Eigene Gedichte Zeitreise (historische Altstadt von Lyon)

Mittagssonne brennt herab
auf die Großstadt heiß und kräftig.
Trennt den Schatten und das Licht
mit einem Schnitt, so gleißend mächtig.

In dem kühlen Schattenraum
den die Kathedrale bringt,
sitz ich oberhalb des Flusses -
träumend sinnend eingestimmt.

Über allem schwebt der Geist
und die Macht der Kirche fühlend,
web ich Bilder mir von einst.
Lass mich gern von ihnen führen.

Seh die gauklerbunte Menge
mit der Schelle und Schalmei.
Ihren Bären an dem Ringe
haben sie verschwitzt dabei.

Röcke flattern, Beine stampfen
zu den Trommeln, die den Takt
geben, dumpf und heiser klingend -
jeder in der Runde gafft.

Um die Hexenflut zu dämmen:
Scheiterhaufen ist gebaut.
Dass er wüten wird und brennen
weiß ich sicher - und mir graut.

Kann nicht lassen von den Bildern
die sich zeigen mir im Hirn:
Seh wie Damen, Herrn und Grafen
schachern, handeln mit Pläsier.

Seh die Bettler an den Krücken
schmutzverkrustet, eiterblind,
mit den Schalen in den Händen,
halb verhungert, auch das Kind.

Und die Kathedrale weckt mich
hier und jetzt durch tiefen Klang.
Nachmittag ist längst vergangen -
Gegenwart, sie nimmt mich an.


(c) Meli Franzen
22.06.2008

Liebe Meli,

ich bedanke mich - aber auch tief verneige vor der Kraft und Schönheit, deiner poetischen Bilder.



deine Miriam

...und diese wunderbaren Bilder werden vor meinem geistigen Auge ganz lebendig...
Danke!

Wunderbar. Eine Würdigung des Unesco-Weltkulturerbes, wie sie besser kaum sein kann. Ein Gedicht, schön wie ein Gemälde.

Ich sitze hier mit vor Freude roten Ohren und danke Euch herzlich für diese schönen Kommentare.

Meli