Forum Wissenschaften Biowissenschaften Gibt es eigentlich Menschenrassen?

Biowissenschaften Gibt es eigentlich Menschenrassen?

miriam
miriam
Mitglied

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.09.2010, 07:47:59
Ich möchte hier erst Meli, die ich gestern vertrösten musste, antworten - werde mir in der Folge auch die weiteren Beitäge noch durchlesen.

Liebe Meli, ich antworte dir spät – finde aber in deinem Text viele Gemeinsamkeiten in unserer Denkweise. Nur dass du – erlaube mir dies zu sagen – wie immer ein viel profunderes Denken hast, viel besser den potentiellen oder fast schon vorgezeichneten Weg solcher Denkweisen voraussiehst und die Gabe besitzt, dies klar zu artikulieren.

Denn in der Tat: was ist dieses Beharren, dieses sich Festklammern an den Begriff der Menschenrassen? Eine neue Version der Einheit und zugleich der Abgrenzung?

Was mich, die viel Ältere betrifft: vielleicht sitzt noch immer tief in mir die Abscheu vor jener Beschwörung einer anderen Einheit, als es hieß "Ein Volk, ein Reich, ein Führer"?

Denn so wie du es bei den Menschenrassen richtig anmerkst: dieser Begriff wie auch jene damals verherrlichende Einheit, implizieren Emotionen – und setzen weiterführende Gedankengänge in Bewegung.
Und von da an bis zum sortieren und damit aussortieren gewisser Menschen, ist der Schritt sehr klein.

Was die daraus resultierenden Wertungen betrifft: natürlich ist dabei beides erwünscht – das Abwerten und damit verbunden, das Aufwerten. Beim letzteren, das Aufwerten – fängt oft ja die Lernunfähigkeit, die Lernunwilligkeit an.
Denn von einem gewissen Grad angefangen, hat man dies ja nicht mehr nötig - denkt man, ach so falsch! Aber dafür ist in der Tat auch das Bestehen von Minderwertigeren nötig.

Der Mensch lebt ja oft auf der Basis solcher Vergleiche, bewegt sich auf seiner Plattform, die er sich auf dem Vergleich mit anderen erbaut hat - deren Wert, von ihm aus betrachtet, geringer ist.


Ja – in der Tat: am Anfang steht nur eine Theorie.
Oder ein Spruch des Zauberlehrlings, der dann alles in Bewegung setzt.
Den zweiten Spruch, mit dem er den Zauber der Wassereimer schleppenden Besen stoppen könnte, den hat er längst vergessen.
Ich vermute, dass er diesen zweiten Spruch als nicht so wichtig betrachtet hatte.

Liebe Grüße

Miriam
bongoline
bongoline
Mitglied

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von bongoline
Wenn ich bedenke, welche Fortschritte die Forschung in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, wenn ich bedenke, welch fundamentale Funde, die Grundlage für Forschungen waren, gemacht wurden, dann meine ich, wenn heute die Forschung von „nachweislich“ spricht, es sich wohl in 20 Jahren dann wieder ganz anders anhören wird.

Heute ist das Wort „Rasse“ verpönt, aber wenn ich bedenke, dass jetzt bereits man Gene verändern kann, weil von der Forschung ausgehend man bereits bestimmen kann, ob ein Sohn oder ein Mädchen bei der Zeugung gewünscht wird, wie die Forschung immer mehr nach „Clonen“ drängt, das zur Zeit aus ethischen Gründen nicht erlaubt ist, aber bereits möglich wäre, dann gehen meine Gedanken da hin, die Forschung ist auf dem besten Weg, wieder Rassen zu schaffen, sofern dies von der Gesetzgebung her möglich gemacht wird. Und es ist absolut nicht undenkbar, dass es auch beim Menschen mal so sein wird, dass es, wie Karl schrieb, „reinrassige Berner Sennenhunde“ geben könnte.

Wie gesagt, es kann heute nur auf dem Stand der Wissenschaft und Forschung von Heute diskutiert werden, aber ich denke, es wissen wohl alle, welche Möglichkeiten bereits hinter höchst gesicherten Tresortüren schlummern und nur drauf warten, irgendwann umgesetzt werden zu können, wenn die Möglichkeit dafür gegeben ist.
Meine Generation wird wohl allzu gravierende Einschnitte nicht mehr erleben, aber allzu gerne würde ich doch dann gegen Ende dieses Jahrhunderts , wenn ich irgendwo als Seelchen herumgeistere, mir die Entwicklung der Forschung und Wissenschaft anschauen wollen. Und wenn ich dann sehen würde, über was wir heute diskutieren und ich in dem Zustand auch lächeln könnte, dann würde ich wohl ganz sicher über das in der Zukunft "vergangene Heute" lächeln.

bongoline
Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf miriam vom 05.09.2010, 10:58:00
Liebe Miriam,

ich danke Dir für die lange Erwiderung auf meine Gedanken.

Es stimmt, dass ich immer wieder überrascht bin, wenn ich feststelle, dass einfach Begriffe genutzt werden, ohne dass genau geschaut wird, was diese Begriffe mit Menschen ganzheitlich anstellen.
Und damit meine ich klar die Übereinstimmung von Emotion und Kopf – wenn ich emotional etwas dagegen habe, Menschen ab- oder aufzuwerten, ist es mir auch vom Kopf und der Handlungsweise ihnen gegenüber nicht möglich.
So ist jedenfalls meine Vorstellung.

@ Urego
Ich kann mich nicht der Meinung des Dudens anschließen, dass es in der Realität jemals nur ein wertneutraler Begriff war und wenn überhaupt, dann auf dem Papier. Das ist ja bekanntlich geduldig.
Und allein die Tatsache, dass damit nur bezeichnet wurde „von edlem Geschlecht“ (wertneutral?, was war mit Tagelöhner?) – nun ja, die Sklaven hielt man ja für Tiere – wenn ich das recht in Erinnerung habe. Doch da will ich heute nicht mehr einsteigen, denn sonst schüttelt es mich.
Das ist m.M.n. ein sehr gutes Beispiel für die Auf- und Abwertung, die mit dem Einsetzen des Rassenbegriffes geschah und geschieht.


Meli

Anzeige

Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.09.2010, 13:56:12
Und damit meine ich klar die Übereinstimmung von Emotion und Kopf – wenn ich emotional etwas dagegen habe, Menschen ab- oder aufzuwerten, ist es mir auch vom Kopf und der Handlungsweise ihnen gegenüber nicht möglich.
geschrieben von meli


und umgekehrt wir auch ein Schuh daraus:

Wenn ich emotional etwas gegen das Fremde habe, dann sagt mir der Bauch, wie mein Kopf zu denken hat und bringt logische, einleuchtende Rechtfertigungen.
Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.09.2010, 14:34:07
Da stimme ich Dir zu.

Es wird dann m.M.n. die nach außen gebrachte Handlungsweise zeigen, wes Geistes Kind der Handelnde ist bzw. welche Emotionen in Verbindung mit der Kognition die Handlungsweise oder Ausdrucksweise des Einzelnen bestimmen.

Meli
Urego
Urego
Mitglied

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von Urego
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.09.2010, 13:56:12
Hallo Meli,

das Thema des Threads lautet: Gibt es eigentlich Menschenrassen? Ich sage:"Ja"
Die Frage lautet: Hat dieses Wort zur Unterscheidung von äußerlichen Merkmalen von Menschen etwas mit seinem "Wert" (alles, was man an guten oder schlechten Werten subsummieren kann) zu tun? Ich sage:"Nein".
Die Frage lautet: Ist es klug, das Wort "Rasse"in Bezug auf Menschen angesichts unserer Vergangenheit noch zu verwenden? Ich sage:"Nein". Die Frage lautet: Hat es Wortbedeutungsänderungen schon immer gegeben? Ich sage:"Ja" (früher Weib=Ehrenname der Frau, heute abwertend; marschale=Pferdeknecht,Marschall= oberster General; aufwertend).
Der Streit um die richtige Lösung der oben gestellten Frage wird immer mehr zum Definitionenstreit. Was hat der Sklave oder der Tagelöhner mit der Lösung der gestellten Frage zu tun? Nichts! Alle Argumente, die verwendet werden, um die obige Frage zu verneinen haben mit den Folgen der Verwendung des Wortes "Rasse" zu tun und nicht mit der Existenz von äußerlich unterschiedlichen Gruppen von Menschen. Hier werden Dinge miteinander vermengt, die nichts miteinander zu tun haben. Hier wird zum Teil in der Sprache der Politiker argumentiert, die uns einen Knopf an die Backe labern wollen.
All diese Argumente würden gelten, wenn die Frage gelautet hätte:"Ist es klug (angebracht, provokant usw.) den Begriff "Menschenrassen" zu verwenden.

Urego

Anzeige

Karl
Karl
Administrator

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von Karl
als Antwort auf Urego vom 05.09.2010, 18:26:48
Lieber Urego,

so wie Du werden das viele sehen und das ist nicht ehrenrührig. Du und andere ihr seid mit dieser Sicht der Dinge keine Rassisten, aber trotzdem darf ich Deine Meinung für falsch halten.

Du hast z. B. weiter oben von einer "weißen" und von einer "schwarzen" Rasse gesprochen und berufst Dich dabei allein auf die Pigmentierung der Haut, die nun tatsächlich gut sichtbar und deshalb ein weit verbreitetes, populäres Kriterium ist, um Menschen zu sortieren. Ein oberflächlicheres Kriterium hätte sich, auch wörtlich zu nehmen, nun kaum finden lassen.

Afrika ist, wie wir inzwischen wissen, die Wiege der Menschheit. Von Afrika ausgehend ist die übrige Welt von Homo sapiens bevölkert worden. Dabei hat sich die Pigmentierung der Haut verändert. Aber es ist noch etwas passiert. Offensichtlich haben es bei der Wanderbewegung oft nur sehr kleine Gruppen geschafft neue Ufer zu erreichen, hohe Gebirgskämme zu überwinden oder Wüsten zu durchqueren. Jedenfalls ist zu beobachten, dass genetisch gesehen die Variabilität der Urbevölkerung einer Region um so homogener wird, je weiter sie von Afrika entfernt existiert. So kommt es, dass heute die genetische Vielfalt in Afrika deutlich höher ist als anderswo, d.h. zwischen Ethnien der - wie Du sagst - "schwarzen Rasse" gibt es viel größere Unterschiede als zwischen manch schwarzen und weißen Ethnien.

Wo liegt die genetische Zukunft der Menschheit? Bongoline hat das Schreckgespenst der Menschenzüchtung an die Wand gemalt. Hiervor kann uns nur Aufklärung und echte Demokratie weltweit auf Dauer schützen. Menschenzüchtung würde m. E. nur in einem naziähnlichen Umfeld praktiziert werden können, weshalb wir allen Anfängen solchen politischen Denkens wehren sollten. Die Chancen für die Zukunft sehe ich als Genetiker in dem großen "Melting Pot", der globalen Durchmischung, aber hauptsächlich in der kulturellen Evolution und ihren Möglichkeiten.

Karl
hugo
hugo
Mitglied

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von hugo
als Antwort auf Karl vom 05.09.2010, 20:00:54
Menschenzüchtung würde m. E. nur in einem naziähnlichen Umfeld praktiziert werden können ,,(karl)

ich bin mir da ziemlich sicher in meiner Jugend einige Bücher gelesen zu haben, in denen von Sklavenhaltern berichtet wurde, die sich mit solchen Gedanken ja mit solchen Vorhaben befassten und geeignete Sklaven (hm, sagt man züchteten oder gibts dafür ein anderes Wort ?) für schwere Arbeit, für Untertagetätigkeit, für Liebesdienste, spezialisierten, segretierten und auswählten usw,,

In bestimmten Zeiten war diese "Methode" jedoch zu aufwändig und langwierig,,da wurden eben massenhaft Sklaven herantransportiert (aus ihrer Wiege in Afrika wurden sie zu ihrem Grab nach Amerika verschifft)und auch so wurden die Gene durcheinandergewürfelt, oder ?

übrigens (mal abweichend vom ernsten Thema) waren die Indianer eines bestimmten Stammes der Meinung das ausschließlich diese Indianer richtige Menschen waren, alles andere war Ausschuss und gehörte skalpiert, aufgegessen, geschrumpft usw, oder so ähnlich *g*

die wurden dann jedoch spätestens nach dem Eintreffen der Europäer noch weit übertrumpft beim massenhaften Ausrotten von Ureinwohnern usw,,

hugo
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf hugo vom 05.09.2010, 20:19:53
In diesem Buch von Volker Sommer "Darwinisch Denken", hier ist eine Buchrezension des Spektrums der Wissenschaften verlinkt, beschreibt er, dass die Vorstellung des "edlen" Affens ein Konstrukt. V.Sommer ist Verhaltensforscher und Inhaber des Lehrstuhls für Evolutionäre Anthropologie am Londoner University College.

Auch die Menschenaffen führen Kriege, töten .......

Der Fleischfresser Mensch ist keine Fehlentwicklung in einer ansonsten anständigen vegetarischen Verwandtschaft. Viele Primaten decken ihren Proteinbedarf durch Insekten. Schimpansen nehmen auch anderes tierisches Eiweiß zu sich – in Form von Affen, die sie gezielt jagen. Freilandforschungen dokumentieren sogar regelrechte Schimpansenkriege: Größere Gruppen rotten ihre zahlenmäßig unterlegenen Nachbarn systematisch aus, indem sie die Männchen töten, die jüngeren Weibchen aufnehmen – und deren Jungen verspeisen, wenn sie nicht zweifelsfrei von einem Vater aus der eigenen Gruppe stammen.

Gibbons verkörperten das Idyll lebenslanger Einehe – bis Sommers Langzeitstudien zeigten, dass das Jungtier in Begleitung eines alten Ehepaares oft nicht deren Junges war, sondern der Seitensprungpartner eines Alttiers. Der Duettgesang eines Gibbonpaares ist keine Schnulze von Liebe und Eintracht, sondern von Betrug und Niedertracht. Die Gesänge testen Seitensprungchancen aus, denn sie verraten die Position von Weibchen und Männchen im Revier...
geschrieben von Text aus der Rezension des Buches (Michael Gansera)


Urego
Urego
Mitglied

Re: Gibt es eigentlich Menschenrassen?
geschrieben von Urego
als Antwort auf Karl vom 05.09.2010, 20:00:54
Lieber Karl,
Du hast ja wenigstens noch Lebensart: Du h ä l t s t meine Ansicht für falsch. Das ist doch schon mal ein Ton, der zu uns alten Knackern paßt. (Auf dem Bild siehst Du allerdings noch jünger aus, aber es kann ja ein altes sein.)
Leider muß ich Dich aber auch berichtigen, denn ich habe bestimmt zu keiner Zeit von der "schwarzen" oder "weißen" R a s s e gesprochen. Deshalb hatte ich mir das Konstrukt " Menschen mit gleichen äußerlichen Merkmalen" ausgedacht, weil ich diese Falle ahnte und nicht hineintapsen wollte.

Wenn es überhaupt einen Sinn geben sollte, Menschen in gewisse Gruppen einzuteilen, dann sind es die von mir genannten, denn sie sind evident. Auch, wenn sie sich in ihrem Erbgut nur um zwei Gene unterscheiden sollten.
Dann könnten wir ja auch sagen: Die Affen sind auch Menschen, denn sie unterscheiden sich von ihm nur durch wenigen Genen. Übrigens andersrum ginge es auch!

Die Diskussion folgt immer mehr dem Motto:"Was nicht sein darf, daß nicht kann sein!" Es bleibt dabei:
Die Themenfrage des Threads ist ungeschickt gestellt. (Verzeih mir bitte Miriam.)

Urego

Anzeige