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Aktuelle Themen Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?

clara
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Mitglied

Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von clara
als Antwort auf uki vom 02.12.2010, 17:55:47
Uki, wir stimmen weit gehend überein. Für die von Dir aufgezählten Berufe werden heute Schüler mit Realschulabschluss meistens vorgezogen, es sei denn, ein sehr guter Hauptschulabschluss liegt vor. Nicht wenige Abiturienten wollen erstmal eine Handwerkslehre machen (um etwas in der Hand zu haben!), bevor sie eventuell ein Studium beginnen. Zahlreiche BWL-Studenten haben vor dem Studium eine Banklehre absolviert, was für Hauptschulabsolventen schon gar nicht mehr möglich ist!

Die früheren tüchtigen Volksschüler, die diese Handwerksberufe lernten, besuchen heute mindestens die Realschule. Leistungsschwache Schüler gab es immer, nur befinden sie sich heute überwiegend in der "Restschule". Und für diese und auch Lern - und geistig Behinderte fehlen heute entspr. Berufe in Industrie und Landwirtschaft. Dazu kommen noch soziale und Migrantenprobleme besonders an städtischen Hauptschulen.

Nur nebenbei noch: Hier in S-H ist die Hauptschule seit ca. zwei Jahren abgeschafft. Schwächere Kinder lernen gemeinsam mit leistungsstärkeren (Realschulniveau) in der Regionalschule, was aber nicht allen Eltern gefällt.
Wie sollte da Integration geistig Behinderter ins Gymnasium toleriert werden!

Clara
lalelu
lalelu
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Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von lalelu
Wenn ich eure Beiträge lese, bin ich ehrlich beruhigt, dass die Umsetzung der wirklichkeitsfremden UN-Behindertenkonvention auf so wenig Gegenliebe stößt.

Ich hoffe sehr, dass auch beim Großteil der Eltern der gesunde Menschenverstand die Oberhand behält, wenn die ersten Schwerpunktgymnasien geistig behinderte Kinder aufnehmen wollen – obwohl ich leider befürchte, dass manche Kinder aus reinem Prestigedenken auf einen Weg geschickt werden, der ihren Möglichkeiten nicht entspricht und der deshalb der falsche für sie ist. In meinen Augen grenzt das an Misshandlung Schutzbefohlener!

Lalelu
heijes
heijes
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Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von heijes
Ich habe mir jetzt alles durchgelesen und verstehe euch nicht ganz,

denn in den UN-Behindertenrechtskonvention steht unter anderem:
Gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention müssen auch Schüler und Studierende mit körperlichen oder geistigen Behinderungen an regulären Schulen und Hochschulen unterrichtet werden.
Link:Wiki:UN-Behindertenrechtskonvention
wenn ich mir dann bei Wiki die Definition fürKörperbehinderung und Geistige Behinderung durchlese, werden nach dieser Definition wohl hauptsächlich Körperbehinderte eine Chance haben das Gymnasium zu besuchen.

Egal ob Gesund, Körperbehindert oder Geistige Behinderung (hier kommt es wohl darauf an was als geistige Behinderung angesehen wird), die Kinder müssen in der Grund- und/oder Förderschulen erst einmal die Leistungen erbringen um an ein Gymnasium gehen zu können.
In diesem Link werden die geforderten Schulnoten für den Übertritt auf Realschule und
Gymnasium erklärt.

Schulsysteme in Bayern

Warum sollen Kinder die diesen Ansprüchen genügen nicht auf ein Gymasium?

Der Sohn meiner Freundin hat als Körperbehinderter die Kantonsschule (in D Gymnasium) besucht und anschließend Pädagogik studiert und arbeitet heute mit körperlich und geistig Behinderten.

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lalelu
lalelu
Mitglied

Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von lalelu
als Antwort auf heijes vom 02.12.2010, 23:23:51
heijes, es ist ein riesengroßer Unterschied, ob jemand körperlich behindert ist oder geistig. Ein nur körperlich behinderter Mensch ist ja nicht in seinem Intellekt eingeschränkt. Warum sollte er nicht erfolgreich ein Gymnasium durchlaufen und studieren können? Das hat hier doch niemand angezweifelt, und dafür gibt es genügend Beispiele!

In diesem Thread geht es nur um Kinder mit geistiger Behinderung, die man aufs Gymnasium schicken will. Wenn man die Anforderungen am Gymnasium kennt, weiß man, dass es schon nicht behinderte Kinder mit durchschnittlicher Intelligenz teilweise schwer haben, den Lehrstoff zu bewältigen. Wie soll es da ein Kind schaffen, welches nur über eingeschränkte intellektuelle Fähigkeiten verfügt, auch wenn der gemeinsame Unterricht in der UN-Behindertenkonvention gefordert wird....und sogar, wenn dieses Kind zunächst den Übergang zum Gymnasium schaffen sollte? Wer die Praxis kennt, kann nicht glauben, dass das auf Dauer funktioniert, ohne das das Kind durch die hohen Anforderungen seelisch zugrunde geht.

Lalelu
senhora
senhora
Mitglied

Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von senhora
Allgemein werden Kinder mit Down-Syndrom als krank, behindert, eingeschränkt bildungsfähig bezeichnet.
Wie unterschiedlich die Entwicklung eines solchen Menschen verlaufen kann, wenn er ausreichend gefördert wird,
sehen wir an der Geschichte des Spaniers Pablo Pineda.
Er hat als erster Europäer mit Down-Syndrom ein Hochschuldiplom in Psychologie und Pädagogik erhalten.

Er wurde auch durch den Film "Yo, tambien" bekannt und in San Sebastian mit der Silbernen Muschel als bester
Darsteller ausgezeichnet.

Senhora
Felide1
Felide1
Mitglied

Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von Felide1


Mir persönlich würde ein geistig behindertes Kind, welches nur unter schwierigsten
Umständen irgendwie dem Unterricht (Lehrstoff) folgen kann, leid tun.Ich glaube so ein Kind wird nicht motiviert sondern verzweifelt.

Fordern ja, aber nicht überfordern.

Die lieben Eltern, die von ihren Kindern mehr verlangen als sie selbst erreichen konnten, sind zum Teil nicht fähig dem Kind zu helfen und weichen, so es der Geldbeutel hergibt, auf Nachhilfe aus. Vielfach zieht sich dann dieser Umstand durch die ganze Schulzeit.Dies geschied ja auch schon bei lernschwachen Schülern.
Ob diese Vorgangsweise die richtige ist? Ich finde selbständiges erarbeiten des Schulstoffes wichtig, und nicht das oftmals mit Zwang hineingepresste Wissen.Jedes Kind sollte seinen Begabungen entsprechend lernen dürfen.

LG Felide

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schorsch
schorsch
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Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf senhora vom 03.12.2010, 07:58:42
Ich kenne auch Menschen mit Down Syndrom, die man mit geschlossenen Augen, nur vom Zuhören her, niemals als solche erkennen würde.

Aber genau wie bei den "normalen" Menschen gibts dort Unterschiede von vielen IQ-Punkten.

Ich bin auch dafür, dass Menschen, wie ich sie im ersten Satz beschreibe, schulisch so weit gefördert werden, wie sie imstande sind, ohne sich zurückgesetzt zu fühlen, in höheren Schulen mitzumachen. Aber keinesfalls würde ich es zulassen, dass man nun einfach alle dieser gehandikapten Menschen in Gymnasien zwingen würde.

Im Moment läuft gerade eine Serie im TV DRS (Schweizer Fernsehen) über eine Gruppe Behinderter im Schloss Biberstein. Auch hier hats Menschen, von denen man sagen könnte: "Das sind ja keine Behinderten". Oder: "Wenn das Behinderte sind, dann bin ich selber ja auch einer!"
lalelu
lalelu
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Re: Geistig behinderte Kinder zum Gymnasium?
geschrieben von lalelu
als Antwort auf schorsch vom 03.12.2010, 10:13:38
@ schorsch: ich sehe es ebenso wie du!

@senhora: du sprichst eine Tatsache an, die hier schon mehrfach erwähnt wurde: natürlich sind Behinderungen sehr unterschiedlich ausgeprägt, und natürlich kann man nicht alle Behinderten über einen Kamm scheren. Verantwortungsvolle Eltern und speziell ausgebildete Lehrer erkennen aber garantiert, ob ein geistig behindertes Kind den Anforderungen an einer weiterführenden Schule gewachsen ist und werden die nötigen Schritte unternehmen, um diesem Kind die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen. Im Einzelfall war und ist auch der Besuch des Gymnasiums möglich. Daran will doch niemand etwas ändern!

Was mich beim jetzigen Vorstoß stört, ist die Tatsache, dass man eben nicht mehr die gezielte Förderung Einzelner in den Mittelpunkt der Bemühung stellt. Auch wenn man Schwerpunkt-Gymnasien für geistig Behinderte öffnet, wird sich dadurch der Anteil der Kinder nicht erhöhen, die den Gymnasialabschluss tatsächlich schaffen.

Es kostet aber eine Menge Geld, um z.B. allein in Rheinland-Pfalz 16 Schwerpunktgymnasien so auszustatten, dass sie für die Aufnahme und den Unterricht geistig behinderter Kinder gerüstet sind - und wieviele Eltern dieses Angebot tatasächlich annehmen, bleibt erst einmal abzuwarten. Vielleicht wird mit hohen Kosten eine Möglichkeit geschaffen, die kaum genutzt wird, weil die Eltern realistischer sind als die Bürokraten.

Bisher habe ich ganz bewusst die finanzielle Frage außen vor gelassen, aber nun will ich sie ins Spiel bringen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: für mich ist eine gute Ausbildung das höchste Gut, was wir unseren Kindern mitgeben können, und die darf nicht am Geld scheitern!

In Zeigten klammer Kassen muss jedoch die Frage erlaubt sein, ob eine geplante Ausgabe sinnvoll ist, und das ist nach meiner Meinung hier nicht der Fall. Würde man den gleichen Betrag dafür aufwenden, um Kinder individuell zu fördern, die trotz geistiger Behinderung den Gymnasialabschluss schaffen können, wäre ich die Erste, die dazu "Ja!!" sagt.

Urego hat weiter oben schon seinen Schüler erwähnt, der trotz intensiver Bemühungen nicht lesen lernte. Ich selbst führe das Beispiel eines liebenswerten Jungen an, der trotz aller Hilfen und Anstrengung nicht dazu in der Lage war, abstrakt zu denken. Legte man ihm neun Äpfel hin, die er gerecht unter drei Personen aufteilen sollte, klappte das zügig und fehlerfrei. Sollte er die gleiche Aufgabe ohne Äpfel lösen, war er bis zum Ende der Grundschulzeit damit überfordert. Ein solches Kind aufs Gymnasium zu schicken würde bedeuten, es vom ersten Schultag an zu überfordern.

Lalelu

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