Weißt du es, mein Bruder...

Weißt du es, mein Bruder...
Lieber Bruder, denk ich an Deutschland,
drängt sich mir vieles in den Sinn,
mit der Geburt ich hier Heimat fand,
in der ich fest verwurzelt bin,
umgeben von Menschen meiner Art
und mit Dir, Bruder, eng verwandt –
dies alles ist tief in mir verwahrt
als Bindung an mein Heimatland.

Denk ich an Deutschland, seh ich Landschaft,
Berge, Wälder, Flüsse, Auen,
überall Menschen, die voller Kraft
rundum Wunderbares bauen,
mit besten Kenntnissen ersonnen
und bald als nutzbringend erkannt –
so haben alle viel gewonnen,
all die Menschen im Heimatland.

Lieber Bruder, denk ich an Deutschland,
befällt mich aber auch Wehmut,
denn ich habe mit Schmerzen erkannt,
nicht alles ist noch recht und gut,
weil auf der Obrigkeit Geheiß
manch Nachlässigkeit Einzug fand,
so vieles fährt deutlich auf Verschleiß
wohin man sieht im Heimatland.

Denk ich an Deutschland, wird mir bang,
weil mich Sorgen sehr bewegen,
weißt du es, mein Bruder, wie lang
werden wir noch friedlich leben
ohne Bedenken, ohne Gefahr
für weiterhin festen Bestand
uns‘res Landes wie es bisher war,
als Lebenshort, als Heimatland?
© Syrdal 2023
Kommentare (14)
@indeed
Liebe Ingrid, was sollte ich zu all dem, was du mit spürbarer Sorge, aber auch mit heftiger Anklage dargelegt hast, hinzufügen… Es sind ja doch all dies auch meine Gedanken, Bedenken, Sorgen und freilich auch Hoffnungen.
Wir – unsere Generation – hatte nach dem unseligen Weltkrieg die sich mehr und mehr festigende Meinung, dass es nie wieder die Wahnsinnssituation eines Krieges geben könnte, wie wir sie nun doch mit unbegreifbarem Schrecken erfahren müssen. Da hatten wir volle sieben Jahrzehnte einen sich langsam aufbauenden Frieden und nun kommt wieder so ein Verrückter daher geschritten und schickt sich an, Europa oder sogar die ganze Welt zu zerschlagen. Eigentlich müsste er einen rechtsseitigen Scheitel und einen gestutzten Schnauzbart tragen oder auch rote spitze Hörner an den Schläfen, damit die grässliche Erscheinung für jedermann erkennbar wird. - Die einzige Genugtuung mag da noch sein – du hast es beschrieben – dass auch die kleine Truppe der sich zunächst in einen Bunker verkriechenden Schergen keine Freude an all dem haben wird, was sie mit dem Druck auf den Roten Knopf bewirken werden. Das (Über-)Leben auf einem verstrahlten Terrain wird sie mit Beulen und krebsiger Pest belohnen, weit schlimmer noch, als im Atomblitz in weniger als einer Sekunde zu verglühen.
Mit stockendem Herzen aber denke ich vor allem an unsere Kinder, Enkel und… Was werden sie erleiden müssen? Was erleiden jetzt schon die vielen Männer an den Fronten, die vielen geschundenen Menschen in den zerbombten Städten und in den „eroberten“ Gebieten. Nicht auszudenken!
Wie soll ich da noch mit Freude oder auch nur mit Hoffnung grüßen…
...fragt wortlos
Syrdal
Wie Recht du hast, lieber Syrdal, Deutschland ist schön.
Wenn ich die wunderschönen Fotos sehe, kommt auch bei mir immer etwas Wehmut auf. Thüringen , das Elbsandsteingebirge oder die schöne Insel Rügen kenne ich schon seit meiner Kindheit, wir waren sehr oft dort und immer habe ich schöne Erinnerungen.
Heute jedoch ist vieles nicht mehr schön..., viele, zu viele Menschen überall, das Schöne und die Geheimtipps sind verschwunden, werden regelrecht bevölkert. Es lohnt oft nicht mehr und total überteuert ist es auch noch.
Zweifel auf..., wohin wird das Schiff Deutschland noch schlingern, wird es den Unwirren der Zeit standhalten können...?
Bewahren wir uns die schönen Erinnerungen!
Kristine
@werderanerin
Liebe Kristine, wir hatten und haben das unsägliche Glück, in überall sehr schönen Landschaften leben zu können. Und ich denke, wir haben das auch ganz bewusst in uns aufgenommen.
Leider ist jetzt wirklich fast all das Schöne überlaufen, vermarktet und oft auch unschön „modernisiert“ (ganz schlimm Rügen!) .
Wohin das „Schiff Deutschland“ künftig fahren wird, vermag ich mir gar nicht vorzustellen. Ich hoffe nur, es geht glimpflich aus.
Danke für Deine „Erinnerung an die schönen Erinnerungen“!
...sagt mit heimatverbundenen Grüßen
Syrdal
Lieber Syrdal,
ich möchte "Annette von Dröste- Hülshoff" zur Hilfe nehmen:
"Wo man am meisten fühlt, weiß man am wenigsten zu sagen."
und mich gerne allen Kommentaren sehr anschließen.....
mit herzlichem Dank
und "hoffenden" Gruß
Renate
@ladybird
Das, liebe Renate, kann ich gut nachvollziehen, geht es mir doch recht oft so. Und auch bei diesem Gedicht bleiben viele Fragen offen. Doch begeben wir uns in die Welt der Hoffnungen, denn sie ist das Letztvergehende…
Mit Dank für deine erinnernde Verbindung zu dem weisen Aphorismus von A.v.Droste-Hülsoff grüßt aus gerade niedergehendem Schneesturm
Syrdal
So wie Du, lieber Syrdal, werden sich nicht nur unsere Landsleute um das Wohlergehen der Menschen im eigenen Lande sorgen.
Es wird wenige geben, die sorglos durch den Tag gehen. Unsere Zeit ist zwar unsere Zeit und doch hätten wir sie lieber ohne eine Bedrohung durch einen brutalen, unberechenbaren Gewaltherrscher bedroht gesehen.
Es gebe Gott; dass es nicht eskaliert..
Dankende Grüße
Luzie
@lillii
Viele, sehr viele… zu viele Menschen, liebe Luzie, müssen sich nach langen Jahren friedlicher Zeit urplötzlich wieder um das tagtägliche Wohlergehen sorgen. Gibt es denn nicht schon genug Probleme durch die Bedrohungen der Natur, durch den alles zerstörenden Raubbau und durch das ungezügelte Genussverlangen der wohlstandsabgehobenen Reichen? Und nun kommt da ein absolut Verrückter Potentat daher und will die unselige Geschichte und gleich noch die ganze Welt zurück drehen, selbst wenn es die Zerstörung des gesamten Lebensraumes bedeutet… Da ist Dein Ausruf nur allzu richtig: „Es gebe Gott, dass es nicht eskaliert!“ Doch bange ich um unser aller Kinder und Enkel…
...und kann und kann nicht ruhig werden!
Syrdal
Lieber Syrdal,
Deine Gedichte lese ich, seit ich sie entdeckt habe, sehr gerne. Sie sind stets interessant, feinfühlig und fordern einem zum Nachdenken auf. Nicht immer kann ich etwas beitragen, wobei der letzte Absatz des Gedichtes viel Unangenehmes hinter dem "Fragezeichen" verbirgt, worüber man nicht all zu lange nachdenken, sondern an die Hoffnung glauben sollte.
Vielen Dank und
liebe Grüsse von Jutta
@Jutta
Lieber Jutta, sei herzlich bedankt für deine Einlassung auf dieses Gedicht, das in der Tat ganz so, wie du es empfunden und dargelegt hast, über eine nahezu liebevolle Schilderung der heimatlichen Verwurzelung hinführt zu unverzeihlichen Nachlässigkeiten und Versäumnissen bis schließlich zu den gegenwärtigen Bedrohungen und also auch zur offen bleibenden Ungewissheit hinsichtlich unser aller Zukunft… Wer denn kann noch ruhig schlafen und in unbeschwerter Heiterkeit durch die Tage schlendern? Es bleibt uns aber leider bei allen belastenden „Fragezeichen“ nur die Hoffnung auf… ja, worauf eigentlich noch? Darauf habe auch ich keine Antwort.
Dennoch grüßt in verbleibender Hoffnung auf einen rundum guten Ausgang mit Dank für Deine nachdenkliche Betrachtung
Syrdal
Lieber Syrdal,
Deine Verse gehen mir irgendwie zu Herzen und erinnern mich ganz entfernt an Heinrich Heine.
Hier meine Abwandlung der Verse von Heinrich Heine:
Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann die Augen kaum noch schließen,
weil heiße Tränen könnten fließen.
Jedoch durch meine Fenster bricht
des Frühlings heitres Tageslicht;
Es kommt die Sonne früh am Morgen,
Und lächelt fort die deutschen Sorgen.
In diesem Sinne ein Danke
verbunden mit einem lieben Gruß von
Andrea
@Muscari
Lieber Andrea,
ja, bei meinem Gedicht gibt es durchaus eine gedankliche „Anleihe“ bei Heines berühmten Gedicht. Zwar geht es bei ihm vorrangig um die Sehnsucht nach der schon so lange nicht gesehenen Mutter, aber auch eine kritische Betrachtung zur damaligen Zeit zieht sich durch seine bewegenden Strophen.
Trefflich nun ist Deine „Anlehnung“ an beiderlei Inhalte, die ich gerne aufnehme, denn auch ich wünschte nur allzu gerne:
und lächelt fort all meine Sorgen!
Für diese feine Betrachtung dankt dir
mit abendlichen Grüßen
Syrdal
denke ich an deutschland
hoffe ich, dass es auch weiterhin
heimat für alle bleibt die hier wohnen wollen
lieber Syrdal
mit herzlichen grüße
hade
@protes
Lieber hade,
mit deinen Worten unterstreichst du ganz mein Denken, Wünschen und Wollen.
Danke und liebe Grüße
Syrdal
Ich habe lange überlegt, ob ich hierzu kommentieren sollte, lieber Syrdal.
Vorab möchte ich mich herzlich für die wunderschönen Fotos bedanken, die trefflich zu dem Kontext passen.
All diese Motive durfte ich auch in Natura anschauen und bewundern. Das ist aber schon gut 30 Jahre her.
So hat ein jeder seine ganz besonderen Erinnerungsbilder. Aber darum geht es hier eigentlich nicht.
Ich denke, du wolltest damit deine Verbundenheit zum Lande unterstreichen und die wird wohl fast jeder haben, egal, wo immer er gelebt hat oder noch lebt.
Die Wehmut, die aus deinen Zeilen heraus zu lesen ist und auch die Sorge was kommen kann/wird ist der eigentliche Grund dieses Blogs - oder?
Für meine Person habe ich die gleichen Bedenken und auch Sorgen. Mir liegen auch die Kinder und Enkel sehr am Herzen.
Wir bitten viel darum, das mehr Frieden in die Herzen der Menschen einkehren möge. Gleichzeitig kommt mir dann der Gedanke, dass wir einen freien Willen haben. Also muss es an uns liegen. Im unmittelbaren Umkreis können wir es auch, aber es sind dem Grenzen gesetzt. Insofern bleibt es bei der Hoffnung?
Manchmal möchte hinaus schreien, gerichtet an die Agressoren, die sich anmaßen für ihre Ziele und Pläne über viele Leichen zu gehen. Krieg ist für mich immer ein Verlust, der keine Grenzen kennt. Ich denke an alle Mütter und Väter, die ihre Söhne als Kanonenfutter hergeben müssen. Ich denke an die vielen Waisenkinder, die ihre Eltern oder zumindest einen Elternteil verloren haben oder verlieren werden.
Und es macht mich wütend, dass gewisse Leute die Möglichkeit haben, nur einen Knopf zu drücken und die Welt ist atomar verseucht. Selber sitzen sie aber in speziellen Bunkern mit allem drum und dran, dass es ihnen und ihren Lieben gut geht. Aber sie vergessen, diese Sicherheit wäre dann auch nur eine temporäre.
Die Welt brennt wieder einmal und das stimmt mich sehr traurig.
Dennoch, lassen wir uns nicht unterkriegen. Passen wir gut aufeinander auf.
Mit lieben Abendgrüßen von
Ingrid