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Anthropologie / Psychologie Religion und Religiosität am Anfang des 21. Jahrhunderts

Mareike
Mareike
Mitglied

Re: Religion und Religiosität am Anfang des 21. Jahrhunderts
geschrieben von Mareike
Eka und Mane,
ich freue mich über Eure Rückmeldungen.

Ich mache im Moment beim "Internet-Stöbern" auch meine Entdeckungen und erlebe Überraschungen.

So sind die Beobachtungen der Hirnforscher für mich sehr erhellend:

http://www.blume-religionswissenschaft.de/pdf/WohntGottimGehirnBlume2011.pdf

Zitat:
"Machen wir es uns bewusst: Wir sprechen hier von (mindestens) zwei eigenständigen Merkmalen. Menschen können tief spirituell sein, diese Erfahrung aber auch einfach als eine Verschmelzung in der Immanenz – mit der Natur, der Musik, dem Universum – verbinden, ohne die Existenz von Ahnen, Engeln oder Gottheiten anzunehmen. Manche spirituelle Menschen meditieren und versuchen damit, die eigenen Ich-Grenzen zu überschreiten (zu transzendieren), beten aber nicht, weil sie nicht an die Existenz überempirischer Ebenen oder Akteure glauben.
Umgekehrt können Menschen tief religiös sein und jeden Tag beten, dabei auch die Anwesenheit des oder der Angebeteten spüren, ohne je eine tiefere, spirituelle Erfahrung gemacht zu haben."

Ich bin eher spirituell "veranlagt" ...

Liebe Grüße
Mareike
qilin
qilin
Mitglied

Re: Religion und Religiosität am Anfang des 21. Jahrhunderts
geschrieben von qilin
als Antwort auf Mareike vom 25.03.2013, 18:21:47
Puuuh - hier ist ja jede Menge Hochinteressantes - habe nur mal schnell überflogen und stelle hier mal zur Etymologie von religio einen Ausschnitt aus einer website von Hanns Ulrich Buehler ein, die leider nicht mehr online ist:

Im Lexikon der Religionen, 1987 im Herderverlag in Freiburg erschienen, wird immerhin dargelegt, daß das deutsche Wort Religion aus dem lateinischen Begriff religio abgeleitet ist. Dieser Begriff (religio), so erklärt der Autor, sei als Wort nicht mehr eindeutig rückführbar, schon seit der Spätantike streite man sich um die Ableitungsmöglichkeiten diese Begriffes (!). Nach Cicero stammt das Wort religio vom Verbum relegere ab, was grob übersetzt soviel bedeutet wie erneut lesen.
Nach Laktanz ist die richtige Ableitung die, welche auf dem Verbum religare basiert, wobei
in dem Wort Religion die Vorsilbe re mit der Bedeutung noch einmal oder rückwärts sowie das Verbum ligare enthalten ist. Ligare bedeutet offensichtlich binden. Religio wird damit zur erneuten Bindung oder bei anderer Übersetzung der Silbe re auch zur Rückbindung. M. T. Cicero der große römische Schriftsteller, ist hinreichend bekannt. Laktanz oder genauer Julius Caelius Firmianus Lactantius war ein lateinischer Kirchenschriftsteller des beginnenden vierten Jahrhunderts, der in Nordafrika geboren war. Er war in Nikodemien unter der Herrschaft des Kaisers Diokletian Lehrer für Beredsamkeit und später in Gallien Erzieher des Crispus, eines Sohnes des Konstantin des Großen. Wegen seines hervorragenden Stiles nannte man ihn den christlichen Cicero. Von ihm also stammt die Verbindung des Begriffes Religion mit dem Verbum religare = rückbinden.
Cicero oder Laktanz, wer hat nun recht? Für den Römer oder auch für einen guten Lateiner ist dies keine Frage, da er etwas sofort erkennt, was Laktanz sicherlich auch gar nicht verbergen wollte, nämlich daß die aktive Substantiierung des Verbums religare gar nicht religio sondern religatio lautet. Das ist so selbstverständlich, daß es für den Lateiner gar keiner Erwähnung bedarf. Laktanz kann die Zusammenführung der beiden Begriffe nicht als wortkundliche Ableitung sondern allenfalls als begriffliche Assoziation, also als eine Art Witz vorgeschlagen haben, denn da er Latein sprach, waren ihm zwei Umstände klar, zum einen, daß das Verbum religare weder zu seiner Zeit noch im klassischen Latein anders als spezialisiert (wie etwa Die Haare zurückbinden) benutzt wurde, zum anderen, daß das hieraus gebildete Substantiv ohne jeden Zweifel Religation lauten würde. Es ist ein Wort wie das deutsche rückbinden, man versteht es aber es ist nicht häufig. Die Unterlassung, dies in Herders Lexikon der Religionen zu erwähnen, ist sicherlich nicht allzu wissenschaftlich, ist aber leider passiert.
Ein weiteres Werk, das Philosophielexikon von Hügli und Lübcke stammt aus einer Vorlage des Rowohltverlages mit gleichem Titel. Es schlägt als Softwarelexikon unter der Bezeichnung Doppelklick statt der zwei Möglichkeiten des Religionslexikons von Herder nunmehr gleich drei denkbare Ableitungen vor:
religere (noch einmal achten), [?]
religare (anbinden, befestigen) oder
relegere (von neuem lesen, wieder durchgehen).
Die Bildung der aktiven Substantiva würde hier sehr schnell jeden Zweifel beheben:
religere würde zu relictio,
religare zu religatio und
relegere zu religio, wie schon der ehrenwerte Cicero bemerkte.

Ich persönlich
lese das 'relegere' eher im Sinne von 'hinterfragen' - also 'Religion' eher als Anfrage, wie 'wirklich' unsere 'Wirklichkeit' ist, und nicht als Antwort darauf - würde wohl im allg. Sprachgebrauch mehr der 'Spiritualität' entsprechen. Wittgenstein scheint mir da mit seiner Unterscheidung zwischen 'primärer' und 'sekundärer' Religion aber zumindest ein wenig recht zu geben...

() qilin
miriam
miriam
Mitglied

Re: Religion und Religiosität am Anfang des 21. Jahrhunderts
geschrieben von miriam
Da hier über die Religion am Anfang des 21. Jahrhunderts die Rede ist, sollten wir einen Aspekt nicht außer Acht lassen:
es ist wieder einmal eine Zeit, die auf diesem Gebiet, auch von großen Konflikten geprägt ist.

Diese Konflikte scheinen vom Glauben verursacht bzw. geprägt zu sein, dass aber auch ganz andere Ursachen und Aspekte sich unter der Oberfläche verbergen, ist leicht auszumachen.

Angefangen mit der Trennung vom Staatlichem und Religiösen – die oft nicht konfliktfrei verläuft, weiterführend durch unterschiedliche Formen des Fundamentalismus - die Religionen definieren sich heute nur in den seltensten Fällen durch Glaube, Liebe, Hoffnung.

Sogar die Symbole unterschiedlicher Glaubensrichtungen, liefern Stoff für viele Konflikte – es ist die Intoleranz gegenüber der Symbolik der anderen Religion – dabei war zu vermuten oder zu hoffen, dass man wenigstens ein wenig aus der Vergangenheit gelernt hat.

Miriam

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qilin
qilin
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Re: Religion und Religiosität am Anfang des 21. Jahrhunderts
geschrieben von qilin
als Antwort auf miriam vom 18.04.2013, 11:38:36
Hier habe ich einen Thread aufgemacht, der eben mehr ins Gesellschaftliche spielt,
aber hier vielleicht auch interessant ist - "Sind religiöse Gesellschaften 'besser'?"
miriam
miriam
Mitglied

Re: Religion und Religiosität am Anfang des 21. Jahrhunderts
geschrieben von miriam
als Antwort auf qilin vom 21.04.2013, 18:14:50
Danke für den Hinweis Qilin - kann mich erst morgen Nachmittag mit dem Thema befassen.

Gute Nacht - oder guten Morgen

Miriam

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