Forum Kunst und Literatur Fernsehen und Film "Und alle haben geschwiegen"

Fernsehen und Film "Und alle haben geschwiegen"

chris33
chris33
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von chris33
als Antwort auf Drachenmutter vom 05.03.2013, 10:46:15
der film hat mich sehr erschüttert. ich hatte bis gestern keine ahnung, was da in den heimen ablief ( und das bis 1970!!)....

zu meiner schulzeit (1950 einschulung) hörte es langsam mit der schlägerei in unserer dorfschule auf. (meine mutter, die als kind in die selbe schule ging) erzählte mir, wie sie und andere kinder damals vom oberlehrer mit dem stock geschlagen wurden).

allerdings bekam ich einmal eine ohrfeige -als ich das zu hause erzählte, ging mein vater abends zur lehrerin und stellte sie zur rede.
er stellte häufig die erziehungsmethoden meiner lehrer in frage und konfrontierte sie persönlich.auch wenn er meinte, daß meine noten nicht leistungsgerecht im zeugnis vermerkt wurden . natürlich war ich somit nicht sehr beliebt bei den lehrern ...

erst in der weiterführenden schule (nur mädchen) ging es ohne gewalt zu.

ich habe mich immer sehr behütet gefühlt in meinem elternhaus.

chris33
pepa
pepa
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von pepa
als Antwort auf Felide1 vom 05.03.2013, 11:13:41
Hallo Felide,
dein Hinweis auf den Film "Das weiße Band" ist sicher gut und richtig. Aber ich finde, das dazu ein neues Thema eröffnet werden sollte, denn die Handlung spielt in einer anderen Zeit.
Heimkinder wurden bis in den 70er Jahre, soweit es bekannt ist, misshandelt. Also ist das alles noch gar nicht solange her. Und ich ich würde gern wissen, wie es heute in den Heimen zugeht.
Ich habe aus bestimmten Gründen wochenlang im Forum für Heimkinder gelesen (vor Jahren schon) und war schockiert.
Es ist gut, das jetzt endlich die Öffentlichkeit davon Kenntnis nimmt, denn darum haben ehemalige Heimkinder jahrelang gekämpft! Immer wieder wurden sie abgewiesen und "Totschweigen" gehört immer noch an die Tagesordnung.
Ich war selbst einige Jahre im Kinderheim, allerdings in der DDR und verfolge schon jahrelang dieses Ringen um Anerkennung und Entschädigung.
pepa
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
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Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf pepa vom 05.03.2013, 11:35:29
Hallo peppa!

Ich stellte ja zuerst die Verbindung zum "Weißen Band" her. Es stimmt, dass es eines eigenen Themas würdig wäre.

Allerdings finde ich, dass Themenstränge in enger Verbindung gesehen werden können und wie ich meine, auch müssen.
Die Zeiten waren andere,stimmt.

(Aber Haneke, der selbst das Drehbuch schrieb, betonte, dass seine exemplarische Darstellung weit über das kleinen protestantischen Dorfes hinausreicht.)

Die Methodik und die Folgen sind aber durchaus vergleichbar, wenn sie auch unter einem anderen Label laufen.

LG mart

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clara
clara
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von clara
Der Film greift die Zustände in einem evangelischen Heim auf, was gut ist, weil meistens nur die katholische Seite gezeigt wird.
Diese Diakonissen waren oft selbst Opfer bigotter Eltern, die sie zum Eintritt in die Gemeinschaft zwangen. Sie waren dort "versorgt", mussten allerdings ähnlich wie kath. Nonnen ehelos leben oder aus der Gemeinschaft austreten.

All diese Dinge, dazu die Nähe zum noch nicht lange zurück liegenden Naziregime, führten wohl dazu, dass die Misshandlungen und anderen unmenschlichen Bedingungen als normal, angemessen und hilfreich für die Jugendlichen angesehen wurden.
Schlimm auch die Interesselosigkeit des Bischofs beim Besuch im Heim. Hauptsache, es wurde "Großer Gott, wir loben dich" gesungen!
Noch beim "Runden Tisch" zu diesem Thema zeigte der anwesende Geistliche Zweifel an den Schilderungen von Betroffenen.

Die Darsteller, bes. auch die jungen, spielten überzeugend.

Clara
olga64
olga64
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von olga64
als Antwort auf clara vom 05.03.2013, 12:17:21
Der Film greift die Zustände in einem evangelischen Heim auf, was gut ist, weil meistens nur die katholische Seite gezeigt wird.

Schlimm auch die Interesselosigkeit des Bischofs beim Besuch im Heim. Hauptsache, es wurde "Großer Gott, wir loben dich" gesungen!
Noch beim "Runden Tisch" zu diesem Thema zeigte der anwesende Geistliche Zweifel an den Schilderungen von Betroffenen.

Clara


Ja, dieser Film war beeindruckend und hervorragend besetzt. Was den Bischof betrifft, muss man gar nicht so weit zurückgehen - es ist noch nicht lange her, als die Prügelattacken des Bischof Mixa öffentlich wurden,den dies dann ja seine bischöfliche Position kostete.
Der Runde Tisch hat in der Wirklichkeit viel geleistet - das kam sicher im Film zu polemisch rüber.
Ich selbst war zwar nie in einem Erziehungsheim, aber das katholisch-klösterliche Internat, wo ich einige Jahre meine Schulausbildung "geniessen" durfte, war ähnlich. Das pädagogische Konzept basierte auf den Mechanismen: erst brechen, dann wieder aufbauen - das alles im Namen des Herrn und ausgeführt von machtbesessenen und sadistischen Nonnen und auch weltlichen Lehrern. Ich war dort von 1960 - 1963 und befand mich in einer Gruppe renitenter Mädchen (gab es auch), die irgendwann das Konzept so störten, dass wir entlassen wurden. Für all das musste mein Grossvater anständig Geld hinlegen. Einen Vorteil hatte es: die Vermittlung der schulischen Leistungen war gut und hat mir später oft geholfen, weil ich auf drastische Art und Weise viel Disziplin lernte. Schadete später auch nicht, z.B. im Berufsleben. Olga
chris
chris
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von chris
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.03.2013, 10:57:22
Karin,

auch ich habe das hier erlebt, dass vor allem in den Jahren 1953/1954 ein Lehrer fast täglich einen Schüler schlug.

Erfolg, meist gleich am Morgen, wir waren so eingeschüchtert,
das wir gar nicht wagzten, auch mal zu schwätzen.

Zum Glück kam der Lehrer dann zum Bund und hat sicher dort dann
seine Wehrpflichtigen schikaniert.

Ich persönlich bekam einmal eine Ohrfeige, dass ich gegen
die Tafel flog.

Aber daheim habe ich nichts erzählt, aber andere Mtschüler
haben dann an meine Eltern gepetzt. So dass ich dann doch
sagen musste, weshalb ich die Ohrfeige bekam.

Heute ist es längst vergessen, aber der Film hat mich
wieder dran erinnert.

Chris

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pilli
pilli
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von pilli
als Antwort auf olga64 vom 05.03.2013, 16:12:07
ich bin mir bei Bischof Mixa immer noch nicht sicher, ob ihm die misshandlungen oder eher doch sein eigentümliches finanzielles gebaren letztendlich die geweihten flügel gestutzt haben?

Von körperlichen Züchtigungen von Kindern war damals nicht die Rede, von finanziellen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Katholischen Waisenhausstiftung auch nicht...

Gleichwohl setzte 1993 der Augsburger Klerus in seiner Mehrzahl alles daran, Mixa als Bischof zu verhindern. Das gelang. Papst Johannes Paul II. ernannte an seiner Statt den Benediktiner Viktor Josef Dammertz. Doch was immer man in Rom gegen Mixa vorgebracht haben wollte, es wog nicht so schwer, dass es drei Jahre später der Ernennung Mixas zum Bischof von Eichstätt im Wege gestanden hätte. Und was immer in Eichstätt geschah, es wog nicht so schwer, dass Walter Mixa nicht im Jahr 2000 als Nachfolger des plötzlich verstorbenen Erzbischofs Dyba zum Katholischen Militärbischof und fünf Jahre später doch noch zum Bischof von Augsburg hätte ernannt werden können.
geschrieben von FAZ


auf verlorenem posten...

geschwiegen und verschwiegen wurde wenig bei den diskussionen im Seniorentreff und es hat zahlreiche themen im archiv, die davon zeugen. leider auch von der hoffnung einiger, dass die massgeblichen entscheidungsträger sich vom kasteienden rutenschlagen auf den eigenen rücken und nicht nur auf dem körper der ihnen anvertrauten nun endlich vernunftbegabt zeigen und aufklärung an die erste stelle setzen. das ist, wie gerade die ereignisse der letzten monate zeigen, nicht geschehen...ganz im gegenteil:

erst wenn wirklich nix mehr mit dem wild sprenkelnden weihwasserfeudel zu verbergen ist, kriechen sie hervor unter dem schwarzen netz, gewebt aus den erinnerungen von manchen ihrer priesterlichen weggefährten und deren schändlichem tun in der zeitweise zum darkroom gestalteten sakristei! derweil missionieren die ollen getreuen an allen möglichen und unmöglichen stellen ohne zu erkennen, dass deren verlogene heiligenbildchen-sabbelei nur noch peinlich ist.

wie bereits 2010 möchte ich weiterhin mahnen, nicht alles zu verallgemeinern; aber eines verstehe ich immer besser: da tut sich bis heute wenig bis nix, das elend der betroffenen zu mildern.

diskussion ST 2010 ...

---
pilli
Martin_MITCHELL
Martin_MITCHELL
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von Martin_MITCHELL
.
Ein Ehemaliges Heimkind, Martin MITCHELL ( Jg. 1946 ), selbst Insasse in den frühen 1960er Jahren in diesen nachkriegsdeutschen ( westdeutschen ! ) Kinderheimhöllen – z.B. auch in der Bethel-eigenen evangelisch-lutherischen ANSTALT FREISTATT IM WIETINGMOOR – meldet sich zu Wort.

Habe noch Glück gehabt: Bin dieser Hölle entronnen mit 17½ Jahren und am 24. März 1964 nach Australien ausgewandert. Seither ununterbrochen hier in Australien ansässig.

Ich selbst habe den ZDF-SPIELFILM "Und alle habe geschwiegen" noch nicht gesehen, und kann mich daher nur nach den bisherigen Kommentaren anderer Zuschauer und Zuschauerinnen, die ihn gesehen haben, richten.

Zu diesem Zweck habe ich über die letzten ca. zwei / drei Wochen hinweg sicherlich 95% aller in Deutschland, Österreich und der Schweiz öffentlich abgegebenen Kommentare und Stellungnahmen – Lob und Kritik ! – zu diesem ZDF-SPIELFILM "Und alle habe geschwiegen" im Internet gelesen und studiert --- geradezu überall danach gesucht.

Aber auch ohne diesen ZDF-SPIELFILM "Und alle habe geschwiegen" selbst gesehen zu haben, bin ich der Meinung:

Gute Filmschauspieler und Filmschauspielerinnen in aller Welt versuchen immer ihr Allermöglichstes zu geben sich in die Rolle derer und in das von ihnen Erlebte deren Geschichte sie darstellen wollen zu versetzen --- und können dies auch durchaus realitätsnah vollbringen wenn sie es tatsächlich wollen. Viele Filmschauspieler und Filmschauspielerinnen konsultieren auch persönlich über die Materie, die es gilt darzustellen eingehend mit direkt Betroffenen selbst, z.B. mit direkt Betroffenen eines Disasters, mit direkt Betroffenen eines Holocaust oder mit direkt Betroffenen eines gesellschaftlichen Skandals worüber die Öffentlichkeit mit einer bestimmten Filmdarstellung unbedingt aufgeklärt werden soll und muß. --- Siehe, diesbezüglich, z.B., auch den ( 1993 ) SPIELFILM "Schindlers Liste", den ( 1993 ) Nordirlandkonflikt-SPIELFILM und IRA-Drama "Im Namen des Vaters" / "In the Name of the Father" oder auch den ( 1988 ) SPIELFILM "Ein Schrei in der Dunkelheit" ( spielte in Australien ), wenn man DIESE DREI SPIELFILME jetzt mal zum Vergleich nimmt. Ich glaube nicht, dass jemand der DIESE DREI SPIELFILME gesehen hat danach noch falsche Vorstellungen bezüglich dem, jeweilig, darin behandelten und beinhalteten Thema hätte haben können.

Wie aber sieht die deutsche Gesamtgesellschaft jetzt, nach der Ausstrahlung im deutschen Fernsehen des ZDF-SPIELFILM "Und alle habe geschwiegen" wirklich die Ehemaligen Heimkinder und ihr Schicksal ?

Hat es wirklich etwas daran geändert dass "alle" "geschwiegen" "haben" ?Wird es die deutsche Gesamtgesellschaft jetzt dazu bewegen von jetzt an aufzuhören zu schweigen ?Haben sie wirklich mitgekriegt und verstanden was damals in ihrem Lande flächendeckend und über Jahrzehnte hinwegim Nachkriegsdeutschland !geschah und heute noch immer nicht gesühnt ist, und dass die Verantwortlichen dieses Unrecht auch nicht sühnen wollen ?

Wird es die deutsche Gesamtgesellschaft dazu bewegen etwas dagegen zu tun und wird die deutsche Gesamtgesellschaft zumindest versuchen den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen und dafür zu sorgen dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt ?

…"Und alle haben geschwiegen"...

Werden sie jetzt alle auch weiterhin schweigen ?

.
olga64
olga64
Mitglied

Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von olga64
als Antwort auf Martin_MITCHELL vom 26.03.2013, 04:03:32
Die deutsche Gesellschaft ist wie alle anderen GEsellschaften in wohlhabenden Ländern, die medientechnisch überflutet werden, spontan interessiert - aber ebenso schnell flacht das Interesse wieder ab, weil andere EReignisse neue Aufmerksamkeit fordert.
Es hat sich aber in Deutschland eine sehr gute Initiative gegründet inkl. eines Fonds für ehemalige Heimkinder. Dort arbeiten sensible MitarbeiterInnen, die zuhören können - der Fond, gespeist von der deutschen Regierung und den Kirchen bietet auch finanzielle Wiedergutmachung z.B. für entgangene Renten usw. an. Anträge können noch bis Ende 2014 gestellt werden. Vielleicht hilft Ihnen dies ja ein wenig - Details können sie gut über das Internet finden. Olga
Re: "Und alle haben geschwiegen"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf clara vom 04.03.2013, 16:00:58
Warum wurde und warum wird geschwiegen ,es ist die Angst vor Macht. Was macht die Macht mit einem Menschen ,wozu befähigt die Macht :

„Als sozialwissenschaftlicher Begriff bezeichnet Macht einerseits die Fähigkeit, auf das Verhalten und Denken von Personen und sozialen Gruppen einzuwirken, andererseits die Fähigkeit, Ziele zu erreichen, ohne sich äußeren Ansprüchen unterwerfen zu müssen.“

Zitiert aus :

http://de.wikipedia.org/wiki/Macht

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