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Biowissenschaften Private Genomanalyse - ich habe es gemacht

Karl
Karl
Administrator

Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von Karl
Als Genetiker konnte ich zu dem Angebot der amerikanischen Firma 23andMe nicht "Nein" sagen, mein Genom für ganze 99 US-Dollar analysieren zu lassen. Ich habe auch aus voller Überzeugung angekreuzt, dass meine Daten aus wissenschaftlichen Gründen der Allgemeinheit und der Forschung zur Verfügung stehen. Persönlich bin ich überzeugt, dass der Weg zur personalisierten Medizin wichtig und richtig ist. Medikamente werden in Zukunft auf das individuelle Genom zugeschnitten von automatisierten Expertensystemen zusammengestellt.

Heute morgen erhielt ich die E-Mail, dass die ersten Ergebnisse zu meinem Genom vorliegen und ich möchte Euch einige der allgemein interessanten Daten mitteilen.

1. Nicht überraschend, ich bin Europäer mit den stärksten Wurzeln in Frankreich und Deutschland (35,3%). Völlig überraschend für mich ist jedoch der hohe britisch/irische Anteil meiner Gene (28,6%).
In der obigen Grafik sieht man, wo meine Vorfahren vor der Entdeckung Amerikas gelebt haben. Die Karte wurde mit Hilfe der DNA im Kern meiner Zellen im verschickten Speichel erstellt. Vater und Mutter liefern jeweil eine Kopie zu jedem autosomalen Chromosomenpaar.

Der Kern enthält bei Männern aber auch das Y-Chromosom, das vom Vater stammt. Aufgrund spezieller Sequenzen (Haplotypen) des Y-Chromosoms kann man Verwandtschaftsbeziehungen erstellen. Die folgende Karte zeigt, dass mein Y-Chromosom zu einer Gruppe gehört, die in Eurasien und Nordafrika weit verbreitet ist. Die Nachkommen des gemeinsamen männlichen Vorfahren sind also weit (aus)gewandert.

Die Spuren des Y-Chromosoms des Urvaters der väterlichen Linie finden sich bis Nordafrika und auf dem indischen Subkontinent



Nicht nur der Zellkern enthält DNA, auch die Mitochondrien. Mitochondrien werden ausschließlich von Müttern an Söhne und Töchter weitergegeben. Die Analyse meiner mitochondrialen DNA und deren geografische Verbreitung zeigt, dass die Töchter der Urmutter mit meinem mitochondrialen Haplotyp sich weit in Eurasien verteilt haben, der Ursprung scheint Nordafrika zu sein.



Ich beantworte jede Frage gerne und auf jeden Fall, aber seid nicht ungeduldig, wenn die Antworten etwas auf sich warten lassen.

Karl
silhouette
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Mitglied

Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von silhouette
als Antwort auf Karl vom 24.08.2015, 20:27:32
Bis jetzt wäre es für mich nur "ganz nett". Ist das "beaf" dann die Fortsetzung, die noch aussteht, nämlich wenn es dann um die genetische Prädisposition zu bestimmten Krankheiten geht?

Das wird m.E. noch eine heiße Kiste, wenn über verschlungene datentechnische Wege jeder Personalchef, jede Versicherung an diese Ergebnisse bei einem Menschen drankommt, der noch jung und gesund ist.
Karl
Karl
Administrator

Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von Karl
als Antwort auf silhouette vom 24.08.2015, 20:48:03
Hallo Silhouette,

seit 2013 ist es Firmen wie 23andMe verboten, die Diagnose bzw. Prognosen über Krankheitswahrscheinlichkeiten den Betroffenen mitzuteilen. Jeder Nutzer kann jedoch (für sich) die Rohdaten auf seinen PC laden und mit DNA-Analyseprogrammen (im Internet verfügbar) analysieren. Ich werde nach einigen speziellen Dingen in meinem Genom forschen, Ähnliches habe ich ja früher im Fliegengenom gemacht

Bevor ich auf die von Dir angesprochenen Probleme zu sprechen komme, noch der Nachtrag von etwas "Nettem". Mein Genom enthält zu 2,6% Neandertaler DNA. Damit liege ich ganz leicht unter dem Durchschnitt (2,7%), bin als etwas "moderner"



Nun zu den ernsten Dingen:

Ist das "beaf" dann die Fortsetzung, die noch aussteht, nämlich wenn es dann um die genetische Prädisposition zu bestimmten Krankheiten geht?
Das ist meine Motivation für die Verwendung meines Genoms für die Forschung. Natürlich ist langfristig zu hoffen, dass die enorme Datenmenge zuverlässige Korrelationen herausfiltert zwischen Krankheitsverläufen und genetischen Dispositionen. Der derzeitige Status Quo, dass keine Prognosen mitgeteilt werden dürfen, ist dem Faktum geschuldet, dass vielfach die Therapien für die Krankheiten noch fehlen. Langfristig ist aber davon auszugehen, dass die auf das Individuum bezogene Therapie sehr wichtig werden wird. Man weiß z. B. dass bei einem signifikanten Teil der Frauen mit Brustkrebs keine Metastasen gebildet werden, Operation oder Bestrahlung wäre in diesen Fällen also besser als Chemotherapie. Da man aber nicht weiß, bei welcher Frau dies der Fall sein wird, rät man vorsichtshalber den meisten zur Chemotherapie. In Zukunft besteht Hoffnung, dass über Genanalysen das Risiko besser berechnet werden kann und somit viele unnötige Chemotherapien erspart werden könnten.

Wenn aber schon Chemotherapie, dann sollte sie auch optimal wirken. Auch hier wird die Kenntnis des individuellen Genoms eine große Hilfe sein. 23andMe hat bereits über 100.000 individuelle Genome analysiert. Kombiniert mit den freiwillig ausfüllbaren Fragebögen zu Krankheitsverläufen etc. entsteht eine riesige Wissensdatenbank, von der alle Patienten profitieren werden, auch diejenigen die diese Methoden heute noch ablehnen.

Das wird m.E. noch eine heiße Kiste, wenn über verschlungene datentechnische Wege jeder Personalchef, jede Versicherung an diese Ergebnisse bei einem Menschen drankommt, der noch jung und gesund ist.
In der Tat, es braucht noch viel gesetzliche Rahmenbedingungen, gerade im Versicherungsbereich und beim Arbeitsschutz, damit die neuen Methoden den Menschen nutzen und nicht plötzlich deshalb schaden, weil Solidargemeinschaften, Versicherungen, wegbrechen.
Datenschutz ist extrem wichtig.

Ich sehe aber deutlich mehr Vorteile in der neuen digitalen, individuellen Medizin als Nachteile. Die Versicherungsproblematik sollte im Vorfeld von Experten lösbar sein.

Was die Personalchefs angeht: Die werden im Interesse ihrer Firmen das Wissen ausnützen, das sie besitzen. Was sie wissen dürfen, muss der Gesetzgeber regeln.

Ein Mensch mit Tendenz zu Mehlstauballergie hat allerdings nur einen Nutzen davon, wenn ihm geraten wird, kein Bäcker zu werden.

Karl

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silhouette
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Mitglied

Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von silhouette
als Antwort auf Karl vom 24.08.2015, 21:41:57
Ähnliches habe ich ja früher im Fliegengenom gemacht

Da schau her, dann bist du vermutlich an C. Nüsslein Volhard und ihrer Drosophila nicht vorbeigekommen?! Tolle Frau, auch in den Kaffeepausen.

Man weiß z. B. dass bei einem signifikanten Teil der Frauen mit Brustkrebs keine Metastasen gebildet werden, Operation oder Bestrahlung wäre in diesen Fällen also besser als Chemotherapie. Da man aber nicht weiß, bei welcher Frau dies der Fall sein wird, rät man vorsichtshalber den meisten zur Chemotherapie. In Zukunft besteht Hoffnung, dass über Genanalysen das Risiko besser berechnet werden kann und somit viele unnötige Chemotherapien erspart werden könnten.

Hier gibt es von Seiten der Genforschung ganz gewaltige Fortschritte. Sie sind bereits in der Gegenwart angekommen. Ob die Pharmakonzerne allerdings auf ihre horrenden Einnahmen aus Zytostatika (ich hörte von 30% ihres Gesamtgewinns) verzichten werden, glaube ich nicht. Und ihre "Drittmittel" sind heute in der Forschung unverzichtbar, das weißt du selber. Und so werden sie weiterhin den Onkologen nahelegen, zuerst eine Chemotherapie durchzuführen und dann, als Langzeittherapie, die gentechnischen Medikamente zu geben. Beispiel:

Behandlung bei bestimmten Genmutationen
Lynparza wird als Monotherapie für die Erhaltungstherapie von erwachsenen Patientinnen mit einem
Platin-sensitiven Rezidiv eines BRCA-
mutierten (Keimbahn und/oder somatisch)
high-grade serösen epithelialen Ovarialkarzinoms, Eileiterkarzinoms oder primären Peritonealkarzinoms angewendet, die auf eine Platin-basierte Chemotherapie ansprechen (vollständiges oder partielles Ansprechen).
4.2 Dosierung und Art der Anwendung
Die Behandlung mit Lynparza sollte von einem Arzt eingeleitet und überwacht werden, der mit der Anwendung von onkologischen Arzneimitteln vertraut ist.
Vor Behandlungsbeginn mit Lynparza muss bei den Patientinnen der Nachweis über eine
Brustkrebs-Suszeptibilitäts-Gen (breast cancer susceptibility gene, BRCA-
Mutation (Keimbahn oder
Tumor) erbracht worden sein. Der BRCA-
Mutationsstatus sollte von einem erfahrenen Labor mittels einer validierten Testmethode festgestellt werden....


Was den gesetzlichen oder gesetzestreuen Umgang mit genetischen Daten in der Zukunft anbelangt, bin ich nicht so optimistisch und vertrauensvoll wie du. Schon bei weit weniger brisanten persönlichen Daten erinnere ich mich an aufgeregte Dauerdiskussionen in diesem Forum zum Thema Datensicherheit, Datenklau und klammheimlicher Datenweitergabe. Von den aufgeregten Diskussionen, natürlich auch und zuerst in der Öffentlichkeit, zum Thema Genforschung und Gentechnik i.S. von genetic engineering gar nicht erst zu reden! Die Menschheit wird sich, so denke ich, an das höhere Gewicht des gesundheitlichen Nutzens gewöhnen.

Den geringen Prozentsatz Neandertaler-Gen kannst du geschickt überspielen!
Karl
Karl
Administrator

Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von Karl
als Antwort auf silhouette vom 24.08.2015, 23:24:54
Da schau her, dann bist du vermutlich an C. Nüsslein Volhard und ihrer Drosophila nicht vorbeigekommen?!
geschrieben von silhoutte
Bin ich nicht, ich teile Deine Meinung über Frau Nüsslein-Volhard voll. Wir haben keine andere Nobelpreisgewinnerin in der Biologie.

Karl

P.S.: Margit war erstaunt, dass ich nur so wenig Neandertalergene habe. Man kann halt so tun als hätte man mehr.
nasti
nasti
Mitglied

Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von nasti
als Antwort auf Karl vom 24.08.2015, 23:55:02
Mein Sohn ist als Hobby Genetiker hat eine enorme Interesse für die Genetik, und das hat er von mir. Das Unterschied leg daran das er sich mehr als Hobby dafür interessiert, und ich nur so o lala, jede Minute etwas anderes....)
Er hatte gesendet mein Speichel für die private GENOMANALYSE, was ich erfahren hatte sprang meine Phantasien, kurz danach hatte ich eine Ausstellung mit die ähnliche Thema "Gedächtniss der Natur".

Und schon die zweite Serie von diese habe ich ausgestellt, das ganze kommt von meine Vorstellungskräfte aus.

Ich bin Besitzerin einer sehr seltener Haplogruppe K1C2, angeblich gab nur 1 Million auf der Welt davon. :).
Meine Vorfahren kamen meistens auch von Irland und England was mich überrascht, und gehöre ich zu der Gruppe welcher hat die Familien-vorfahren in Gebiet von ÖTZI. :)
Habe mir vorgestellt meine Vorfahren wie Sie pilgerten durch Alpen , und überhaupt meine Haplogruppe lebt sehr selten in diesem Mitteleuropäischen Gebiet, eher in England und Irland und USA.
Wie ist meine Ur-ur-uroma oder ur.ur.-ur opa hier gelandet? Und warum?
Ich zeichnete und immer noch zeichne bärtige alte Männer und wunderschöne Frauen, nachdem ich erfahren hatte das ich gehöre in die Haplogruppe K12C2, habe ich binnen 2 Monate 35 Bilder gemalt.Sowas hatte ich noch nie gemacht, nicht vorher und auch nicht nachher, die Phantasien sprangen meine Energien, ich bin stolz gewesen darauf Diese Bilder betrachte ich wie meine beste Bilder, sind wie in Trans gezeichnet worden.
Wenn ich Sie jetzt betrachte, kann ich mich nicht Erinnern wo ich mit meine Phantasien war....finde die ganze Entwicklung mit Genetik großartig.

Nasti



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schorsch
schorsch
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Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von schorsch
Ohne dass ich eine solche Gen-Analyse gemacht habe, kann ich bei mir feststellen, dass etwa 78,333 % vom Neandertaler abstammen. Und dies nicht etwa direkt, sondern über den Umweg brasilianischer Urwald. )(

Spass beiseite und zum Ernst der Sache: Wer den Schlüssel von Menschen in der Hand hat, hat auch eine gewisse Macht über sie. Und über kurz oder lang werden Teile dieser Macht an Interessierte verkauft werden.
Monja_moin
Monja_moin
Mitglied

Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von Monja_moin
als Antwort auf schorsch vom 25.08.2015, 10:25:04


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Wer den Schlüssel von Menschen in der Hand hat, hat auch eine gewisse Macht über sie. Und über kurz oder lang werden Teile dieser Macht an Interessierte verkauft werden.


So denke ich auch.
Eine wirklich sicheren Datenschutz auch für die Zukunft wird es nie geben können.

Monja.
Karl
Karl
Administrator

Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von Karl
als Antwort auf Monja_moin vom 25.08.2015, 12:14:35
Aber soll man deshalb auf wertvolle Information verzichten? Auf die Chancen der persönlichen Medizin etc.?

Ich denke, es wird wie bei allem eine Kosten/Nutzen Abwägung stattfinden müssen.

Karl
Re: Private Genomanalyse - ich habe es gemacht
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 24.08.2015, 21:41:57
... Jeder Nutzer kann jedoch (für sich) die Rohdaten auf seinen PC laden und mit DNA-Analyseprogrammen (im Internet verfügbar) analysieren. ...
Karl
geschrieben von karl


Hallo Karl,

ich habe die Seite mal aufgerufen, sehe aber nur 99 US$, jetzt kaufen etc.
Liebend gerne würde ich so eine Analyse durchführen lassen, da meine Brüder sehr intensiv Ahnenforschung betreiben, da diese von Ur-Ur-Ur-Ahnen etc. bereits angefangen worden waren.

Liebe Grüße
Morrison

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