien, die fast aussahen wie Pralinen, die es so bei ihr bislang nicht gab, weil ihr einfach die Zeit für solch aufwendige Arbeiten fehlte, stellte sie gleich oben in ein Regal, damit ihre Lieben nicht einfach so im Vorbeigehen mal eines der Leckereien mitnähme.

Tage später bekam ich mit, dass sie sehr sorgsam mit den Bäckereien umging. Der älteste Sohn saß an seiner Studienarbeit und stöhnte über Erschöpfung und Müdigkeit. „Nimm dir eins von Uschis Plätzchen, dann geht es Dir wieder besser!“ hörte ich sie sagen. Und der junge Mann durfte sich – aber nur – ein Plätzchen nehmen ...

 


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Kommentare (4)

nnamttor44

Allen Herzchengebern meine 💕lichesten Dank und Allen noch eine schöne Adventszeit wünscht

Uschi

Muscari


Liebe Uschi,

das ist eine schöne Geschichte zum Nikolaustag.
Ich kann mir gut vorstellen, dass die Bäuerin große Augen gemacht hat, an diesem Tag so lecker beschenkt zu werden. Klar, dass sie sehr sparsam damit umging.
Mit Dank und herzlichem Gruß von
Andrea
Und vor allem alles Gute für die Gesundheit !

Syrdal


Immer nur ein einziges Plätzchen zu nehmen pro Tag, war in meiner Kindheit ganz normal, denn es gab nach dem Krieg so gut wie nichts. Also war es immer der „Höhepunkt des Tages", wenn dann gegen Abend ein Plätzchen vom Weihnachtsteller genommen werden durfte. Auf diese Weise reichten die wenigen Plätzchen, die Mutter wer weiß wie „gezaubert“ hatte, bis zu Neujahr.
Diese Sparsamkeit bei weihnachtlichen (und allen) Genüssen hat sich mir ein Leben lang erhalten, was ich nie als Einschränkung empfunden habe. – Es macht halt jeder so, wie er es gewohnt ist…


Habe deine „Geschichte aus dem wahren Leben“ gerne gelesen.

Einen schönen 2. Advent – vielleicht mit einem süßen Weihnachtsplätzchen – wünscht mit Grüßen zu diesem Sonntag
Syrdal

nnamttor44

@Syrdal  
Zur Zeit sind Süßigkeiten für mich Gift. Mein Magen sträubt sich mit Sodbrennen dagegen - Chemo machts möglich.

Aber als Kinder, nachdem unser Vater ein zweites Mal geheiratet hatte, hab ich lieber die Nüsse vom Teller gegessen und sie gegen meine Süßigkeiten mit meinem gleichaltrigen Stiefbruder getauscht.

Auch meine eigenen Kinder haben später eher eine saure Gurke angenommen als eine Tafel Schokolade. So unterschiedlich sind halt die Geschmäcker ...

Danke für Deinen Kommentar mit den Erlebnissen, wie Du sie als Kind erfuhrst. Wir haben den Nikolaustag mit einer selbst gebackenen Pizza genossen.

Uschi

 


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