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Aktuelle Themen Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik

adam
adam
Mitglied

Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von adam
Godwins Gesetz ist kein Gesetz, aber die Schlußfolgerung aufgrund von Beobachtungen, daß es mit zunehmender Dauer einer Internetdiskussion zu Nazivergleichen kommt.

- Warum kommt es dazu? -

- Wie lassen sich derartige oder ähnliche Vergleiche vermeiden? -

- Wie soll man reagieren? -

Die Beobachtung: Godwin’s law

Die schmutzige Rhetorikbombe: Nazi-Vergleich

--

adam
Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf adam vom 28.10.2014, 13:31:16
Obwohl ich fast fürchte dass auch dieses Thema wieder ad absurdum geführt wird, will ich mal eine Begebenheit schildern.
Vor ca. 3 Jahren habe ich einen deutschen Nachbarn bei einer ganz üblen Lüge ertappt. Ich habe ihn darauf angesprochen als ich ihn vor dem Gartentor antraf. Exakt habe ich zu ihm gesagt dass es unfair ist über eine Person die Unwahrheit zu erzählen (die Person war ein Gastwirt in unserem Dorf). Daraufhin ist er total ausgerastet und hat mich unter anderem als bayerisches Nazischwein beschimpft. Er hat dabei ausgesehen wie eine aufgepumpte Kaulquappe und deshalb musste ich lauthals lachen.
Ein englischer Nachbar, der das Geschehen beobachtet hat, fragte mich wenig später warum ich diese Worte sang- und klanglos hingenommen habe. Und ohne überhaupt groß nachzudenken habe ich geantwortet: weil ich keinen Bezug dazu habe.

Und auch wenn ich noch so viel darüber nachdenken würde, ich kann mit dem Wort Nazischwein nichts anfangen.
Das ich auch, allerdings nicht von diesem Nachbarn, als Hitler Fratz bezeichnet wurde hat mich sehr getroffen. Und das vergesse ich einem Menschen bis heute nicht.
Bruny
Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Es muß nicht immer gleich bis zum Nazi-Vergleich kommen. Die Vorstufe, jemandem faschistisches Gedankengut zu unterstellen, ist häufig anzutreffen. Dabei kommt es sogar zu so lachhaften Begriffen wie "Linksfaschismus". Wer keine Argumente hat, der packt oft genug die Keule aus, wenn er den Mangel an Argumenten kaschieren will.

Vermeiden läßt sich das meiner Meinung nach nicht. Es gibt immer Menschen, die es nicht wahrhaben wollen, daß ihnen die Argumente ausgehen.

Wie soll man reagieren? Ich weiß es nicht so genau, es kommt auf den Einzelfall an. In den meisten Fällen reicht es meiner Ansicht nach, den entsprechenden Beitrag als letzten stehen zu lassen. Es spricht für sich und muß nicht mehr kommentiert werden, wenn jemand zu solchen sprachlichen Entgleisungen greift.

det

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Lilac
Lilac
Mitglied

Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von Lilac
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.10.2014, 16:38:07
Boah...so cool möchte ich mal sein, det!
Chapeau!!!
Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Lilac vom 28.10.2014, 19:53:21
Danke für die Blumen. Ich muß aber sagen, daß ich es auch nicht schaffe, immer cool zu reagieren. Es ist meiner Ansicht nach das einzig Sinnvolle, aber ..... Der thread über die Rache paßt gut zu der Frage, wie man mit der nazi-keule umgeht, wenn man selbst getroffen wird.

Die Lösung heißt: üben, üben, üben

det
Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf adam vom 28.10.2014, 13:31:16
Ja,wenn die Argumente ausgehen..

Hier hat sich noch jemand Gedanken zum Thema gemacht:

Immer wenn ich Nazivergleiche lese, denke ich: Da sind jemandem die Argumente ausgegangen. Da war jemand intellektuell ein bisschen überfordert, deshalb musste er Adolf Hitler zu Hilfe rufen. Wenn man es in Deutschland verbieten würde, in Debatten seinen jeweiligen Widerpart mit den Nazis zu vergleichen, würde dies sofort zu einer Niveausteigerung in den Feuilletons führen.....
Dann habe ich zu meiner Überraschung gelesen, dass solch ein Gesetz, das Nazivergleichsverbot, in Israel tatsächlich diskutiert wird. Israelis beschimpfen sich offenbar bei der kleinsten Unstimmigkeit gegenseitig als Nazis. Kürzlich musste sich der liberale Rabbiner Dov Lipman öffentlich als Nazi beschimpfen lassen, weil er gegen das Verbot von Miniröcken eintritt.
...

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Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
.
sicherlich fällt auch nachfolgendes unter "godwins gesetz",
obwohl die diskussion freundlich und sachlich war ...

ich bin eine befürworterin von volksbefragungen und äusserte mich vorgestern entsprechend.

schaut euch mal an, was mir auf mein "harmloses anliegen volkabstimmung" geantwortet wurde, den antwort-nick-namen lasse ich weg,
weil mir der sinnlose ärger hier "an allen möglichen und unmöglichen ecken" einfach auf die nerven geht.

was mich immer wieder empört ist,
dass es in unserem land keine volksabstimmungen gibt.
geschrieben von margarit

ich möchte mir gar nicht ausmalen , was dabei rauskommen würde .

wenn es der Bürgerpresse gefällt , hätten wir übermorgen die todesstrafe
und 14 tage weiter einen neuen Führer


unterschrift

.
adam
adam
Mitglied

Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von adam
Bis jetzt sind das recht "coole" Beiträge, denen man Diskussionsroutine anmerkt, aber auch eine gewisse Gewöhnung, was das Beleidigtwerden anbelangt.

Soll man also dem Nazivergleich rein paasiv begegnen? Immerhin ist die Gleichsetzung zum Nazi nicht nur eine politisch zu verstehende Herabsetzung, sondern auch eine menschliche. Faschist ist politisch zu verstehen, aber zum Nazi gehört, neben politischem Größenwahn und Rücksichtslosigkeit, noch millionenfacher, hinterhältiger Mordwille, auch an Kindern, Kranken, Alten und anderen wehrlosen Menschen. Nazi bedeutet völlige, feige Charakterlosigkeit, unvergleichbare Unmenschlichkeit.

Keinesfalls möchte ich Aggressivität gegen eine derartige Beleidigung ins Spiel bringen, aber es bleibt für mich die Feststellung, daß das "Aussitzen" nicht nur eine Verharmlosung der Beleidigung durch Gewöhnung mit sich bringt, sondern auch die Verharmlosung für die begangenen Verbrechen der Nazis und dafür, daß es heute wieder hirnlose Gewaltsüchtige gibt, die dem Nazitum geradezu huldigen.

Der Blick nach Köln, dieser Tage, sollte an das erinnern, was Nazi wirklich bedeutet. Der Blick sollte nicht durch Gewöhnung verschleiert sein. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen als Nazi beleidigt zu werden.

--

adam
Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf adam vom 29.10.2014, 19:40:44
Hmmm, in meinem Fall hätte eine weiterführende Diskussion nichts gebracht, außer dass ich um mein Leben gefürchtet hätte. Der Nachbar war ein Anfang 40jähriger Polizist der bereits in jungen Jahren versorgt wurde. Ich habe mich dazu entschieden ihn in Deutschland für sein "Vergehen" in Spanien anzuzeigen. Das war meines Erachtens die bessere Variante. Aber ehrlich gesagt, wer mich als bayerisches Nazischwein bezeichnet, denn kann ich nicht für voll nehmen. Und dumme Menschen können mich nicht beleidigen.
Bruny
mane
mane
Mitglied

Re: Godwins Gesetz oder: Die Suche nach der sauberen Rhetorik
geschrieben von mane
als Antwort auf adam vom 28.10.2014, 13:31:16
Godwins Gesetz ist kein Gesetz, aber die Schlußfolgerung aufgrund von Beobachtungen, daß es mit zunehmender Dauer einer Internetdiskussion zu Nazivergleichen kommt.

- Warum kommt es dazu? -

- Wie lassen sich derartige oder ähnliche Vergleiche vermeiden? -

- Wie soll man reagieren? -

adam
geschrieben von adam


Das gilt wahrscheinlich eher für Politikforen, im allgemeinen Bereich ist mir das noch nicht aufgefallen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Nazivergleiche in allen Themen in gleicher Anzahl vorkommen.

Warum dies passiert, wird mehrere Gründe haben. In der Hauptsache wohl, weil man davon ablenken will, dass die Argumente ausgehen. So bekommt man Aufmerksamkeit und gibt der Diskussion leider eine neue Richtung. Es wird vom eigentlichen Thema abgelenkt und ein Bezug auf Hitler diskreditiert andere Aussagen.

Solche Vergleiche lassen sich wohl nur vermeiden, wenn ein besonderes Augenmerk darauf gelegt und sie möglichst schnell unterbunden werden. Eine Abmachung darauf zu verzichten, könnte hilfreich sein, ebenso die Vergabe von sog. "Godwin-Punkten", wenn Diskutierende sich nicht an die Verabredung halten. Sich von entsprechenden Äußerungen nicht ablenken lassen und versuchen beim Thema zu bleiben.

Wie darauf zu reagieren ist, wurde eigentlich schon in der vorigen Frage beantwortet.
Wenn mich jemand als "Nazi" bezeichnen würde (ist mir noch nicht passiert), würde mich das wahrscheinlich nicht allzu sehr tangieren. Ich bin nach dem Krieg geboren worden und habe mir nichts vorzuwerfen. Dabei weiß ich natürlich um unsere Vergangenheit und reagiere sensibel auf Antsemitismus und Ausgrenzung.

Mane

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