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Aktuelle Themen Die Elterngeneration in Afrika stirbt aus

niederrhein
niederrhein
Mitglied

Hier liegt wohl ein Mißverständnis vor ...
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf mart vom 04.12.2007, 19:41:28
Hier liegt wohl ein Mißverständnis vor ...

Keuschheit anstelle von Porno
geschrieben von mart


Ich habe diese Alternative nicht aufgestellt, sondern nur knapp auf diese mir vorgehaltene Alternative reagiert.

Ich elbst sprach von der persönlichen Sexualverantwortung, die zumindest ich für mich fordern würde. Mehr nicht.
Dann 'zitierte' ich (aus dem Gedächtnis) etwas aus einer alten Debatte ...

Was andere - nicht Du! - daraus machen, ist nicht meine Sache ... (allein die Tonart desavouiert eine "solche" Reaktion ...)

[...] Keuschheit versus Porno rettet nicht die Welt vor Aids, meine ich.


Vielleicht - neben Wissen - aber eine verantwortliche Haltung?

Die Bertha
vom Niederrhein
mart
mart
Mitglied

Re: Hier liegt wohl ein Mißverständnis vor ...
geschrieben von mart
als Antwort auf niederrhein vom 05.12.2007, 00:36:42
Dazu eine randliche Nebenbemerkung:

"Eigentlich sind diese Diskussionen überflüssig, weil sie einmal wohl sehr wenig als Fragestellungen und/oder Statements mit dem mehr oder weniger expliziten Wunsch nach offener Diskussion und/oder Wahrheitsfindung formuliert werden, sondern als mehr oder weniger unreflektierte Meinungsäußerungen, die natürlich keinen Widerspruch dulden, von sich gegeben werden.
Aber ebenso die unterschiedliche Diskussions- bzw. Reflexionsebene und insbesondere das konkrete Wissen oder auch häufig Nichtwissen. Es gäbe noch weitere Faktoren, die gelegentlich zu berücksichtigen sind, ... – aber (nicht nur adventlichen) Friedenswillen hier unberücksichtigt lasse.
"(B.N.)


Also nun kurz zu meiner Hauptbemerkung – Du hast eine Fernsehsendung zitiert mit dem bezeichnenden und für mich verräterischen Titel:

Keuschheit statt Porno – brauchen wir eine neue Sexualmoral?


dazu die Fakten aus Deutschland, wo die neue Sexualmoral nötig wäre, bezüglich HIV:


In Deutschland lebten Ende 2006 rund 56.000 Menschen mit HIV, darunter etwa 47.000 Männer, rund 8500 Frauen und rund 400 Kinder. Bei 8700 Personen war AIDS bereits ausgebrochen. Im Jahr 2006 kam es zu ungefähr 2700 Neuinfektionen.
Von den 2.700 Neuinfizierten waren ca. 81 % Männer; geschätzte 70 % von ihnen sind Männer, die Sex mit Männern hatten, 20 % waren Übertragungen durch heterosexuellen Sex, 9 % Infektionen durch infizierte Spritzen bei Drogenmissbrauch und 1 % Übertragungen von der Mutter auf das Kind, meist während der Geburt



Auf die europäische/deutsche Situation bezogen meine ich:

Die Ansteckung durch Spritzen ließe sich zum größten Teil ausschalten, wenn, ja wenn man politisch daran interessiert wäre.
Die Ansteckung von Neugeborenen ließe sich fast 100% ausschalten, wenn man daran ehrlich interessiert wäre.
Die Ansteckung von homosexuellen Männern läßt sich nicht durch eine neue Sexualmoral und Keuschheit bis zur Hochzeit ausschalten - und ich nehme an, daß in diesem Bereich die sexuelle Libertinage und die Sexualisierung und Pornographisierung von Gesellschaft und Öffentlichkeit den allergeringsten verkehrsfördernden Einfluß hat. Allerdings hat hier sowohl die kathol. als auch die islamische Lehre einen guten Rat (die braunen Ansichten über dieses Thema brauche ich wohl nicht anzuführen).

Deshalb stimme ich nur mit dir uberein, daß die Frage der persönlichen Verantwortlichkeit , die aber durch Wissen ergänzt sein muß, sich nicht umgehen läßt.

niederrhein
niederrhein
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Noch eine Antwort schuldig ....
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf mart vom 05.12.2007, 01:55:03
Eine noch ausstehende Antwort

Ich bin Dir – so meine ich – noch eine Antwort auf Deine Antwort schuldig, für die ich Dir danken möchte.
Zunächst eine kleine Entschuldigung bzw. Aufklärung: Die polarisierende Pointierung „Keuschheit statt Porno“ war ja nicht, wie ich irrtümlich meinte, „Deine“ Formulierung, sondern ja der Titel dieser Fernsehsendung, die ich an jenem Tag zufällig in der Süddeutschen Zeitung entdeckte, die aber zeitlich in die Diskussion paßte.
(Ich hatte den Zusammenhang der Formulierung „Keuschheit statt Porno“ zur Sendung schlichtweg übersehen; vermutlich läßt sich ein gewisser progressiver Vertrottelungseffekt bei mir nicht mehr vermeiden ...).
Ich habe übrigens den Beginn dieser Sendung bei den Nachbarn angesehen (ich lebe fernsehlos), dann aber abgebrochen. Eine solche Sendung „lebt“ von den jeweiligen Diskutanten und deren persönlichem Wissen oder auch Nichtwissen, von der Art, wie sie sich einbringen etc., von der Intention und Art der Moderation etc. ... mit anderen Worten, ihr „Erkenntniswert“ kann sehr gering sein.


Ad rem, zum Thema
Mißverständnisse entstehen – nicht nur bei diesem Thema – u.a. dadurch, daß jede/r Diskutierende nicht nur jeweils „seine“ Perspektive hat, sondern daß ein Thema auch auf verschiedenen Ebenen gesehen und behandelt wird, was wiederum nicht von allen gesehen und erkannt wird, was aber u.a. in der Natur der Sache, lies: des Themas liegen kann. Die Aidsproblematik ... zunächst einmal die aktuelle Situation, Verbreitung, Situation, Folgen. Darauf wurde dankenswerterweise profund hingewiesen.
Da aber Aids ja nicht wie eine ungewollte Naturkatastrophe über die Menschen kommt, ohne deren Wissen und ohne deren Tun, sondern direkt als eine Folge ihres sexuellen Verhaltens auftritt, sind ja weitere Fragen nach dem Wesen der Sexualität, nach der Geschichte der Sexualität und der Problematik der Sexualität in den einzelnen menschlichen Gesellschaften, eben auch die Frage nach Sexualmoral etc. zulässig und notwendig, da ja individuelles sexuelles Verhalten maßgeblich bzw. fast ausschließlich an der Verbreitung dieser Erkrankung ursächlich ist. Das galt seinerzeit für die Syphilis in Europa, das gilt für Aids.

Es sei denn, jemand ist der Ansicht, daß die Sexualität ein Phänomen bzw. eine Folge des „egoistischen Gens“ (Richard Dawkins) ist, das restlos den Menschen beherrscht und daß der Mensch – im Sinne einer rigorosen Soziobiologie – keinen Einfluß auf seine Sexualität hat bzw. restlos von ihr beherrscht wird. Dann ist die Sexualität ein rein biologisches Phänomen, das der Mensch nicht im Griff hat und nicht seinem Willen unterworfen ist; somit wäre dann natürlich jede Frage nach einer Sexualmoral irrelevant. Siehe dazu auch jenen Zweig der neuen Hirnforschung, die u.a. davon ausgeht, daß der Mensch restlos aufgrund der Gene und biochemischen Prozesse determiniert ist; kurz: daß er keinen freien Willen hat. Dann allerdings sind alle Prozesse und Bemühungen der Erziehung vergeblich, dann sind das „Axiom“ von der Lern- und Erziehungsfähigkeit des Menschen und die Annahme von der Sozialisation und Humanisierung des Menschen eben falsch.
Wenn dies aber nicht so ist, sondern Sexualität auch eine Folge eines individuellen Handelns ist (das wiederum – das ist natürlich unbestritten! – in Korrelation zu Wissen, Erkenntnis und Verstehen steht und auch durch die individuelle Entwicklung determiniert sein kann), spielen doch gesellschaftliche und individuelle Faktoren wie Einstellung zur Sexualität, sexuelle Moral, sexuelles Verhalten etc. eine normierende und somit wichtige Rolle.
Sicher sind Politik, herrschende Moral (hier verstanden als staatlich vorgebene Normen zur Instrumentalisierung des Menschen und zur Sicherung einer Machtstellung, aber auch im Interesse von Wirtschaft etc.) mitentscheidend, aber sexuelles Verhalten ist immer auch oder vor allem individuelles Verhalten und somit Ausdruck persönlicher und gegenseitiger Verantwortung.
Ich sehe zumindest keinen Grund, sexuelles Verhalten von der Frage der persönlichen Verantwortung zu lösen.

Daß die geschichtliche Dimension, die historische Entwicklung der menschlichen Sexualität, ihrer Rolle in den jeweiligen menschlichen Gesellschaften (Von der „Urfamilie“ über Sippe, Stamm hin bis zu unseren Großgesellschaften) – dies auch in der Relation zum Menschen-, Frauen- und Familienbild einer jeden Zeit und Epoche – für das Verstehen der gegenwärtigen Situation notwendig sind, meine zumindest ich. Aber ich kann mich ja irren ...


Die Bertha
vom Niederrhein

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