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Aktuelle Themen Nun, wieder mal etwas Neues ... oder doch nicht?

niederrhein
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Nun, wieder mal etwas Neues ... oder doch nicht?
geschrieben von niederrhein
Nun, wieder mal etwas Neues
... oder doch nicht?



Am 8. April 2009 erschien die folgende Rezension in der Süddeutschen Zeitung:
http://community.seniorentreff.de/storage/pic/userbilder/a30f1d57825f100a5a9ba38c76fffe20/funktionbilder4fuerbestimmtezwecke/147468_3_Funktionbilder_4_Fuer_bestimmte_Zwecke.jpg[/img]

... worauf ich mir die beiden rezensierten Bücher von Derrick Jensen zulegte und zu lesen begann.

In beiden Bänden hat der Autor dem eigentlichen Text Prämissen vorangestellt.



Aus dem Band Endgame (S. 7-11)
[i]Die in Klammern gesetzten Ergänzungen sind von mir; Bertha.



Prämissen

Prämisse eins: Zivilisation ist nicht nachhaltig und kann es niemals sein. Dies gilt insbesondere für die industrielle Zivilisation.

Prämisse zwei: Es kommt selten vor, dass traditionelle Gemeinwesen die Ressourcen, auf denen ihre Gemeinschaften beruhen, freiwillig aufgeben oder verkaufen. Sie lassen auch nicht aus freien Stücken zu, dass ihrer Landbasis Schaden zugefügt wird, um andere Ressourcen wie Gold, Öl und so weiter aus ihr herauszuholen. Daraus folgt, dass diejenigen, die sich der Ressourcen bemächtigen wollen, alles unternehmen werden, was in ihrer Macht steht, um diese traditionellen Gemeinwesen zu zerstören.
(Ergänzung: Nicht erst die rund 500 Kolonialgeschichte, sondern sowohl die Politik der Römer und der Griechen, der Briten in Schottland (in allen Fällen führte der Schiffsbau zur Zerstörung ganzer Wälder und der Veränderung der Landschaft) als auch die gegenwärtige Politik der Industriestaaten gegenüber den Rohstoff-Länder verifizieren diese Prämisse zwei.)[/indent]

Prämisse drei: Unsere Lebensweise - die industrielle Zivilisation - erfordert für ihren Erhalt perma-nente und allumfassende Gewalt. Ohne Gewalt würde sie sehr schnell zusammenbrechen.

Prämisse vier: Die Zivilisation beruht auf einer klar definierten und weithin akzeptierten, häufig jedoch nicht zum Ausdruck gebrachten Hierarchie. Die in dieser Hierarchie von oben nach unten ausgeübte Gewalt bleibt fast immer unsichtbar und also unbemerkt. Wird sie indes bemerkt, dann wird sie in vollem Umfang rationalisiert. Es ist undenkbar, dass Gewalt in dieser Hierarchie von unten nach oben ausgeübt wird. Wenn das trotzdem vorkommt, betrachtet man sie mit Bestürzung und Entsetzen und macht die Opfer zum Fetisch.
(Ergänzung: Die Staatsform der Demokratie – d.h. die Möglichkeit, nach einigen Jahren per Stimm-zettel bestimmte Vertreter abzuwählen und/oder neue Vertreter zu wählen – ändert nichts an den grundlegenden Strukturen und Verhältnissen. Als wenn die nationale Politik irgendeine relevante Macht gegenüber dem international agierenden Kapital eine Chance hätte ... dem Staat bleibt (so einmal [i]Edmund Stoiber[sic!]) „nur eine Mängelverwaltung“, eine gewisse Kompensationsmöglichkeit angesichts der gigantischen sozialen Schäden, die der Kapitalismus seit seiner Entfaltung gleichsam systemimmanent erzeugt. Kapitalismus, dessen Maxime die schrankenlose Selbstbereicherung eben ist, ist per se unsozial und basiert auf der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen.)


Prämisse fünf: Das Eigentum derjenigen, die in der Hierarchie oben stehen, ist wertvoller als das Leben derer, die unter ihnen stehen. Es wird gebilligt, dass die Herrschenden ihr Privateigentum vermehren - im Klartext: Geld machen -, indem sie das Leben der Beherrschten ruinieren oder sie sogar töten. Das nennt man Produktion. Wenn aber die Beherrschten dem Eigentum der Herrschenden Schaden zufügen, dann dürfen die Herrschenden die Beherrschten töten oder ihnen auf andere Weise das Leben ruinieren. Das nennt man dann Gerechtigkeit.

Prämisse sechs: Die Zivilisation ist unumkehrbar. Diese Kultur wird sich nicht freiwillig zu einer vernünftigen und nachhaltigen Lebensweise bekehren. Wenn wir ihr kein Ende setzen, wird die Zivi-lisation weiterhin die große Mehrheit der Menschen in die Verelendung treiben und die Erde aus-plündern, bis sie (die Zivilisation und wahrscheinlich auch die Erde) zusammenbricht. Unter den Auswirkungen dieses Raubbaus werden Menschen und nichtmenschliche Lebewesen sehr lange Zeit zu leiden haben.

Prämisse acht: Die Bedürfnisse der Natur sind wichtiger als die Bedürfnisse des Wirtschaftssystems. Anders formuliert: Jedes wirtschaftliche oder gesellschaftliche System, von dem die natürlichen Gemeinschaften, auf denen es basiert, nicht profitieren, ist nicht nachhaltig und daher unmoralisch und dumm. Nachhaltigkeit, Moral und Intelligenz (und ebenso die Gerechtigkeit) verlangen die Demontage jedes derartigen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Systems, allermindestens jedoch müssen wir verhindern, dass es unsere Landbasis schädigt.

Prämisse neun: Ganz bestimmt wird es eines Tages weitaus weniger Menschen als heute geben, doch gibt es viele Möglichkeiten, wie dieser Bevölkerungsrückgang zustande kommen kann (oder wie er herbeigeführt werden kann, je nachdem, wie aktiv oder passiv wir diesen Wandel angehen wollen). Einige dieser Möglichkeiten werden extrem gewaltsam und entbehrungsreich sein: Eine atomare Katastrophe zum Beispiel würde auf schreckliche Weise sowohl die Bevölkerung als auch den Konsum reduzieren. Dasselbe gilt für den Fall, dass wir weiterhin die Ressourcen so ausbeuten wie heute und dass dies eines Tages zum Zusammenbruch führt. Andere Möglichkeiten könnten weniger gewaltsam verlaufen. Doch angesichts des derzeitigen Ausmaßes der Gewalt, die diese Kultur auf Mensch und Natur ausübt, ist eine Reduzierung der Bevölkerung und des Konsums ohne Gewalt und Entbehrung nicht vorstellbar, und zwar nicht, weil diese Reduzierung selbst zwangsläufig gewaltsam vonstatten gehen muss, sondern weil Gewalt und Entbehrung zum Normalzustand unserer Kultur geworden sind.

[...]

Prämisse zwölf: Es gibt keine reichen und keine armen Menschen auf der Welt. Es gibt nur Men-schen. Die Reichen haben vielleicht einen Haufen buntes Papier und viele tun so, als wäre das etwas wert - manchmal ist ihr angeblicher Reichtum sogar noch abstrakter: Zahlen auf Festplatten von Banken -, während die Armen das vielleicht nicht haben. Diese »Reichen« behaupten, Land zu be-sitzen, und den »Armen« wird oft das Recht verweigert, dasselbe zu behaupten. Eine Hauptaufgabe der Polizei besteht darin, die Wahnvorstellungen derer durchzusetzen, die einen Haufen bunter Pa-pierschnipsel haben. Diejenigen ohne bunte Papierschnipsel schlucken diese Wahnvorstellungen im Allgemeinen fast genauso schnell und vollständig wie diejenigen mit bunten Papierschnipseln. In der Realität zeitigen diese Wahnvorstellungen extreme Folgen.

Prämisse dreizehn: Die Herrschenden regieren durch Zwang, und je eher wir uns von der Illusion freimachen, dies sei nicht der Fall, desto eher können wir zumindest anfangen, vernünftige Entschei-dungen zu treffen, ob, wann und wie wir Widerstand leisten.

Prämisse neunzehn: Das Problem der Kultur liegt vor allem darin, dass wir glauben, es sei gerechtfertigt, die Natur zu beherrschen und zu misshandeln.

Prämisse zwanzig: Nicht das Wohlergehen der Gemeinschaft, nicht moralische Grundsätze, nicht Ethik, nicht Gerechtigkeit, nicht das Leben selbst sind in dieser Kultur der Motor sozialer Entscheidungen, sondern wirtschaftliche Erwägungen.

Modifikation der Prämisse zwanzig: Soziale Entscheidungen werden überwiegend (und oft ausschließlich) danach getroffen, ob diese Entscheidungen den monetären Reichtum der Entscheider und ihrer Herren vermehren.

Zweite Modifikation der Prämisse zwanzig: Soziale Entscheidungen werden überwiegend (und oft ausschließlich) danach getroffen, ob diese Entscheidungen die Macht der Entscheider und ihrer Herren vermehren.

Dritte Modifikation der Prämisse zwanzig: Soziale Entscheidungen basieren überwiegend (und oft ausschließlich) auf dem fast völlig unhinterfragten Glauben, die Entscheider und ihre Herren hätten das Recht, ihre Macht und/oder ihren finanziellen Reichtum auf Kosten derer zu vermehren, die unter ihnen stehen.
[...]


Verantwortlich

Die Bertha
vom Niederrhein




kolli
kolli
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Re: Nun, wieder mal etwas Neues ... oder doch nicht?
geschrieben von kolli
als Antwort auf niederrhein vom 26.04.2009, 13:42:48
der ³Nr1 in unserer EU besagt ja :alles hat sich den wirtschaftkichen Interessen unterzuordnen.
Das heisst was es sagt: alles : immer zuerst das Geld. In welcher Benamsung das auch immer in Erscheinung tritt.
Wirtschaftlichkeit, Rentabilität, Fortschritt.Es hört sich immer plausibel an, bringt uns aber vermutlich nicht wirklich weiter:
Häuptlg.Seatle soll gesagt haben: wann werdet ihr merken dass man Geld nicht essen kann?
schau mal einer nach, wie lange das schon her ist!

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kolli

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