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Aktuelle Themen Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?

niederrhein
niederrhein
Mitglied

Bauch oder Nicht-Bauch ... das ist hier nicht die Frage
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf Doppelnick2gesperrt vom 22.04.2008, 18:58:30
Bauch oder Nicht-Bauch ... das ist hier nicht die Frage

denn ob jemand aus dem Bauch heraus urteilt oder nicht, ist letztlich (s)eine persönliche Angelegenheit und allenfalls eine intellektuelle Frage ...
Aber damit lenkt man vom eigentlichen Anliegen ab.

Und ich habe zu dieser Zeitungsmeldung (was eben dieser Künstler plant) zusätzlich aus der heutigen Süddeutschen Zeitung zitiert, welche Intention der Künstler mit seinem Projekt verfolgt: siehe einige Beiträge vorher!
Dazu sollte man Stellung nehmen (nicht, ob jemand aus dem Bauch heraus urteilt oder nicht ...).

Und was das Sterben betrifft ... wohlbemerkt über dieses Projekt hinaus bzw. unabhängig von diesem Projekt:
Das ist eben die Frage: Kann der Mensch, können die Menschen auf dieser Welt in Würde sterben?(1) (Zumal der größte Teil der Menschen auf dieser Erde vorher kaum unter "würdevollen" Bedingungen leben konnte ...)


Die Bertha
vom Niederrhein


(1) ... was immer man auch darunter versteht!
angelottchen
angelottchen
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Re: Antwort in Stichworten ... (Bezogen auf Marinas Frage)
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf niederrhein vom 22.04.2008, 16:43:35
Bertha, proklamierst Du ernsthaft dafür, das das öffentliche Sterben zur Kunstform ernannt wird???
Es geht nicht darum, den Tod aus einer Tabuzone zu holen - es geht viel mehr darum, dass einen Hauch von Jahrmarksbude hat, in der Frauen ohne Unterleib oder sogenannte Freaks ausgestellt werden, um die Befriedigung des sensationsgeilem Publikums - und um daran schlussendlich auch zu verdienen.

Dagegen waren die ehemaligen Benetton-Fotos WIRKLICH künstlerisch wertvoll und hatten so etwas wie eine gesellschaftskritische Botschaft.

Glaube mir, ich bin die letzte, die bigotte Zensorin spielen möchte , aber bloss, weil etwas vom "Schöpfer" oder Ideengeber zur "Kunst" erhoben wird, darf er lange noch nicht alles.
--
angelottchen
niederrhein
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Allein die Intention ...
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf darklady vom 22.04.2008, 18:57:19
Allein die Intention ...

könnte doch zum Nachdenken anregen?

[...] Da das Thema Sterben sehr aus unserem Leben verdrängt wird, kann ich die Ansätze des Künstlers(soviel man dem Artikel entnehmen konnte) auch verstehen. [...] darklady


Ich muß gestehen ... ich habe die ersten Kurzmeldungen zu diesem Projekt schlichtweg ignoriert - weiß der Kuckuck, schoß es mir durch den Kopf, was so einem Menschen nur einfällt! Vermutlich bin ich zu konventionell und auch zu konservativ, um so etwas interessant zu finden. (Ob allerdings das Epitheton "toll" hier angemessen ist?)

Dann aber ... mit der Lektüre des kurzen Artikels aus der SZ ... leuchtete mir dessen Intention (weniger bzw. nicht aber das durchgeführte Projekt) sehr wohl ein.
Die Frage nach der Würde des Menschen bzw. dessen Sterbens in dieser Welt ... wie sieht's damit aus in dieser Welt? (Siehe meine vorausgegangenen Zeilen!)

Ob dieses Projekt realisiert wird oder nicht ... aber der Frage nach einem würdevollen Leben und Sterben - dieser Frage sollte man sich stellen. Und das wollte wohl der Künstler.

Im übrigen: Auf das Projekt - das öffentlich präsentierte Sterben - (an sich doch nichts Neues ... einsam gestorben in Altersheimen und/oder Krankenhäusern, verhungert, verreckt, krepiert, zerfetzt, ermordet wird doch laufend öffentlich - dank TV für fast alle Menschen öffentlich und präsent!) - kann man verzichten; Die Archive enthalten sicher ausreichend Filmmaterial für einen Thementag und eine Themennacht in 3sat und/oder Phoenix ....


Die Bertha
vom Niederrhein



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niederrhein
niederrhein
Mitglied

Das wurde wohl etwas falsch verstanden ...
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf angelottchen vom 22.04.2008, 20:18:34
Das wurde wohl etwas falsch verstanden ...

Bertha, proklamierst Du ernsthaft dafür, das das öffentliche Sterben zur Kunstform ernannt wird? Es geht nicht darum, den Tod aus einer Tabuzone zu holen [...]


Verzeihung ... ich habe nirgends dafür proklamiert! (Noch einmal: Ich habe aus der SZ zitiert.)

Mich interessiert dieses konkrete "Projekt" auch gar nicht (siehe vorausgegangenen Beitrag); und daß die Gefahr einer "Jahrmarksbude" besteht, sehe ich natürlich auch, wobei man allerdings sagen muß, daß die andere Seite des Ganzen ist, daß solche Projekte sowohl die entsprechenden Medien und vor allem das entsprechende Publikum finden.

Aber die damit verbundene Frage nach Würde und Sterben ... hier in dieser Gesellschaft und/oder in der Welt ... die beschäftigt mich schon. Wohlbemerkt (wenn auch wiederholt) - unabhängig von diesem obskuren "Projekt".)

Ich hoffe, ich bin richtig verstanden worden.

Die Bertha
vom Niederrhein





Re: Antwort in Stichworten ... (Bezogen auf Marinas Frage)
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf angelottchen vom 22.04.2008, 20:18:34
Angelottchen, hier stinmme ich wieder einmal voll mit dir überein.
Ehrlich gesagt habe ich nicht einmal große Lust, mir so viele Gedanken zu machen über die "Intention des Künstlers", die ich in diesem Fall für eine Scheinintention halte (er möge mir verzeihen, wenn ich ihm Unrecht tue). Einfach deshalb, weil ich glaube, dass manchmal (nicht immer) ein ursprüngliches "Bauchgefühl" auch ein ganz guter Indikator sein kann. Man kann nämlich auch so lange eine eigentlich inhumane Angelegenheit (und dafür halte ich ein solches Zoo-Unterfangen) intellektuell hin- und herwälzen, bis das eigene Urteilsvermögen ausgeschaltet ist, weil man sich beeinflussen lässt.
Dass das Sterben auch sonst nicht immer würdevoll verläuft, worauf Bertha zu Recht hinweist, ist natürlich richtig. Aber muss man es noch forcieren um der sog. "Kunstfreiheit" willen (die ich sonst hochhalte, weil ich eine Menge von Liberalität in diesem Sektor halte)? Die Frage ist doch die: Was ist Kunst, und was darf sie? Und ich stimme Beuys nicht zu, der gesagt hat, dass alles Handeln Kunst oder jeder Mensch ein Künstler sei.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Beuys das überhaupt so gemeint hat, wie es hier praktiziert wird. Denn in einer Diskussion, die ich heute morgen im WDR darüber gehört habe, wurde er mit diesen Worten als Vorkämpfer für eine solche Aktion zitiert.
--
marina
adam
adam
Mitglied

Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von adam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.04.2008, 10:57:30
Was denken sich sog. "Künstler" noch aus, um in die Schlagzeilen zu kommen?

Ich möchte mal ohne jede Emotion, also auch ohne Bauchgefühl, das nur zur Geschmacklosigkeit führen kann, argumentieren:

Kunst setzt Kreativität voraus. Würde der "Künstler" sein eigenes Ableben gestalten, müßte ich versuchen, dies als Kunst zu verstehen. Aber das tut er nicht, sondern verlangt das von anderen Menschen. Sind diese sterbenden Menschen Künstler? Sind sie beim Sterben kreativ? Wohl sicher nicht, denn Sterben bedeutet auch das Ende jeder Kreativität. Sterben kann jeder!

meint

--
adam

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Karl
Karl
Administrator

Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 22.04.2008, 23:50:25
Über die Intentionen des Künstlers zu spekulieren (aufmerksam auf ein Sachproblem machen oder selbst bekannt werden wollen) ist die eine Sache, feststellen, dass nun vielerorts auch die Würde beim Sterben diskutiert wird, die andere.

Gute Kunst provoziert, sie ist eine Art Demonstration, regt zum Denken an. Die Ankündigung des Events hat deshalb m. E. einen positiven Aspekt bereits gehabt, die Durchführung des Events würde ich deshalb trotzdem nicht unterstützen und könnte sogar ein Verbot verstehen.
--
karl
adam
adam
Mitglied

Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 23.04.2008, 08:03:50
Grüß Dich Karl,

erlaube mir ein paar Worte zu Deinem Beitrag.

Über die Intentionen des Künstlers zu spekulieren (aufmerksam auf ein Sachproblem machen oder selbst bekannt werden wollen) ist die eine Sache, feststellen, dass nun vielerorts auch die Würde beim Sterben diskutiert wird, die andere.

--
karl
geschrieben von karl


Über die Medien bin ich oft unfreiwilliger Kunstkonsument und deshalb muß es sich der Künstler m.E. gefallen lassen, daß ich seine Absicht hinterfrage. Ich lasse mir nicht alles als Kunst auftischen, was als Kunst bezeichnet wird. Die meisten Menschen scheuen die Hinterfragung, weil sie sich mit Kunst nicht auskennen und befürchten, sich mit Kritik zu blamieren. Da ich selber nicht gerade auf den Mund gefallen bin, lasse ich mich von sog. "Kunstkennern" nicht niederreden.



Gute Kunst provoziert, sie ist eine Art Demonstration, regt zum Denken an. Die Ankündigung des Events hat deshalb m. E. einen positiven Aspekt bereits gehabt, die Durchführung des Events würde ich deshalb trotzdem nicht unterstützen und könnte sogar ein Verbot verstehen.
--
karl
geschrieben von karl



Ich bin auch der Meinung, daß gute Kunst provozieren kann (nicht muß!). Nur: Nicht jede Provokation ist auch Kunst! Die künstlerische Provokation sollte ihre Grenze in Tabubereichen finden. Deswegen kann/sollte man trotzdem über Tabus sprechen, ob sie z.B. noch zeitgerecht sind. Aber: Muß ich ein reales Event über Kindesmißbrauch inszinieren, um auf diesen Mißstand aufmerksam zu machen? Ich denke nicht. Das gilt m.E. auch für das Sterben

--

adam
nasti
nasti
Mitglied

Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von nasti
als Antwort auf adam vom 22.04.2008, 23:50:25

Hi Adam,

Kunst ist das leben, und zum leben gehört das Tod auch. Schon als Kind sah ich Filmen mit das Tod, z.B. über Wasili Iwanowitsch Surikov, ein begnadeten russischen Kunstmaler, malte seine heißgeliebte Frau bei sterben.
Er starb kurz danach von Kummer.
Mein Stiefvater war eine „gelungene“ Mischung aus Stalin, Hitler und Osama bin laden, hatte ich eine harte Erziehung, und gerade deswegen auch die Härte Ihn bist tode begleiten.
Habe ich einige Skizzen gemacht von seinem Gesicht, es ist HÖCHST interessant das Todeskampf. Sie sehen viele Dinge, welcher wir nicht sehen.
Und überhaupt von Kindheit an hatte ich die Ehre ungewollt bei vielen sterbenden da sein, schon als 4 jähriges Kind lag ich in KH in einem Bett mit einer Frau, welcher friedlich starb an meiner Seite. Ich war auch todgeweiht schon, und befand mich in Jenseits. Mein „überleben“ war für die Ärzte ein echtes Wunder, 2 Nonnen beteten ganzen Tag bei meinem Bett als wäre ich eine heilige.
Seitdem habe ich kein Angst gegen das Tod, in Gegenteil, fast jede Nacht bin ich in Todesbereich in meine Träume.

NaSTI


schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf nasti vom 23.04.2008, 09:49:33
Sterben wird oft als Kunst empfunden,
dieweil es halt mit Tod verbunden (

Manche denken tatsächlich, das Sterben sei eine Kunst. Dabei muss es keiner lernen - nur machen!

Ich halte es aber für Unsinn, das Sterben als Kunst abzubilden.

--
schorsch

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