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EmilWachkopp
EmilWachkopp
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Evolutionsreinkarnationen
geschrieben von EmilWachkopp
„Ich krieg keine Luft!!!!!!!” brüllte Edmund auf die Notstation des Kreiskrankenhauses. „Wie, was, keine Luft?“ fragte die Krankenschwester und fächerte sich mit der Hand den Alkoholgestank von ihrer Nase weg. „Immer wenn ich aus- oder einatmen tu, denn blubbert und plätschert das in meinem Bauch, als wie wenn ich ein Aquarium verschluckt hätte.“ „Es riecht aber nicht nach einem gewöhnlichen Aquarium“, sagte die Krankenschwester und fächerte mit der Hand noch einmal vor ihrer Nase herum.

Sie pumpten Edmund 18 Liter Flüssigkeit aus die Lunge. Dat is, wenn dat Hart nich mehr richtig mitmaken will. Denn kannst dat hebben. Aber das Schöne ist: Das, was alle zunächst für Wasser hielten, entpuppte sich als reiner Sprit. „Das ist …. Das ist … Märchenhaft ist das“, hechelte Edmund mit dem Glücksgefühl eines kleinen Kindes beim Anblick des Weihnachtsbaumes. „Ich wusste gar nicht, dass ich eine Schnapsfabrik im Brustkasten hatte.“ Die 18 Liter Schnaps wurden in 18 Literflaschen abgefüllt. Diese durfte Edmund dann mit nach Hause nehmen, um sich die Lunge nochmal voll zu kübeln. „Recycling“ würde man das heute nennen.

Na ja, ich schreib diesen Quatsch ja auch nur, falls wer sich über wundert, von wo der Ausdruck „Säuferlunge“ her ist.

Eigentlich wollte ich doch was ganz anderes erzählen. Weil: Ich hab doch wieder gegrübelt. Aber nicht über die Entstehung landläufiger Ausdrücke, sondern über meine eigne Entstehung. Darüber hab ich tagelang nachgegrübelt. Denn von irgendwo muss ich doch her sein.

Jedenfalls: Grübeln lohnt sich bei Emil immer, denn … Na ja, warum sollte ich das nicht zugeben? Wo es doch jeder ahnt. Ich hab, bei all meiner mir angeborenen vorbildlichen Bescheidenheit, ein hervorragendes Gedächtnis. Wahrscheinlich das hervorragendste, das es jemals gegeben hat. Aber ich muss immer erst stundenlang meditieren, um die Tore zu meiner Seele zu öffnen, so dass diese mir jedes ihrer Geheimnisse preisgibt. Und denn muss ich alles immer sofort aufschreiben, weil ins Alter der Kopp doch immer schon wuchtig abflaut, und damit auch das Gedächtnis. Schlimm ist das!

Meine tiefste Erinnerung, die aus Urzeiten stammen muss, ist allerdings ziemlich vernebelt. Aber ich sehe mich trotzdem mit einiger Klarheit: Ein glitschiger Adelsschleimkloß, der in einer Pfütze herumplatscht. Augen hab ich noch keine, aber doch schon ein Loch im Körper. Eine Art Futtereinnahmeloch, könnte man es nennen.
Meine Tage verbrachte ich größtenteils damit, mich im Schlamm zu wälzen und nach Insekten zu schnappen. Wenn ich Sott hatte, erwischte ich einen richtig fetten Brummer und machte dann sofort meinen Mittagsschlaf. Wenn es aber bloß abgemagerte Mücken waren, denn musste ich entweder mit knurrendem Magen ins Bett oder bis nach Mitternacht schnappen und schnappen und schnappen, ehe ich einigermaßen satt war.

Richtig! Gezeugt hab ich ja auch. Aber immer ehrer büschen nebenbei. Ja, falls man das überhaupt „Zeugen“ nennen kann. Plötzlich – wie aus dem Nichts heraus – teilte sich plötzlich mein kloßiger Körper! „Kloß-Emil“, denk ich noch, „jetzt hat deine letzte Stunde geschlagen.“ Aber zu meiner großen Verwunderung war das gar nicht der Tod, der mir auf Raten haschte. Nein, plötzlich macht es „plupps“ – und ich war zwei. D.h. da waren wir zwei Emil- Klöße. Wie ich das genau gemacht hab, das hab ich gar nicht begriffen. Aber man muss bedenken, dass ich bloß ein Klops mit fast gar keinem Gehirn war. Von einem solchen kann man intellektuelle Einsichten noch nicht so erwarten.

Jedenfalls: Allmählich wurden wir immer mehr Emil-Klöße. Als wir derer zehn waren, verließ ich empört die Pfütze, in der es mittlerweile wie in einem Irrenhaus zuging, und kroch an Land. Unwissend dass ich mich damit zur direkten Ursache einer phantastischen Evolution machte. Mein subjektives Motiv war, der Idiotenpfütze zu entkommen, in der es kein normaler Emil-Klops mehr im Kloßkopp aushalten konnte.

Meine Zeit als Affe war schon viel sonniger. Na ja, Affe wull noch nicht ganz. Ehrer eine Mischung aus Affe und Krokodil. Aber obwohl ich eine große Klappe und sehr scharfe Zähne hatte, war ich doch im Grunde friedlich. Ich hab nur gebissen, wenn mir jemand mein Fressen oder meine Äffin wegnehmen wollte. Sonst nicht so.
Aber hier muss man auch bedenken, dass ich meine Äffin doch brauchte. Zus Zeugen und für die Läuse. Wir waren sehr fürs Kameradliche. Das erinnere ich noch haargenau. Wir haben uns beis Bananenholen immer abgewechselt. Einer holte Bananen, der andere bewachte den Ast, der uns als Wohnraum zustand. Wir hatten nur einen –sogar ziemlich schmalen – Ast, weil wir noch kinderlos waren. Kinderfamilien hatten Anspruch auf zwischen zwei bis vier Äste. Je nach Kinderzahl. Dass wir noch keine Affenkinder hatten, lag daran, dass ich – weil ich das doch von meiner Schleimkloßzeit her noch so gewohnt war – ungeduldig darauf wartete, dass es endlich mal „plupps“ machen würde. Aber es pluppste nicht, und deshalb musste ich mich – büschen verschämt, gib ich zu – der Methode, wie sie meine Äffin mir seit Jahren gepredigt hatte, bedienen. „Wie die Sitten sich doch ändern“, dachte ich im Stillen.

Komisch ist das Leben! Erst wird Dir als Schleimkloß Dein Nachtschlaf durch das ewige Krachen und Poltern der Vulkane geraubt. Dann gewöhnst Du Dir als Affe an ein stilles, sonniges Klima. Und dann bist Du plötzlich Adelshöhlenmensch und klapperst von morgens bis abends vor Kälte. Denn das Klima war tatsächlich ars… sehr kalt. Das erinnere ich noch haargenau. Auch, dass ich mir meinen Lebensunterhalt mit die Keule verdienen musste. Immer Peng auf die Rübe. Aber was willst machen? Wenn der Magen knurrt.

Das meiste hab ich längst vergessen, weil ins Alter doch der Kopp immer schon mal wuchtig abflaut. Aber mir ist noch in Erinnerung geblieben, dass ich damals so unzweckmäßig große Mauken hatte. Wahrscheinlich waren das ehrer noch Schwimmflossen als Füße. Aber so ein Quatsch! Wo willst Du denn rumplantschen, wenn alles vereist ist? „Die Natur ist nicht ganz dicht“, sagte ich oft zu meiner Höhlenfrau. „Das war früher noch alles ganz anders.“

Na ja, Zeugen war auch. Aber richtigen Spaß gemacht hat es schon deshalb nicht, weil es doch immer schnell-schnell, husch-husch gehen musste. Vonwegen die Kälte. Da will man doch seine Gliedmaßen immer schön im Fell verpackt haben, und sie nicht auch noch an die Luft ziehen. Das war nümlich zu die Zeit so, dass wenn sich wer was verfroren hatte, denn konnte man es nur noch mit handgreiflichen Wiederbelebungsübungen versuchen. Was Warmes zum Auftauen war nümlich nicht da. Schlimme Zeiten waren das.

Ich wurde noch einmal als Höhlenmensch geboren. Aber das war später. Und da sah ich auch schon ganz anders aus. Richtig normale Mauken, fast ohne Haare dran. Außerdem war ich Stammhäuptling und hab einmal im Monat eine Rede an das Volk gehalten. An meine weltgeschichtlich bedeutendste Rede kann ich mir noch haargenau erinnern. Ich holte ganz tief Luft, wirbelte mit meinem Herrscherstab in der Luft herum und kreischte mit meiner doch noch ziemlich tierischen Stimme:
„Die Natur ist bekloppt!!“
„Ja, ja!“ rief das Volk. „Bekloppt, ja!“
„Genau!! Und warum ist sie bekloppt?“
„Sag es, oh sag es uns an!“
„Weil die Götter sauer auf uns sind!!“
„Oh Graus, oh weh! Wir sind verloren!“
„Und warum sind sie sauer auf uns?“
„Oh, sag es uns an! Sag es uns schnell!“
„Weil wir ihnen keine Brandopfer darbieten.“
„Waaaaaaasss??“
„Und warum bieten wir ihnen keine Brandopfer dar?“
„Sag es, oh Häuptling, sag an.“
„Weil wir es nicht können.“
„Oh weh! Oh weh!“
„Und warum können wir es nicht?“
„Sag es uns!“
„Weil wir kein Feuer haben!“
„Waaaaaaasssss?“

„Ich muss“, dachte ich im Stillen, „irgendwie Feuer erzeugen. Die Frage aber ist: Wie?“

Damit hatte ich – wenngleich unbewusst – den Weg geebnet, nicht nur für eine revolutionäre Verwandlung affenmenschlichen Daseins, sondern auch für eine Evolution ohne gleichen. Aber das erzähle ich das nächste Mal.

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