Forum Wissenschaften Anthropologie / Psychologie Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde

Anthropologie / Psychologie Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde

daddy60
daddy60
Mitglied

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von daddy60
als Antwort auf miriam vom 18.04.2013, 15:08:01

Nichts ist langweiliger, als eine Kette von Nörgeleien - und dahinter ein Mensch, der sich den ganzen Tag lang fragt: "was könnte ich hier noch entgegennörgeln?"

Miriam


Nörgeleien....und dahinter ein Mensch ....sind bzw waren "deine Gedankengänge." beschreiben also deine Persönlichkeit, nicht das was du mit deinen Gedanken anderen unterstellst.

Gnädigste, nicht immer ist der erste gedanke, erste "Eindruck" zutreffend, sondern meist ein Filter im Sinne der eigenen Vorurteile. Solchelei Filter ergeben nicht nur zu oft ein völlig falsches Bild, sondern begünstigen auch immer wieder die Strickmuster der eigenen Vorurteile und Diskriminierungen.

Was im Zusammenhang mit dem hier angeprochenen Thema völlig übersehen wird, versuchte ich deutlicher zu machen! Was daraus geworden ist, sieht man an deiner und Olgas Reaktion. Was wollte ich deutlich machen? Ganz einfach diese Art doppelte Persönlichkeit. Die eine Form dieser Persönlichkeit ist die, wie man sich der Öffentlichkeit bewusst zeigt. Die andere Persönlichkeit ist die, die man ist oder sein möchte. Die muss man nicht öffentlich zeigen, währenddessen diese Andere -wie man gefälligst zu sein hat, was erwartet wird- nicht die echte Persönlichkeit sein muss.

Ich probiere gerne aus, was ich von den Menschen um mich herum halten kann. Die Filter seiner Mitmenschen macht man am besten deutlich, wenn man die "Toleranz" der Menschen heraus fordert.

Wenn hier die "Unfehlbarkeit eines Menschen" oder einer ganzen Klasse angestrebt oder propagiert oder diskutiert wird
und ich z.B. sehe wie die meisten sich wie süchtige verhalten -d.h. nur eine einzige Seite ihrer Zielvorstellung behandeln-, dann reizt es mich diese einseitigen Dinge zu hinterfragen.

Was war also das naheliegendste? Ein spontan "fehlbarer Mensch" lockte die "Unfehlbaren" mal ein wenig aus ihrer sicheren Höhle und versucht diese Unfehlbaren erkennen zu lassen wie fehlbar sie genau genommen doch sind.
Sie können nicht über ihre anerzogenen Schatten springen. Man kann es ihnen deutlicher machen, indem man sie reizt mal über den eigenen Schatten zu springen. Wie es abgelaufen ist, was dabei heraus kam ist hier ersichtlich. Diskriminierung.
Diskriminierung die von unfehlbaren Menschen ausgeübt wurde.

P.S. wenn du gerne unfehlbar sein möchtest, darfst du für dich das gerne. Aber bitte schön erwarte nicht, oder zwinge Andere nicht zu Dingen die sie nicht wollen. Ich möchte ein Mensch bleiben, einer mit Stärken und Schwächen!
Ich möchte jederzeit zu meinen Stärken und zu meinen Schwächen stehen können.

Einwände, oder gar Forderungen wie das Verhältnis der Stärken und Schwächen zu sein hat? 50/50 oder 90/10?
qilin
qilin
Mitglied

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von qilin
als Antwort auf miriam vom 10.02.2013, 10:02:52
Das erste was mir dabei spontan einfiel war, dass eigentlich die menschlichen Unterschiede bei fast schon fehlerlosen Individuen, so gering wären, dass ein Gedankenaustausch eventuell Gefahr liefe, nur noch aus einem sich gegenseitig zustimmen zu bestehen.

Es geht ja eigentlich fast immer um eine subjektive Wahrnehmung wenn wir einen Gedanken als mit Fehlern behaftet interpretieren, bzw. als nicht optimal in den Kontext passend.

Wenn es nicht unterschiedliche Auslegungen gäbe für ein und demselben Phänomen, wenn wir nicht immer wieder versucht wären über das Fehlerhafte in den Auslegungen anderer nachzudenken, würden wir doch einen so geraden Weg beschreiten, der eigentlich keine Alternativen zulassen würde.

Nach meinem Empfinden sind aber gerade diese Alternativen, diese Seitenwege die oft als Fehler bzw. fehlerhaft betrachtet werden, eigentlich die Basis der Diversität die unsere Gedankenwelt ausmacht.

Öffnet nicht gerade diese kritische Art der Interpretation - uns jene neuen Wege, die zu unerwarteten Erkenntnissen führen?


Also eigentlich scheint mir die zentrale Frage hier nicht zu sein "wer ist fehlerlos oder bildet sich das ein?", "wer macht [welche] Fehler und warum?", "was ist überhaupt ein Fehler?", "welche 'Klassen' sind für solche Ideen besonders anfällig?" und "wer schaut auf wen herab?" - ich sehe da ein Gedankenexperiment:

"Mal vorausgesetzt es gäbe fehlerlose Individuen - hätten diese dann Denkalternativen, oder müssten die zwangsläufig das Gleiche denken, so dass ein Gespräch eigentlich unnötig würde?"

Mir scheint da eine deutliche Parallele zu bestehen zur Frage nach dem freien Willen - muss ein Gedankengang mit einem anderen deckungsgleich sein, wenn er von der gleichen Situation ausgeht, das gleiche Problem betrifft - und natürlich fehlerfrei ist? Ganz abgesehen davon, dass in verschiedenen Köpfen wohl selten genau die gleiche Situation vorliegt, also der Ausgangspunkt schon differiert - wir sind ja keine am Fließband hergestellten Automaten, bei denen Alles was von der Norm abweicht eben ein Fehler ist - wir sind lebende und verschieden tickende Organismen, die grundsätzlich nicht fehlerfrei sein können - und genau diese 'Anfälligkeit' (und die Möglichkeit darüber zu reflektieren, und zu korrigieren) macht uns fähig zu einer Weiterentwicklung.
Wenn ich ein Problem durchdenke, zu einer Lösung komme (oder auch nicht ), und dann mit einem Anderen kommuniziere, der auf einem anderen Weg zu einer - möglicherweise anderen - Lösung kommt (oder auch nicht), dann können wir beide uns fragen, woran das liegt - dass einer irgendwo einen groben Schnitzer gemacht hat, ist möglich, aber von vornherein davon auszugehen scheint mir wenig effektiv, es schafft - ganz pragmatisch gesehen - eine Konfrontation, von der man erst wieder 'runterkommen muss, auch wenn sie eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre...
miriam
miriam
Mitglied

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von miriam
als Antwort auf qilin vom 21.04.2013, 13:58:54
Danke dir quilin: in der Tat, ohne es zu merken, saß ich auch hier mal wieder auf meinem Steckenpferd, der freie Wille.

Möchte darüber noch nachdenken - und melde mich später erneut.

Miriam

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slash
slash
Mitglied

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von slash
Wem sollte das nützen?
Evolution bedeutet Weiterentwicklung, Stagnation oder der Tod. Wer den Tod wählte, hatte einen Fehler gemacht, aus dem er nichts gelernt hatte.

Unfehlbare Menschen könnten unser Verderben sein, wenn alle diese von einer Annahme ausgehend fehlgeleitet werden, in der irrigen Annahme, ihre Annahme wäre das richtige Resultat ihres Denkens.
Fatal .m.M. .

Aber so lange es uns gibt, wird es Fehler geben. Da lehne ich mich entspannt zurück.

...
slash
Karl
Karl
Administrator

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von Karl
als Antwort auf slash vom 21.04.2013, 15:40:23
@ slash,

die Evolution lehrt uns auch, dass ohne "Fehler" (Mutationen) nichts vorwärts gegangen wäre.

Karl
slash
slash
Mitglied

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von slash
als Antwort auf Karl vom 21.04.2013, 15:54:47
Mutationen sind veränderte Formen einer Spezies - nicht immer eine Sinnvolle.

@karl,
die "gute" Mutation beispielsweise der Körperzellen ist gewollt.

...
slash

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miriam
miriam
Mitglied

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von miriam
Wie versprochen, setze ich nun meine Antwort an quilin, fort.

Plötzlich war dieser Satz da - und hielt mich fest:

Stell Dir vor es ist Krieg – und keiner geht hin.
Diese Verse wurden Berthold Brecht zugedichtet – stammen aber vom Dichter Carl Sandburg – geschrieben sind sie im Jahr 1936.

Von wem auch immer geschrieben: mir erscheint hier erneut die Nähe vom fast unfehlbaren Menschen und den freien Willen, gut erkennbar.
Wer würde es sonst wagen diesen Befehl zum Antreten - nicht zu folgen?

Und der freie Wille – welche Rolle spielt er wirklich bzw. noch bei einer solchen Entscheidung? Spielt nicht auch die Angst vor den Konsequenzen einer solchen Entscheidung - eine große Rolle?

Also rückt hier erneut der Gedanke des fast unfehlbaren Menschen ganz nah an jenem anderen, des freien Willens.
Der fast unfehlbare Mensch – mordet nicht. Doch sein freier Wille würde ihm sicherlich nahe legen, das Leben seiner Nächsten, zu verteidigen.
Und außerdem besteht auch seine Angst vor den Konsequenzen der Befehlsverweigerung.

Miriam
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von schorsch
als Antwort auf daddy60 vom 21.04.2013, 12:14:38
Ein scheinbar fehlerloser Mensch ist einer, der sich krampfhaft bemüht, mit dem jeweiligen Gegenüber gleicher Meinung zu sein, um ja nicht anzuecken. Wehe aber, wenn der aktuelle Gegenübermensch vernimmt, dass der Anpasser vor kurzem jemandem, dessen Meinung diametral jener des aktuellen Menschen widerspricht, Recht gegeben hat.
qilin
qilin
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Re: Nachdenken über eine Gesellschaft, die aus (fast) unfehlbaren Menschen bestünde
geschrieben von qilin
als Antwort auf miriam vom 21.04.2013, 17:02:08
Hallo Miriam,

ob der fast unfehlbare Mensch tötet oder nicht - darüber möchte ich als nicht unfehlbarer nicht
spekulieren - wenn er einen freien Willen hat, wird er's fast unfehlbar selbst entscheiden können...

Wenn der Satz als 'von Brecht' zitiert wird, dann ist dieses Zitat jedenfalls völlig sinnwidrig verkürzt -
komplett heißt er (vielleicht als Antwort auf Sandburg?):

Stell dir vor, es kommt Krieg und keiner geht hin
- dann kommt der Krieg zu euch!
Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt,
und lässt andere kämpfen für seine Sache,
der muss sich vorsehen:
Denn wer den Kampf nicht geteilt hat,
der wird teilen die Niederlage.
Nicht einmal Kampf vermeidet,
wer den Kampf vermeiden will:
Denn es wird kämpfen für die Sache des Feindes,
wer für die eigene Sache nicht gekämpft hat.

() qilin
Karl
Karl
Administrator

Off Topic: Mutationen
geschrieben von Karl
als Antwort auf slash vom 21.04.2013, 16:35:11
die "gute" Mutation beispielsweise der Körperzellen ist gewollt
Ich denke ich weiß, was Du meinst, aber als Biologe muss ich Deiner Formulierung widersprechen, lieber Slash.

Es gibt niemanden, der eine Mutation durch sein Wollen entstehen lässt. Die "guten" Mutationen, die z.B. die Antikörper in unserem Körper entstehen lassen, welche Antigene binden, werden nachträglich selektiert und gezielt vermehrt.

Der Mechanismus ist also darwinistisch: zufällige Mutationen in riesiger Zahl gefolgt von der Selektion der wenigen wirkungsvollen.

Karl

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