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Aktuelle Themen Zinsen auf Null. Was bedeutet dies eigentlich?

schorsch
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von schorsch
als Antwort auf carlos1 vom 12.03.2016, 23:41:52
Wie ich schon mehrmals hier postete: Alles hängt nur vom Glauben ab.

Beispiel: Wenn genügend Menschen (Konsumenten) glauben, es gehe aufwärts mit der Wirtschaft, dann geben sie ihr Geld aus - und das kurbelt die die Wirtschaft an. Im umgekehrten Falle halten die Konsumenten ihr Geld zurück "für Notzeiten" - drosseln damit die Produktion - und rufen mit dieser Ängstlichkeit die Notzeiten gewaltsam ins Land.
carlos1
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von carlos1
als Antwort auf schorsch vom 13.03.2016, 10:22:43
"Wie ich schon mehrmals hier postete: Alles hängt nur vom Glauben ab.

Beispiel: Wenn genügend Menschen (Konsumenten) glauben, es gehe aufwärts mit der Wirtschaft, dann geben sie ihr Geld aus - und das kurbelt die die Wirtschaft an." Schorsch


Lieber Schorsch,
Wirtschaft ist vor allem auch Psychologie, das bestreitet niemand. Darin stimme ich dir zu.

Das Problem liegt aber tiefer: Nicht allein der private Konsum kann Konjunkturmotor sein. Vor allem auch die Investitionstätigkeit der Unternehmen spielt eine Rolle. Die Unternehmen benötigen Kredite von den Banken. Die Banken wiederum halten sich zurück und vergeben zu wenig Kredite. Die Überschuldung des Staates, der mit Investitionen sich zurückhält und die Schulden vieler Unternehmen das sind dieProbleme der Eurozone. Weltweit ist das in vielen Staaten so. Die Schulden der Staaten wachsen.

Die Diskussion unter den Ökonomen nimmt derzeit Fahrt auf und geht bereits über die Maßnahmen der EZB hinaus. Offen wird die Staatsfinanzierung durch die Notenbanken als Lösung der Verschuldenskrise favorisiert. Braucht der Staat Geld, so soll die Notenbank das Geld per Kredit gewähren (= drucken). Anders könne man die Problem eder Weltwirtschaft nicht lösen.

Milton Friedman, Nobelpreisträger und Begründer des Monetarisemus erläuterte in der Parabel vom Hubscharaubergeld. Ein Hubschrauber fliegt über eine Stadt und lässt 1000 Dollarscheine herabregnen. Ohne Zweifel werden die Einwohner so viele Scheine wie möglich einsammeln und für den persönlichen Bedarf ausgeben. Wie schön. In der realen Welt aber sähe es anders aus. Die Notenbank würde keinen Hubschrauber losschicken und Banknoten abwerfen. Vielmehr würde die Notenbank der Regierung auf deren Ersuchen einen Kredit geben, damit diese die Steuern senken kann. Das wäre das radikalste denkbare Konjunkturprogramm. Das Besondere daran: Es komt gut an beim Staatsvolk..

Der Unterschied zur derzeitigen Praxis der EZB mit ihrem QE (lockere Geldpolitik) besteht darin, dass das so ausgeteilte Geld nicht mehr rückholbar ist. Draghi dagegen kann die gekauften Anleihetitel wieder verkaufen udn somit das Geld, das in den Geldkrieslauf geflossen ist, vernichten.

Man ist unter Ökonomen überzeugt, dass zum Zwecke der Nachfragestimulierung unkonventionelle Wege begangen werden müssen. Die Politk müsse sic hauf eine neue Normalität einstellen, wobei die politischen Methoden unbequemer werden.

Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass die Methoden keineswegs neu sind und im letzten Jahrhundert verheerende Folgen zeitigten. Die Hyperinflation von 1923 wurde mit dieser Methode herbeigefühert und ebenso die Finanzierung der Wiederaufrüstung des Dritten Reiches.
Mobutu hat im Kongo schon vor Jahrzehnten diese Methoden benutzt, um sich Geld zu beschaffen. Gefragt, wie er Geld für seine Regierung beschaffe, antwortete er, dass ein Anruf bei der Notenbank genüge. Das Geld würde ihm dann geschickt.

1923 wurde vo nder Reichsregierung der Ruhrkanmpf so finanziert, Hitler bezahlte die Wechsel für die Metallfoschungs GmbH nicht (Wechselbetrug).

Um das zu vermeiden, schlägt Lord Turner (ehemals Chef der brit. Bankenaufsicht in seinem erzeit aufeshenerregenden Buch)vor, die Notenbanken an ein Inflationsziel zu binden.

Anmerkung: Mit der Währungsumstellung auf die Rentenmark 1924 nach der Hyperinflation waren alle Kriegsschulden des Dt. Reiches für den 1. Weltkrieg bezahlt (bis auf einen Rest von etwas über einer RM und ein paar Pfenigen. Der Krieg hatte ca 166 Goldmark gekostet. Bezahlt wurde er fast vollständig durch Kriegsanleihen. Die Bürger bezahlten den Krieg durch den Verlust ihres Geldvermögens. Der Staat dagegen war durch die Währungsumstellung saniert.

Ich wünsche eine Gute Nacht
c.
rehse
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von rehse
als Antwort auf carlos1 vom 13.03.2016, 22:22:41
Die Bürger pleite und der Staat saniert. Und ich dachte immer "die Bürger sind der Staat?" Stimmt? Stimmt etwas? Stimmt gar nicht?

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schorsch
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von schorsch
als Antwort auf carlos1 vom 13.03.2016, 22:22:41
Die Unternehmer investieren auch nur so lange als sie daran glauben, dass es sich lohnen wird.
carlos1
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von carlos1
als Antwort auf rehse vom 14.03.2016, 09:49:00
" .... Und ich dachte immer "die Bürger sind der Staat?" Stimmt? Stimmt etwas? Stimmt gar nicht?" rehse


Lieber Rehse,
wenn du ein Lehrbuch des Staatrechts in die Hand nimmst und nach griffigen,kurzen Merkmalen des Begriffs Staat suchst, erhältst du folgenden Hinweis:

Ein Staat ist eine politische Organisation einer Personengemeinschaft, die im Sinne der sog. Drei-Elemente-Lehre folgende wesentliche Merkmale erfüllen muss:
– Staatsgebiet
– Staatsvolk
– Staatsgewalt

Die Bürger in der Bundesrepublik (demokratischer Rechtsstat) wären demnach als oberster Souverän Teil der Staatsgewalt.

Ich bezog mich auf diese Drei-Elemente-Lehre und sprach vom Staatsvolk.

Viele Grüße
c
carlos1
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von carlos1
als Antwort auf schorsch vom 14.03.2016, 10:37:06
"Die Unternehmer investieren auch nur so lange als sie daran glauben, dass es sich lohnen wird." Schorsch

Lieber Schorsch,
das ist richtig. Ich habe dich nicht widerlegen wollen, sondern nur gesagt, dass mit wirtschaftlichen Entscheidungen mehr als nur reiner "Glauben" verbunden ist.

Was bedeutet "Glauben" bei Überlegungen einer möglichen Investition? Geht amn von bekannten fundamentalen Daten der Ökonomie aus, nach der sich eine Investiton lohnen könnte, so bedeutet "Glauben" an eine irgendwie und irgendwann eintretende Amortisation (Gewinne!) infolge der Investition nichts anderes als eine Verhaltensdisposition in einer bestimmten ökonomischen Situation.

Gewinne sind aber nicht immer alleinige Ursache einer Investition. Investitionen, die Verluste einbringen, können vor allem dann sinnvoll sein, wenn sie die Marktstellung (auch Marktanteil) eines Unternehmens mittel-/langfristig verbessern.

Viele Grüße
c

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schorsch
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von schorsch
als Antwort auf carlos1 vom 14.03.2016, 11:20:12
....aber wie überall gibt es auch auf diesem Gebiet leider Abzocker, Spekulanten, Hasardeure - und Idioten.

Aber zum Ausgleich gibt es ja auch auf der Seite der Abgezockten letztere Spezies.
olga64
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von olga64
als Antwort auf rehse vom 14.03.2016, 09:49:00
Ich habe die Beiträge jetzt nachgelesen und finde es gut, wenn einige Diskutanten mit Sachverstand es doch wieder schaffen nach der üblichen Keiferei und Streiterei zu dem wichtigen Thema zurückzukehren und zwar faktengestützt mit guten Informationen, aus denen eigentlich jede(r) lernen könnte, wenn er/sie es denn möchte, bzw. daran interessiert ist ausserhalb von den üblichen, gängigen Halbwahrheiten.
Vor einiger Zeit konnte man hier im Forum lautes Geschimpfe lesen über die bösen Banken, die den Menschen das Geld mit überhöhten Zinsen aus den Taschen holen. Man verwies sogar auf arabische Banken, die aufgrund des Islam dies anscheinend nicht dürften.
Jetzt sind wir soweit - Geld kostet nichts mehr. Geht damit der Kapitalismus zu Ende? Und was folgt dann?
Blöd dran ist der kleine Sparer, der zudem auch nicht bereit ist, in Aktien anzulegen (obwohl es hier natürlich auch risikoärmere Fonds gibt, die eine hübsche Rendite garantieren würden).
Ein Problem mit den Südstaaten dürfte sein, dass diese die im Zusammenhang mit ihren hohen Verschuldungen eingeleiteten Stabilisierungs- und Sparmassnahmen wieder ad acta legen werden und die Neuverschuldung vorantreiben, was sie beim Wähler auch wieder beliebter machen dürfte.
In Deutschland gibt es auch ein Problem für Pensionäre, Besitzer von Lebensversicherungen usw. DA diese für die angelegten Gelder keine Zinsen mehr erhalten, werden sich die Rücklagen und die Auszahlungsversprechen an ihre Kunden stark dezimieren. Das bedeutet dann entweder, dass die dahinterstehenden Firmen diese Beträge aus ihrem Firmenkapital entnehmen müssen (und im Gegenzug weniger investieren können) oder den SChritt gehen, dass sie die Pensionsansprüche für ihre Mitglieder reduzieren. Olga
rehse
rehse
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Re: Draghi ist dabei, die Zukunft zu ruinieren
geschrieben von rehse
als Antwort auf carlos1 vom 14.03.2016, 10:54:16
Lieber Carlos,
vielen Dank für die Erklärung.
Gruß rehse

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