Forum Allgemeine Themen Aktuelle Themen 'Freiheit durch Sozialismus' Text von Oskar Lafontaine in der FAZ (09.07.07)

Aktuelle Themen 'Freiheit durch Sozialismus' Text von Oskar Lafontaine in der FAZ (09.07.07)

telramund
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Re: Historischer Irrtum
geschrieben von telramund
als Antwort auf niederrhein vom 10.07.2007, 18:27:29
niederrhein schrieb am 10.07.2007 um 18.27:
> > Gerade auch die Linke wollte ja aus Tradition international sein und hat auf ihre Weise den fortschreitenden Globalisierungsprozess und den Trend zu einer offenen Weltgesellschaft gefördert. Mit der damit verbundenen fortschreitenden Schwächung des Nationalstaates, wurde auch dem ehedem für die sozial Schwächeren einspringenden Sozialstaate zunehmend die Geschäftsgrundlage entzogen."

> Die These, daß die traditionell "internationale Ausrichtung" der Linken die Globalisierung des Kapitals fördert, ist historisch einfach falsch.
> (Empfehle übigens die neue, gerade erschienene Ausgabe der "Geschichte der Arbeiterbewegung" von Helga Grebing.)


Die traditionell internationale Ausrichtung der Linken hat insofern den Globalisierungsprozess begünstigt, da sie die Negierung natürlich gewachsener Völker, deren Heimatverbundenheit und Traditionen betrieben und mit ihrer offenkundig erstrebten Völkervermischung, der Schwächung des Nationalstaates den Weg bereitet hat.
Umso leichter konnten sich die Länder dem Welthandel - der ja an sich nichts schlechtes ist - öffenen und den Gobalisierungsprozess beschleunigen.

Zu seinen Profiteuren gehören gewiß nicht nur die ehemals unterentwickelten Länder, sondern auch die Manager und Kapitaleigner global tätiger Unternehmen.


> Im übrigen: Wie soll man denn, politisch und nationalstaatlich, wie der Internationalisierung des Kapitals umgehen? Herr Stoiber (!) meinte schon vor enigen Jahren, daß dem dem Nationalstaat nur noch die Mängelverwaltung übrig bleiben wird.


Wo der Stoiber recht hat, da hat er recht. Ich glaube jedoch nicht, daß er den geschwächten National- und Sozialstaat und die immer weniger funktionierende Solidargemeinschaft, durch einen wie auch immer geprägten antimarktwirtschaftlichen, internationalen Sozialismus ersetzen möchte!

Im Übrigen habe ich schon an andere Stelle ausgeführt, daß wir einen starken Staat bräuchten, der sich zunächst der eigenen hausgemachten sozialen Probleme annimmt.

Darüber hinaus, wird es über kurz oder lang zu europäischen Mindeststandards und auch ökologischen Reglementierungen in der Wirtschaft kommen müssen, um die unbestrittenen sozialen und sonstigen Verwerfungen der globalisierten Märkte zu begrenzen.

--
telramund
niederrhein
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Re: Historischer Irrtum
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf telramund vom 10.07.2007, 19:24:25
> Die traditionell internationale Ausrichtung der Linken hat insofern den Globalisierungsprozess begünstigt, da sie die Negierung natürlich gewachsener Völker, deren Heimatverbundenheit und Traditionen betrieben und mit ihrer offenkundig erstrebten Völkervermischung, der Schwächung des Nationalstaates den Weg bereitet hat.

Auch das stimmt einfach nicht; historisch nicht zutreffend. Die Idee eines sogenannten Nationalstaats kam ohnehin erst im 19. Jh. - als Anwort auf die Napoleonische Expansion - auf. Hier wurde aber das "Volk" (was auch darunter immer zu verstehen ist) nicht gefragt. Es war in erster Linie der Kampf der herrschenden Dynastien um die Vorherrschaft in den deutschen Ländern. (Die Vorbereitung bzw. Grundlage für diesen Nationalstaat bildeten übrigens die beiden Zollvereine, d.h. wirtschaftliche Interessen gaben den Ausschlag, nicht etwa ein "Volskwille".)
Der sogen. deutsche Nationalstaat, die deutsche Reichsgründung 1870/71 ist das "Werk" Bismarcks im Interesse Preußens, bei dem die Mitwirkung des Volkes keine Rolle spielte.
Es gibt keine natürlich gewachsene Völker (was soll das eigentlich sein?) ... auch in Europa haben wir viele Staaten mit unterschiedlichen Sprach- und Volksgruppen. Wo gibt es einen sogenannten "homogenen" Volksstaat?
Im besten Sinne des Wortes könnte man bei einem "natürlich gewachsenen Volk" von einem Romantizismus, von einem Wunschtraum sprechen.
Der historischen und politische Realität wird man mit diesem Konstrukt nicht gerecht.
Heimatverbundenenheit und Traditionen haben ihre Wurzeln in einer Region (geprägt durch Landschaft, Dialekt etc.), nicht in einem Staatskonstrukt. Staaten sind bewußte politische Konstruktionen, getragen, gewünscht in der Regel von Machtinteressen, aber doch nicht von einem "Volkswillen" ...allenfalls hat das "Volk" bzw. seine Zustimmung appellativen Charakter, so wie seinerzeit bei der Krönung Ottos I., dessen Wahl verfassungsrechtlich für das ganze Mittelalter konstituierend war. (Das Volk hatte damals nur eine "Zuruf-Funktion" ...)

Das anzumerken erlaubt sich demütig und untertänigst
die vielleicht sehr unwissenden Bertha
vom Niederrhein



hugo
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Re: Historischer Irrtum
geschrieben von hugo
als Antwort auf niederrhein vom 10.07.2007, 20:46:54

hertha ,,auch wenn Du 10 mal recht hast,,,so können, dürfen und werden solche Fakten nie und nimmer Eingang finden in Köpfe "teutschtümelnden" Denkens. *g*

hugo

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ehemaligesMitglied45
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Lafontaine
geschrieben von ehemaligesMitglied45
als Antwort auf ingo vom 09.07.2007, 16:49:11
Wenn jemand schreiben würde „Frieden durch Militarismus“ würde zurecht ein historisch fundierter Empörungsschrei erschallen oder der Verfasser dieses Slogans wäre der Lächerlichkeit preisgegeben.
Aber mit „Freiheit durch Sozialismus“ wird man Parteivorsitzender, obwohl es nicht ein einziges Beispiel in der Geschichte gibt, dass Sozialismus nichts anderes ist als „The road to serfdom“(F.A.v. Hayek, 1940).
Bei Lafontaine werden die vermoderten Leichen der Verstaatlichungsthesen aus der Grabkammer aller gescheiterten sozialistischen Experimente wieder hervorgeholt. Da werden die wohlfeilen, aber für die Abgabenbelasteten teuren Parolen von der „sozialen Not“ verkündet, obwohl jeder Hartz IV-Empfänger real einen Lebensstandard hat, um den ihn mindestens 75% der Weltbevölkerung beneiden würde. Die Menschen haben angeblich Angst davor, sich kein Brot kaufen zu können – aber für die preishohen Zigaretten reicht’s noch allemal, nicht wahr?
Lafontaine fordert mehr direkte Demokratie. Wenn er damit die Volkswahl des Bundespräsidenten meint, befindet er sich in guter Gesellschaft; aber er verlangt das Recht zum Generalstreik. Wer so propagiert, legt die Axt an die Wurzel der parlamentarischen Demokratie. Noch immer ist es der frei gewählte Gesetzgeber, der bestimmt, was gilt und nicht die von Funktionären aufgepeitschten Massen der Straße, die diktieren.
Keine Frage: Die SPD hat guten Grund, ihren ehemaligen Vorsitzenden zu fürchten; aber „nur“ als Wahlkonkurrenz. Eine politische Alternative bietet dieser hemmungslose Egomane nicht.


--
ziesemann
schorsch
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Re: Dem ist nichts hinzuzufügen
geschrieben von schorsch
als Antwort auf telramund vom 09.07.2007, 19:07:57
Wo DU Recht hast, da sollst du auch Recht bekommen. Du erkennst Zusammenhänge recht scharf und weisst sie in einfachen Worten zu erklären.

Aber: Niemand hat sein Leben lang nur Recht - genau so wenig ein Mensch sein Leben lang nur Unrecht hat.

Die Ansätze und Richtlinien der "Linken" sind nicht einfach so aus dem Blau des Himmels heraus erfunden worden; sie waren als Gegenmassnahmen zum überbordenden Kapitalismus gedacht. Hätten die Menschen damals keinen Grund gehabt, sich über die ausbeutenden Kapitalisten zu ärgern, hätten die Rufe der Linken keine Chance gehabt.

Und nun sind wir wieder so weit wie damals, als der Sozialismus seinen Siegeszug antrat: die Nimmersatten haben ein Spiel erfunden das heisst "Wer überbietet mich in der Abzocke?". Und weil alle, die rings um diese Hasardeure sie bewundern und ihnen damit erst die Legimitation zu immer noch mehr Abzocke geben, braucht es wieder das Gegengewicht, eine Gegenströmung gegen ein System, das die Erde und seine Bewohner zugrunde zu richten droht.
--
schorsch
hugo
hugo
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Re: Dem ist nichts hinzuzufügen
geschrieben von hugo
als Antwort auf schorsch vom 11.07.2007, 09:22:48

--Wo DU Recht hast, schorsch, da sollst du auch Recht bekommen. Du erkennst die von Ziesemann als, die Linken verunglimpfend gedachten Zusammenhänge, recht scharf und weißt sie in einfachen Worten zu erklären ohne sie direkt anzusprechen,,*g*

das soll zwar recht eindringlich abstoßend wirken: "Leichen der Verstaatlichungsthesen aus der Grabkammer aller gescheiterten sozialistischen Experimente,,,"

und die angesprochenen Harz IV Empfänger werden sich ob solcher Vergleiche mit den Ärmsten in Asien, Afrika oder Südamerika auch ganz herzlich bedanken und am liebsten sogar noch auf Wohnung, Tafeln, Heizungsgeld und sonstige Sozialleistungen verzichten und mit stolz erhobenem Blick auf die Liste der Neuen Reichen und Superreichen, andächtig blicken, mit Freudentränen in den Augen,,,*g*

So ist nun mal das Leben im Kapitalismus,,auch hier bekommt man zum Schaden noch reichlich Spott und Hohn,,,

lieber hör ich mir eine sozialkritische Rede vom Oskar an,
,,,, als solchen Schmarrn vom Ziesemann *g*



hugo

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niederrhein
niederrhein
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Nur eine kleine Frage?
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf ehemaligesMitglied45 vom 11.07.2007, 09:07:29
Einen schönen guten Tag,

ich bin ja nur eine alte und dumme Frau ... aber ich meine, Sie mögen diesen Lafontaine nicht? (Ich kenne ihn nicht einmal, d.h. jenen alten Fabeldichter schon, aber nicht diesen Oskar.)

Nur das mit dem Generalstreik ... ist der verfassungsrechtlich verboten? Was geschieht dann, wenn der Volk streikt?

Wie ist das überhaupt mit all diesen Volkserhebungen ... Frankreich 1789, Portugal, DDR ... Die sind oder waren sicher verboten.

"jeder Hartz IV-Empfänger real einen Lebensstandard hat, um den ihn mindestens 75% der Weltbevölkerung beneiden würde. Die Menschen haben angeblich Angst davor, sich kein Brot kaufen zu können – aber für die preishohen Zigaretten reicht’s noch allemal, nicht wahr?"

Völlig richtig, deswegen raus mit denen und holen wir z.B. die Menschen aus Afrika her, die werden sich freuen und dankbar sein.

Ich finde es richtig toll, immer wieder neue Meinungen zu lesen.

Dankbar
die olle Bertha
vom Niederrhein
susannchen
susannchen
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Re: Nur eine kleine Frage?
geschrieben von susannchen
als Antwort auf niederrhein vom 11.07.2007, 10:54:49
Ich glaube wer eine solche Meinung vertritt wie Herr Ziesemann, hat niemals Hunger gelitten, hat niemals Hartz IV bezogen, hat wirtschaftlich keinerlei Probleme!
--
susannchen
ehemaligesMitglied45
ehemaligesMitglied45
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Re: Nur eine kleine Frage?
geschrieben von ehemaligesMitglied45
als Antwort auf niederrhein vom 11.07.2007, 10:54:49
Ein allg. Generalstreik ist in der Tat verboten - es sei denn, die gesamte freiheitliche Grundordnung ist in Gefahr. - Das ist sie wohl (noch) nicht.
Zu anderem antworte ich später. Übrigens: Ich habe mich gefreut über die "alte Frau"; ich schwärme nämlich für ältere Damen.
Gruß
Ziesemann
--
ehemaligesMitglied45
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Re: Nur eine kleine Frage?
geschrieben von ehemaligesMitglied45
als Antwort auf susannchen vom 11.07.2007, 11:01:59
Du irrst! Ich habe schon schwer gehungert.
Und ich sehe täglich die HartzIV-Empfänger mit Bierchen am frühen Morgen am Hbf sitzen.
--
ziesemann

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