wie ein recht oberflächliches Kind den Italienurlaub erlebte

Autor: ehemaliges Mitglied

Zu meiner Freude sehe ich im Internet, daß es das Gasthaus "Casa Beust" in Torbole noch gibt! Und es sieht immer noch so aus, wie damals, als ich mit Vater dort wohnte. Er hat es übrigens auch gemalt; das Bild hängt bei meinem Bruder.

Ich freu mich immer, mal was zu sehen, das sich n i c h t geändert hat!
Jetzt hat nur noch gefehlt, daß vor dem Haus der Kellner Franco stand, das Objekt meiner jugendlich-schüchternen Liebe. Der dürfte inzwischen 70 sein!

Er war eine Art Faktotum im Casa Beust; außer Kellnern hatte er weitere Aufgaben. Am interessantesten war's wenn er die Fußböden bohnerte! Dies geschah, indem er mit beiden Füßen das Bohnertuch hin-und herbewegte und sich derart "tanzend" durch den Raum arbeitete! Faszinierend!

Ich war 13 und kein Kind mehr, sondern Teenager! Eitel, egoistisch, verwöhnt, besserwisserisch und launisch! Mein armer Vater! Der sah sich auf einmal genötigt, patriarchalische Züge anzunehmen, was ihm überhaupt nicht lag! Aber er meinte eben, nun verstärkt auf mich aufpassen zu müssen. Dabei war der Höhepunkt meines "Liebesverhältnisses" mit Franco ein gemeinsames Federballspiel im Garten des Casa Beust!

Viel wichtiger war, daß ich auf Papa aufpaßte! Zur Reisegesellschaft gehörten nämlich auch 2 uralte Damen, so um die 30, eine davon flirtete mit dem ebenfalls uralten Bademeister, die andere saß oft mit meinem Vater zusammen. Für meinen Geschmack unziemlich oft!!!

Wir hinderten uns also gegenseitig an einer unschicklichen Vertiefung unserer Urlaubsflirts und paßten erfolgreich aufeinander auf!

Und waren stolz darauf, wenn wir unterwegs die Blicke der Italiener und der Touristen auf uns zogen. Wenn ich unsere Dias von damals sehe, muß ich sagen, wir sagen "voll cool" aus, wie man das heute nennen würde. Ich mit Pferdeschwanz, weißem Leinenkleid oder weißen Dreiviertelhosen und ärmelloser knallroter Leinenbluse, Papa mit italienischem gestreiften Hemd und Sonnenbrille - und die dunklen Haare trug er auch nicht mehr so schrecklich kurzgeschnitten wie zu Hause!

Torbole selbst bot außer dem Schwimmbad und dem Garten (und Franco und Papas "Flamme") auf Dauer wenig Abwechslung. Darum machten wir viele Ausflüge. Wir ließen uns von "Mecki" zu den nähergelegenen Orten – wie z.B. Malcesine – rudern. "Mecki!", so wurde er von unserer Reisegesellschaft gennant, war ein dicker Bootsbesitzer, der ständig nach Schweiß und Tabak roch und immer eine bauchige Rotweinflasche bei sich hatte, aus der er sich ausgiebig bediente.

Wir machten auch eine von der Reisegesellschaft organisierte Tagesfahrt rund um den Gardasee mit und bewunderten die südlichen Orte, die ganz anders aussahen als Torbole oder Riva!

Einmal waren wir auch in Venedig, ich diesmal im hellblauen Leinenkleid und mit italienischem Modeschmuck angemustert (war so von meiner eigenen Person erfüllt, daß ich die Sehenswürdigkeiten nur peripher wahrgenommen hab. Schlimm!)

Ein Ausflug ging in die italienischen Alpen, nach Madonna di Campiglio. Dort überkam uns ein bißchen "Heimweh" nach "richtigen" Wäldern, wie wir sie vom Sessellift aus sahen, mit dem wir zum Gletscher fuhren. Aber ich war's gewesen, die mal woanders hin gewollt hatte als ins Siebengebirge oder in den Schwarzwald; man kann eben nicht alles haben!

Mich begeisterten die italienischen Kinder! Damals hatten wir noch keine Gastarbeiter in Deutschland, die kamen kurze Zeit später. Der Anblick von dunkellockigen, braungebrannten Kindern war höchst erfreulich! Die hatten in Torbole bald spitz, daß ich sie mochte, und verkauften mir fast täglich Gläser mit Gardaseewasser und darin schwimmenden winzigen Gardaseefischchen. (Die hab ich nachher immer heimlich wieder in den See gekippt).

In der zweiten Hälfte unseres Torbole-Urlaubs traf ich dann doch tatsächlich die Schulkameradin mit den Eltern aus der Bekleidungsbranche (die mit der ersten, dezent karierten Hose, wovon ich bereits erzählt habe). Da waren nun die richtigen Gören zusammen: 2 eitle Teenager, die sehr viel gemeinsam hatten. Und die jeweiligen erwachsenen Begleitpersonen hatten nun ihre Ruhe, denn wir promenierten allein umher und ließen uns bewundern oder schwammen um die Wette!

Gegen Ende des Urlaubs durchstreiften Papa und ich die etwas höher gelegenen Wäldchen in der Umgebung und gestanden uns ein, daß es zwar schön war, aber nichts gegen einen "richtigen" Wald... Und wir nahmen uns für den nächsten Urlaub wieder etwas "waldreicheres" vor.

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