So langsam schleichen sich die ersten Sonnenstrahlen durch die undurchsichtige Scheibe des Badezimmerfensters, versuchen sich in der Duschkabinenwand zu spiegeln, blenden heute Morgen mein Spiegelbild.

Doch das stört mich nicht wirklich, ich genieße nun die aufgehende Sonne. Jetzt bin ich froh, endlich das Druckgefühl in der Brust nicht mehr zu spüren, das mir der frühe Stress – eine gute Stunde zuvor – bereitet hat.

Vor knapp zwei Jahren zog ich hier ein. Eine kleine Seniorenwohnung, ebenerdig, kein Keller, kein Giebeldach, ein Schlaf-, ein Wohnzimmer mit einer kleinen Terrasse mit Blickrichtung nach Westen, wo sich die Sonne abends über dem großen Gartenbereich verabschiedet. Bad, Flürchen und eine klitzekleine Küche sowie ein kleiner Vorratsraum = Kellerersatz, der nicht mal Garagengröße hat, ergänzen die 48 qm zu einer Altenwohnung.

Ich wollte mich hier wohlfühlen, nahe dem Lebensraum meiner Tochter mit ihrer Familie. Das gelang mir auch, bis … Ja, bis es eines Nachts um drei Uhr an meiner Haustür klingelte!! Ich hatte nicht geträumt!

Dieses hässlich schrappende Klingelgeräusch gibt es noch immer als meine Klingel. Anfangs wollte ich mir eine harmonischer läutende Türklingel anbringen lassen, aber inzwischen habe ich einen baldigen Auszugstermin in den nächsten Monaten. Gäste, die mich besuchen wollen, werden mich nicht mehr mit so einem schrecklich schrappenden Geräusch hochscheuchen!

Im Verlauf dieser knapp zwei Jahre schaffte es ein „Mäusejäger“??? inzwischen fünf Mal, mich nachts mit seinem Spielchen aus dem Schlaf zu holen. Einmal zu Nikolaus, zu Silvester, dann zu Karneval und jetzt in der „Corona-Zeit“, wo man Angst hat, ob seinen Lieben etwas geschehen ist.

Bislang war der Mäusejäger jeweils so gegen drei bis vier Uhr hier unterwegs. Ich vermutete, es könnte ein angetrunkener Jugendlicher, der – nach einer Party?? – sich vom Bahnhof aus über den Schleichweg, der durch den hiesigen Gartenbereich, an 30 Meter Hecke entlang, wo er dann an einem kleinen Kiefernwald entlang über eine große Wiese seinem Zuhause von hinten anschleichen kann, ungesehen von seinen Angehörigen. Oder kann ein dementer Mensch nachts keine Ruhe finden und irrt hier herum? Einmal sah ich hier nachmittags eine alte Dame, die diesen Abkürzungsweg an meinem Zuhause zu ihrem hinter der großen Wiese nahm ...

Heute schellte es um sechs Uhr! Klar bin ich nicht schnell genug aus dem Bett, um eventuell einen Blick auf den Störenfried zu erhaschen. Das Alter lässt mich nicht mehr aus dem Bett hüpfen, wie eine 20-Jährige. Zwei Wirbelsäulenoperationen im vergangenen Jahr handykappen mich immer noch. Bis ich die Haustür aufgeschlossen habe, ist dieser Lümmel längst im Schatten der Hecke und der Kiefern verschwunden.

Dennoch geht mir jedes Mal durch den Kopf: war das wieder nur so ein Tunichtgut oder wollte da jemand ausprobieren, ob Hausbewohner fest schlafen, damit eingebrochen werden kann??? Ich lausche unwillkürlich eine ganze Zeit lang, ob ich klirrendes Glas höre oder irgendein Rumpeln … und das - natürlich - ohne Hörgeräte!

Eine über achtzigjährige Nachbarin erzählte mir vor einiger Zeit, dass sie beim Querlüften plötzlich einem Mann gegenüber stand, der sich in ihr gleich großes Häuschen geschlichen hatte und auf der Suche nach Wertvollem zu sein schien. Klar, nachdem er ihr gegenüber stand, gab er Fersengeld. Solch eine Geschichte kommt dann durchaus schon wieder hoch, wenn man nachts derartig geweckt wird. Ich bin kein ängstlicher Typ, aber ich möchte es doch nicht erleben, nachts überfallen zu werden.

Ich wohnte mit meiner Familie noch in unserem eigenen Haus, als – auch gegen drei Uhr nachts – ein volltrunkener Mann bei uns klingelte, nicht nur einmal, sondern mehrfach, so dass ICH – nicht mein überaus mutiger Mann – aus dem Bett in meinen Morgenrock geschlüpft war und die Haustür öffnete. „Ich klau jetzt Ihren Wagen, den Sie nicht abgeschlossen haben und fahre damit nach Hause!“ erklärte er mir. Ich reagierte so leichtsinnig wütend, schubste ihn von der Tür weg und erklärte ihm, dass ich jetzt die Polizei benachrichtigen würde. Zum Glück gab er schnell klein bei und suchte das Weite! Und ich ging hin und schloss noch unseren Pkw ab, den mein Mann so unverschlossen abends vor der Garage hatte stehen lassen.

Es kam immer wieder vor, dass er die Garagen- und Gartentüren offen stehen ließ, gleichzeitig auch das Wohnzimmer lüften wollte und dort die Terrassentür sperrangelweit aufstehen ließ, dann aber für Stunden in seinen Hobbykeller verschwand, während ich nachts auf dem Sofa vor dem TV eingeschlafen lag, bei freiem Eingang für Jeden, für Motten, Mücken und Mäuse … Aber als der Neubau ein paar Jahre zuvor fast bezugsfertig war, nahm er zu seinem Schutz unseren vierzehnjährigen Sohn und seine Kleinkaliberpistole mit!!

Bislang bin ich von einem tatsächlichen Einbruch verschont geblieben, aber heute im Alter macht mir solch ein nächtliches, überflüssiges Pingeln doch Stress, Brustdruck, der erst nach Stunden so langsam weicht, wenn die Empörung verschwindet … Oder war das heut Morgen nur ein Aprilscherz???
 


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Kommentare (2)

Christine62laechel

Das ist einfach Schweinerei, entschuldige bitte das Wort. Wenn ein Kind, sollte es scharf getadelt werden. Wenn ein Erwachsener - na ja, schwer zu verstehen... Solche Erwachsene gibt es aber heutzutage; Effekt der Stressfreien Erziehung, nicht wahr?

   Liebe NNamttor, ich wünsche Dir eine ruhige Nacht heute, und dass sich so etwas nie mehr wiederholt :)

Mit besten Grüßen
Christine
 

nnamttor44

@Christine62laechel  
Liebe Christine!
Derzeit sind schulfreie Zeiten. Ich weiß nicht, zu welchen Taten sich Teenager aus Langeweile hinreißen lassen. Den Stress der vergangenen Frühstunden hab ich ja relativ schnell verdrängen können.

Dennoch bleibt einem die Grübelei, wer so etwas macht. Aber nicht mehr lange, dann wohne ich in einem anderen Ortsteil, wo es keine Nachbarn mit dementen Angehörigen oder übermütigen Teenies gibt. Die Kids dort sind im Alter von 1/2 bis acht Jahre. Und ich werde nicht mehr allein im Haus wohnen.

In meinem alten Zuhause hatten wir eine Fotosammlung der Hunde der Familie, ein Bernhardiner-Mischling, zwei Schäferhund-Husky-Rottweiler-Mischlinge und unser schwarzer Dackel-Pudel-Mischling im Hausflur hängen, gut einsehbar durch das Fenster an der Haustür. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, es hält "Strolche" von unsinnigen Störungen doch ein wenig ab ...

Ich denke, die heutige Nacht könnte wieder ruhig werden. Danke für Deine Grüße und

bleib gesund wünscht Uschi


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