Winter in meiner Heimatstadt


Winter in meiner Heimatstadt

Die erste Winter in der Nachkriegszeit waren oft eisig kalt. Sogar in in späteren Jahren folgenden Wintermonaten gab es immer weniger Schnee in der Stadt, so kalt wurde es immer seltener.

Ich war I-Männchen und der Winter 1951/52 war nicht nur kalt, es gab auch ausreichend Schnee, sogar in der Stadt! Die Schulen waren damals noch nicht mit Heizungen versorgt und so kam es vor, dass die Lehrerin erklärte, es sei zu kalt, um in den Schulbänken sitzend dem Unterricht zu folgen oder auf der damals noch üblichen eigenen kleinen Tafel mit Kreide das Schreiben oder Rechnen zu üben.

Frau Ostermann fragte, ob alle Kinder einen Schlitten hätten und da es (fast) kein Nein gab, wurde ein Treffen vor der Schule vereinbart, von wo aus die Klasse – jedes Kind mit seinem Schlitten – zur nahen Promenade ging. Ganz in der Nähe gab es eine Stelle, wo es das Herunterfahren lohnte. Nur ganz streng wurde verboten, zu nahe an einem Teich herunter zu rodeln. Wenn dort eines der Kinder in die „falsche“ Richtung mit dem Schlitten stürzte, gar im Uferbereich, der nicht so zugefroren war, ins dünne Eis und damit ins eisige Wasser fiele – nicht auszudenken, was da hätte geschehen können. Wir waren als Münsteraner halt Flachlandtiroler!

Foto 85  und den Schlitten allein wieder hochziehen.jpg
Alles ging gut, keinem der Kinder geschah ein Unglück, und alle kehrten mit dem Glücksgefühl, einen schönen Vormittag erlebt zu haben, nach Hause zurück. Da ich aber nicht genug davon bekommen konnte, ging ich allein nachmittags noch einmal in die Promenade zum Rodeln. Klar waren nun auch größere Kinder dort und vor allem die Jungs zeigten, dass sie sehr wohl die zu meidende Abfahrt – die sie Todesbahn nannten – meistern konnten. Mit genügend Schwung während der Abfahrt, die nun durch die viele Schlittenabfahrten schon glatter, nämlich vereist war, gelang es ihnen, einen immer größeren Sprung mit dem Schlitten auf das festere Eis des Teiches zu machen. Sogar ich schaffte es, ohne den Eisrand zum Splittern zu bringen, bis auf die Eisfläche, von der ich dann aber zusehen musste, wie ich mit meinem Schlitten wieder auf's Ufer kam. Auch ich schaffte das. Ich hab's nur einmal ausprobiert, fand es im Nachhinein doch etwas zu riskant.

Doch da ich in dem Alter offensichtlich mit Schlitten und Schnee umzugehen wusste, "durfte" ich dann auch meine kleine Schwester und unseren Hunde-Neuzugang "Filou" mitnehmen.

Ende der 1950er Jahre gab es noch einmal eine starke Frostperiode. Der Aasee fror zu. Es gab viele Schlittschuhläufer, die das ausnutzten. Da ich keine Schlittschuhe besaß, fuhr ich mit dem Fahrrad dort hin und sah, wie auch andere mit ihren Rädern auf dem See ihren Spaß hatten. Klar hab ich's dann auch ausprobiert. Aber als sich ein VW-Käfer dann auf's Eis wagte, alle wussten, dort, wo das Flüsschen Aa recht dicht unter der Wasseroberfläche seinen Verlauf hatte, das Eis nicht tragen würde, bin ich dann doch lieber geflüchtet. Dem VW ist nichts geschehen, doch mein späterer Mann erzählte mir irgendwann, dass er in jenem Jahr geglaubt hatte, er könne sich den Heimweg von der Schule um den Aasee herum verkürzen, brach dann doch zwei Meter vom Ufer entfernt ein und durfte seinen Heimweg klitschnass beenden – zum Glück nur ca. 100 Meter, denn zu der Zeit wohnte seine Familie an der Annette-Allee …

Einige Jahre später hörte ich, dass bei solch scharfem, anhaltenden Frost sich sogar Marktbuden auf dem See etablierten und wärmende Getränke und mehr feilboten. Doch da war ich schon junge Mama, brachte meinem Zweijährigen lieber bei, wie man auf einer „Babypiste“ einen Schlitten lenkt …
 


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