andere gesellschaftliche Themen Nur mal so: Heute ist Volkstrauertag
Steinerne Gesichter der Zuhörer, die sich wohl auch gefragt haben, wieso das alles, wieso sie das auch heute noch was angeht. Steinmeier hat versucht, diese Fragen zu beantworten. Er hat auch die Gefallenen der heutigen Kriegshandlungen angesprochenen, wie damit umzugehen sei, wie den betroffenen Hinterbliebenen, Familien, Angehörigen zu erklären sei, dass einer von ihnen nicht mehr zu ihnen zurückkommt.
Danach wurde sehr bewegende Musik zur Trauer gespielt. Dann hat ein Trompeter das Lied von dem Kameraden gespielt, der neben ihm von einer Kugel getroffenen, fiel. Dieses Lied lässt mir jedes Mal Schauer über den Rücken kommen. Ich kenne die Melodie noch aus der Zeit, als ich noch sehr jung war.
Dann wurde die Europahymne gespielt und das Deutschlandlied gesungen.
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Wenn ich hier in Schleswig-Holstein unterwegs bin, komme ich auch an Friedhöfen vorbei, auf denen besondere Kreuze stehen für russische Gefangene. die fern ihres Landes und ihrer Familien hier bei uns verstorben sind. Ich wundere mich, dass in jedem Dorf ein Denkmal ist mit den Namen der Männer, die in den Krieg ziehen mussten und nicht lebend zurück kamen. Solche Gedenkstätten gibt es auch in den allerkleinsten Gemeinden mit nur wenigen Häusern. Ich kann es immer kaum glauben, dass selbst dort der Krieg seine Opfer an Menschenleben gefordert hat.
Der Vater meiner Frau ist gleich in den ersten Kriegstagen in Kasachstan in Kriegsgefangenschaft verstorben. Von den beiden Brüdern meiner Mutter weiß man bis heute nicht, wo sie geblieben sind. Mein Opa hat jahrelang an der Gartenpforte gestanden und hat vergeblich nach ihnen Ausschau gehalten. Sie kamen nicht, auch wenn er das so gewünscht hat. Gesprochen hat er über seinen Schmerz nicht.
jacaré4
In meiner Familie wurden diese beiden Tage immer bewusst begangen, wobei am Totensonntag ausschließlich an die Verstorbenen der Familie gedacht wurde. Ich bin schon als Kind mit meinem Großvater zum Friedhof gelaufen, damals gab es eine Grabstätte mit seinen Eltern und seiner Schwester. Er war der letzte, der auf dieser Grabstelle bestattet wurde.
Eine neue Grabstelle habe ich sehr viel später auf diesem Friedhof gekauft, als mein Vater starb und ich die Urne mit seiner Asche aus Lindau / B. nach Berlin überführen lassen konnte. Seit 2 Jahren hat auch meine Mutter dort ihre letzte Ruhestätte gefunden, sie hat ihn um sehr viele Jahre überlebt.
Trauer kann man zeitlich nicht begrenzen, nicht umsonst ist die Rede von einem Trauerjahr. Manche Menschen trauern länger als andere und jeder auf seine und auch unterschiedliche Weise. Noch ein paar Verse von Rilke und dann ist für heute genug getrauert.
Michiko
Nur so, als Nachtrag, so werden Stolpersteine in München verlegt, NEBEN ÖFFENTLICHEN WEGEN.
Aber sehr gepflegt durch empathische Menschen , es geht um die Ehrung Vernichteter, die nur einen kleinen Stein, kein Grab als Erinnerung haben.
Muss man denn auf Kommando trauern können? Reicht es nicht, es dann tun zu können/müssen, wenn man gerade etwas Trauriges erlebt?
@schorsch: Ich glaube, Du hast meinen Beitrag missverstanden. Ich habe nicht mal ansatzweise Trauer "eingefordert", sondern nur meine Empfindung beschrieben. Bei Einführung des Volkstrauertages gab es auch kein "Kommando". Damals waren in den Kriegen soviele Menschen gestorben, dass der Tag einem mehrheitlichen Bedürfnis entsprach. Warum das heute nicht mehr der Fall ist, könnte man z.B. hier diskutieren.
Sollte umbenannt werden in Politikererinnerungstag.
Ich empfinde, dass der Volkstrauertag und der Totensonntag im Laufe der Jahre "verkümmert" sind. Bis vor einigen Jahren hat man sie noch am Fernsehprogramm erkannt; heute aber allenfalls an einer Feierstunde im Bundestag o.ä. Das ist so, wie es ist; aber wenn ich drüber nachdenke, geht damit auch ein Stück unserer Kultur verloren. Wenn Trauertage beliebig werden und sich kaum von anderen Tagen unterscheiden, finde ich das traurig.
In Deutschland gibt es viele Tage zu Trauer und Erinnerung, Beispiele: Das Ende des 2. Weltkrieges, Erinnerungstage an die Gräuel der Nazis, der Überfall auf die Sowjetunion, Verdun im 1.Weltkrieg oder die Landung der Alliierten in der Normandie im 2.Weltkrieg, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch die öffentliche Politik nimmt daran teil, fördert das und das ist für mich auch würdig und gut so. Der Volkstrauertag ist heute nur einer von vielen.
Aber Trauer ist auch etwas individuelles. Jeder, auch jede Familie kann selber bestimmen, wie er/sie mit ihrem Leid und ihrer Trauer umgehen. Ich zum Beispiel möchte noch einmal den Soldatenfriedhof bei Leningrad/Russland besuchen, wo mein Vater wie viele andere deutsche Soldaten durch eine Initiative des VDK umgebettet wurden, wenn es meine Gesundheit und mein Alter noch erlauben.
Und jetzt ihre letzte Ruhe finden als Teilnehmer an einem Krieg voller Gräueltaten und Verbrechen. Und das muss für uns nachgeborene auch Teil der Trauer und eine Verpflichtung sein, dass so etwas nie mehr vorkommt.
Nick42