Anthropologie / Psychologie Innere Leere

Karl
Karl
Administrator

Re: Innere Leere
geschrieben von Karl
als Antwort auf yuna vom 13.12.2012, 12:50:21
@ yuna,

ich selbst finde es ab und zu wunderbar mich zu entspannen und mich fallen zu lassen. In diesen Phasen hat man natürlich keine großen Ziele vor Augen und kann eine innere Ruhe, die ich aber nicht als Leere bezeichnen möchte, genießen.

Ich denke, alles hat seine Zeit. Ich gehöre zu den Typen, die schon nach 5 Urlaubstagen am Strand einen Koller kriegen und den Laptop vorholen.

Beste Grüße, Karl
pschroed
pschroed
Mitglied

Re: Innere Leere
geschrieben von pschroed
als Antwort auf yuna vom 13.12.2012, 12:50:21
Liebe yuna

Ich glaube daß der Mensch mit den allerersten Bedürfnissen zufrieden sein kann,

Der ganze unwichtige Materialismus, ersetzt keine innere Zufriedenheit.

Siehe Grundbedürfnisse laut Maslow.

Phil.
olga64
olga64
Mitglied

Re: Innere Leere
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 13.12.2012, 13:03:06
Ich bin auch ein sehr motorischer Mensch. Eine seltsame Erfahrung war für mich, als ich zu Ende meiner Berufstätigkeit diese auf 4 Tage reduzierte (mit Laptop- und Handy-Bereitschaft). Ich fragte mich vor dem ersten freien Tag, was ich denn mit so viel freier Zeit anfangen könne und hatte schon erste, grosse Bedenken, wie dies in meinem Renterinnen-Dasein sein würde.
Damals entschloss ich mich, diesen freien Tag in einem Fitness-Studio zu verbringen; zuerst zur Probe und dann - seit mittlerweile 8 Jahren als zuverlässiges, trainierendes Mitglied.
Dann nahm ich das Erlernen der italienischen Sprache in Angriff (mache ich auch heute noch) sowie einige andere Dinge, "die ich immer schon machen wollte".
Das alles füllt mich und meine Tage nun so sehr aus, dass ich es richtig geniesse, mal einen Leerlauf-Tag zu haben und auch mal einige Zeit mit Nichtstun verbringe, um meinen Gedanken nachzuhängen. Aber viele solcher Tage möchte ich nicht - es kann ja sein, dass sich dies mal ändert, wenn meine Motorik nachlässt.
In Urlauben am Strand greife ich nie zum Laptop (nehme ich gar nicht mit), sondern greife zu Büchern - dies ist eine weitere grosse Leidenschaft von mir; oder ich laufe oder unterhalte mich mit Leuten. ES ist schön dieses Leben, auch wenn man nichts Grosses zu tun hat. Olga

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yuna
yuna
Mitglied

Re: Innere Leere
geschrieben von yuna
@karl,

(...) eine innere Ruhe, die ich aber nicht als Leere bezeichnen möchte (...)
geschrieben von karl

Wenn man sie bewusst zulässt, diese Ruhe, wird sie für gewöhnlich ja auch nicht als Leere empfunden :) Dann ist es wohlverdiente Entspannung - Entspannung, von der man der Meinung ist, dass sie einem keiner absprechen würde und dass man sie genießen darf.

Kennst du die Situation in der du merktest, dass du dringend eine Pause brauchst, aber irgendwas trieb dich weiter voran? Du hast dir diese Pause einfach nicht gegönnt?
Falls ja: Warum hast du sie dir nicht gegönnt? War es ein innerer Konflikt, ob du diese Pause haben darfst? Ob du sie dir bereits verdient hast? Ob dir die Zeit diese Pause erlaubt? Ob irgendein äußerer Umstand dir diese Pause erlaubt?

Ich weiß nicht genau ob verständlich ist, worauf ich hinaus möchte =/

Vllt. so: Ich habe den Eindruck, dass Menschen, die diese Leere spüren, eine Auszeit brauchen, von der sie der Meinung sind, dass sie diese nicht verdienen. Sie sind sich möglicherweise nicht bewusst, wovon sie sich erholen sollten, wovon sie eine Pause bräuchten. Viele Menschen erleben tagtäglich ein hohes Maß an Stress, den sie ertragen müssen - Stress, bei denen ihnen gar nicht bewusst ist, was sie dabei leisten müssen um das zu stämmen. Es fällt nicht auf die "Haben-Seite", es ist nichts Produktives, wenn man etwas erträgt - es ist nichts, was man jemandem vorlegen kann und sagen: "Guck mal, das habe ich geleistet!". Deshalb zählt es nicht. Es ist keine Leistung und somit nichts, wovon man sich erholen müsste. Unterbewusst wehrt sich der Körper aber langsam, bringt keine Motivation mehr auf - nach und nach fehlt die Kraft noch irgendwas zu tun. Man hat das Gefühl man schafft nichts mehr - Ziele rücken immer weiter weg und verlieren sich schließlich ganz. Man gibt nach und nach auf - man traut sich immer weniger zu. Und plötzlich ist nichts mehr zu tun da - weil alles zu schwer erscheint. Man ist gezwungen eine Pause einzulegen - aber man hat sie sich nicht verdient. So wird vllt. aus dem was, die einen innere Ruhe nennen unter diesen Umständen für die anderen die innere Leere.
Während der Körper schon streikt, ist man im Kopf völlig zerrissen - man kämpft immer noch mit sich, weil es Erwartungen gibt. Man muss doch was erreichen.

Muss man das?
Deshalb im ersten Beitrag von mir die ganzen Fragen :)


Ich denke, alles hat seine Zeit. Ich gehöre zu den Typen, die schon nach 5 Urlaubstagen am Strand einen Koller kriegen und den Laptop vorholen.
geschrieben von karl

So jemand bin ich leider auch, möglicherweise noch viel schlimmer. Ich muss ständig was tun, ich bin quasi dauerhaft am Rotieren Mein Druck ist die Zeit. Aber zumindest habe ich gelernt mich von außen nicht mehr so stark beeinflussen zu lassen. Ich kann auch einfach mal da liegen ohne schlechtes Gewissen und wirklich nur existieren. Ohne Ziel, ohne Aufgabe - einfach nur da sein und mich trotzdem nicht wertlos zu fühlen. Unser Kater macht ja den ganzen Tag auch nischt anderes und scheint damit ganz gut leben zu können
Ich gebe aber zu, leicht fällt es mir nicht - ab und zu meldet sich doch das Gewissen - man ist schließlich Teil der Gesellschaft, wenn nun jeder so faul rumliegen würde oder nur das täte, was ihm Spaß macht - ja, was wäre dann eigentlich?

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Hallo Phil :)

Ich glaube daß der Mensch mit den allerersten Bedürfnissen zufrieden sein kann,
Der ganze unwichtige Materialismus, ersetzt keine innere Zufriedenheit.


Das halte ich ebenfalls für sehr wahrscheinlich. Man sagt doch, wirklich frei ist ein Mensch dann, wenn er mit maximal 7 Dingen auskommen kann.
Kennst du zufällig den Film bzw. das Buch Fight Club? Dort wird es auch ganz passend beschrieben: "The things you own, they end up owning you."
Etwa: Alles, was du besitzt, besitzt irgendwann dich.
Du machst dich abhängig. Abhängigkeit kann meiner Ansicht nach nie zu Erfüllung führen.
Es führt nur zu weiterem Druck, Konsumdruck - es ist wie eine Droge und es wirkt auch so - jeder Rausch vergeht und die Zeit bis zum neuen wird immer unerträglicher. Ein Segen für die Wirtschaft und Banken im kapitalistischen System (^_^) - zumindest oberflächlich. Denn all die kaputten Konsumenten sind ja zu einem Großteil auch Produzenten - kaputte Produzenten aber produzieren irgendwann nicht mehr richtige und dann gar nicht mehr.
Da ist sie wieder, diese innere Leere.
qilin
qilin
Mitglied

Re: Innere Leere
geschrieben von qilin
als Antwort auf Stella vom 12.12.2012, 20:04:19
- das Gefühl, dass einem etwas im Leben fehlt - wäre, wenn uns nichts im Leben fehlte,
das ein idealer[er] Zustand? Mir fällt dazu ein alte Zen-Geschichte ein...

Nan-in, ein japanischer Meister der Meiji-Zeit, empfing einen Universitätsprofessor, der
etwas über Zen erfahren wollte. Er servierte Tee und goss die Schale des Besuchers voll,
hörte aber nicht auf zu gießen, so dass der Tee über den Tisch rann und auf den Boden
tropfte. Der Professor sah mit großen Augen zu, bis er nicht mehr an sich halten konnte:
"Es ist ja schon längst voll - mehr geht nicht mehr hinein!"
"Ebenso wie die Schale" antwortete Nan-in "sind auch Sie voll mit eigenen Meinungen und
Spekulationen. Wie soll ich Ihnen denn Zen zeigen, wenn Ihre Schale nicht leer ist?"

Das Gefühl täglich zu kämpfen, ohne dass der Kampf ein Ende nimmt, dass sich 'die Fülle
des Lebens' noch nicht eingestellt hat, ist ein Zeichen dass man noch lebt, denke ich...
miriam
miriam
Mitglied

Re: Innere Leere
geschrieben von miriam
als Antwort auf qilin vom 17.04.2013, 17:50:27
Guten Morgen quilin – von Zen-Buddhismus habe ich wenig Ahnung, über die Sätze von Nan-in habe ich aber gerne nachgedacht.

Jetzt hoffe ich, dass dieser es mir nicht übel nimmt, wenn ich ihm mit einen kurzen Text von Kurt Tucholsky antworte – ihn bittend, darüber nachzudenken:

"Du wolltest leben – und kamst nicht dazu. Du wolltest leben und vergisst es vor lauter Geschäftigkeit. Du willst das spüren, was in dir ist, und hast eifrig zu tun mit dem, was um dich ist.-
Verschüttet ist dein Lebensgefühl." (Kurt Tucholsky)

Der Satz ist meines Erachtens so klug, dass ich zu dieser noch relativ frühen Stunde, lieber (über die "Innere Leere") denken lasse...

Gruß von Miriam

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qilin
qilin
Mitglied

Re: Innere Leere
geschrieben von qilin
als Antwort auf miriam vom 18.04.2013, 09:45:11
Ich denke dass Tucho und Nan-in da gar nicht so weit auseinander liegen...

() qilin

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