Weihnachten und die Zeit davor


Die Läden konnten es nicht erwarten, endlich ihre schon im Sommer ausgestellten Waren jetzt lauthals als nur für Weihnachten bestimmt anzubieten. Und doch, mit jedem Adventssonntag, ob verkaufsoffen oder nicht, steigerte sich die Stimmung in Richtung Weihnachtsfest. Und die erfasst einen doch, so etwas in Melancholie und Nachdenklichkeit.

Früher, als ich noch (nur) Vater war, habe ich im kalten ungeheizten Keller gebastelt, zuerst einen Kaufmannsladen, habe ihn auch recht bunt angepinselt, wobei die Farbe gar nicht trocknen wollte. Und so ein Laden braucht doch Einrichtung und Ware. Nein, nein, ich nasche nicht den Puffreis oder vom Marzipan – ich könnte mich doch nicht bremsen. Die beiden Mädchen hatten das Weihnachtsfest so viel zu tun, zu spielen, das Kaufen und Einpacken – ich durfte knipsen und dann die Bilder in der abgedunkelten Küche entwickeln.

Und wieder ein anderes Weihnachten gab’s ein Puppenhaus. Ein Tisch, einfach vier keglige, schräg nach außen abstehende Beine unter einer Sperrholzplatte 1,20 Meter mal 1,20 Meter. Darauf ein gleichgroßes Haus, zweistöckig, Flachdach, und vier Räume je Stockwerk, ein Treppenhaus, ein Badezimmer, eine Küche. Immer eine Außenwand der Räume fehlte, wechselseitig, so dass die Mädchen so bequem an jedes hübsch eingerichtete Zimmer gelangen konnten. Ein Raum barg einen Transformator, denn die Räume hatten doch Deckenleuchten und andere Lampen, die mit Batteriestrom betrieben wurden.

Wenn man so etwas dann zum Gabentisch beistellt, erlebt, wie sich die Kinder heranwagten, eifrig spielten und kaum müde wurden, dann freut man sich, dass diese Überraschung gelungen ist und Freude bereitet hat. Man sieht ihnen zu und vergisst dabei, dass man selbst auch eine Abteilung auf dem Gabentisch zu besichtigen hat.

Wenn dann die Lichter am sorgfältig geschmückten Weihnachtsbaum brennen, sind die kleinen Unstimmigkeiten vor dem Feste vergessen, man hält daran nicht fest. Einfach abwarten, bis das letzte, überflüssig gewordene Weihnachtspapier eingesammelt und abgeführt ist. Schließlich kam von den Eltern wieder ein Buch über mein Berlin, ich hatte etwas Schönes zu lesen.

Mein Bub war drei Jahre alt, als ich nicht mehr nach Hause kam. Wie sehr hatte ich mir gewünscht, mit ihm an der Eisenbahn zu basteln, er durfte es nicht. Seine kleinere/große Schwester, die zwölf Jahre älter als er war, die machte mit, fuhr mit ihrem Zug auch schon mal meinem Zug in die Flanke – Testergebnisse!

Die jüngste Tochter, mit der ich lange Zeit alleine war, war eifrig dabei, die Teile der aus Plastik zu bauenden Häuser von den Gussbahnen zu trennen, wir klebten die Häuschen zusammen, eine ganze Stadt entstand. Alles ruht verpackt, seit Jahren, im Keller. Das Kinderzimmer in meiner Wohnung böte jetzt Platz, eine hübsche kleine Stadt zu installieren.

Au, verdammt, die Kinder sind erwachsen, haben ihren eigenen Lebenskreis. Sie feiern die Weihnachten schon eine ganze Weile für sich. Die Enkel sind so groß, dass ein Basteln und Spielen auch nicht mehr in die Zeit passt. Wie schade.

So bleibt nur noch die Erinnerung an das weihnachtliche Basteln, an das Erleben der strahlenden Kinderaugen. Und auch an die Gespräche – die Flatter-Rate macht’s möglich – über die Erinnerung der Kinder an diese seligen Zeiten.

Frohe Weihnachten!



ortwin

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Kommentare (2)

christl1953 Weißt du Ortwin,es ist ein großes Geschenk,daß man diese Erinnerungen noch so wach werden lassen kann.Es ist wie wenn das alles nicht so ferne läge!man kann jedes Detail davon erzählen.Och es war wunderschön! Man möchte solche Zeiten den jungen Menschen von heute wünschen! Noch ein langes frohes Erinnern und für das Neue Jahr viel Glück und besonders Gesundheit und viel schöne zeiten mit deiner lieben Frau wünsche ich dir von herzen.berta
ortwin Vor Weihnachten war immer Emsigkeit im ganzen Haus.
Da wohnten wir noch in Berlin. Die Küche war verschlossen, und doch haben wir etwas beim Türöffnen gesehen: da stand was auf dem Grudeofen - angeblich ein Vogelhäuschen.



Das war's! Der Bahnhof, der Bahnübergang und, und, und.

Jahre später, da draußen in Eichwalde: wir standen in unseren Nachthemden vor der verschlossenen Esszimmer-Tür, weil da so ein sirrendes Geräusch nach oben zu hören war. "Das ist die Weckuhr für die Hühner im neuen Hühnerstall!" Fromme Lügen - es war die elektrische Lokomotive. Und nach dem Fest, 1938, wurde das ganze Schienenmaterial "elektrifiziert", bekam aus alten Spur 1 - Gleisen die Mittelschiene montiert.
ortwin

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