Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie

Geisteswissenschaft / Philosophie Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie

Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Es gibt immer wieder Zeitspannen in denen wir uns hier im ST intensiv mit der Herstellung von Fraktalen befassen. Wenn man dies wiedermal neu entdeckt, wird es sehr leicht zu einer kleinen Obsession.

Doch nicht dies soll mein Thema heute sein. Ich möchte einiges über denjenigen schreiben, dem überhaupt die Fraktalgeometrie zu verdanken ist: Benoît B. Mandelbrot

Die Entscheidung wo ich dieses Thema einordnen soll, fiel mir eigentlich schwer. Denn eigentlich gehört es genau so zu den Wissenschaften, wie m.E. auch zur Philosophie.

Das eigentliche Interesse an Benoît Mandelbrots Theorien, wurde erst in den 80. Jahren geweckt – und so entstand dieser neue Zweig der Geometrie: die Fraktalgeometrie.

Da dieses Gebiet der Mathematik eigentlich die Visualisierung einer infiniten Zahlenmenge ist, erlaubt sie die Beschreibung von Systemen deren Entwicklung zeitlich gesehen, nicht mit voller Sicherheit vorherzusagen ist.
Ein gutes Beispiel dafür, welches wir ja auch täglich erleben: das Wetter.

Das bekannteste Werk von Mandelbrot bleibt wohl jenes das er im Jahr 1975 geschrieben hat:
Die fraktale Geometrie der Natur. Daraus ein Zitat:


"Wolken sind keine Kugeln, Berge keine Kegel, Küstenlinien keine Kreise. Die Rinde ist nicht glatt – und auch der Blitz bahnt sich seinen Weg nicht gerade...
Die Existenz solcher Formen fordert uns zum Studium dessen heraus, was Euklid als formlos beiseite läßt, führt uns zur Morphologie des Amorphen. Bisher sind die Mathematiker jedoch dieser Herausforderung ausgewichen. Durch die Entwicklung von Theorien, die keine Beziehung mehr zu sichtbaren Dingen aufweisen, haben sie sich von der Natur entfernt. Als Antwort darauf werden wir eine neue Geometrie der Natur entwickeln und ihren Nutzen auf verschiedenen Gebieten nachweisen. Diese neue Geometrie beschreibt viele der unregelmäßigen und zersplitterten Formen um uns herum - und zwar mit einer Familie von Figuren, die wir Fraktale nennen werden."


Von wo stammt aber das Wort Fraktale?

Mandelbrot hatte mal einen englischen Forscher gelesen, der sich mit der Messbarkeit der Länge der britischen Küste befasste.
Nun, dieses Unterfangen scheint fast unmöglich: versucht man es mit Satellitenbildern, kann man die kleineren Buchten nicht miteinbeziehen – dadurch fällt die Küste kleiner aus als sie es eigentlich ist.

Genau so unmöglich erweisen sich die Messungen mittels eines Meterstabs, mit dieser Art der Messung fallen die Zahlen größer aus.
Es geht hier also um eine zwar endliche Fläche (die Küste), die durch die Tatsache, dass sie als nicht messbar sich erweist oder als solche erscheint, den Umfang (Großbritannien) unendlich erscheinen lässt.

Da hatte Benoît Mandelbrot die Idee des Begriffes "Fraktal" – was auf die gebrochene Dimensionalität hinweisen soll.

Dieser Begriff erwies sich in der Folge auch in anderen Bereichen anwendbar. Wen soll es noch erstaunen, dass der geniale Mathematiker der Mandelbrot ist, im Jahr 2005 ein Buch herausgab, dessen Titel uns spätestens heute aufhorchen lässt: Fraktale und Finanzen (Piper 2005).
Hat er eigentlich dadurch die Finanzwelt erreichen, bzw. warnen können? Mir scheint dies nicht so.

Spätestens hier muss doch jeder begriffen haben, dass die Fraktale und die Fraktalgeometrie eng verbunden sind mit dem Chaos, bzw. mit der Chaostheorie.
Unsere Wahrnehmung ist tatsächlich sehr beschränkt - sowohl von der Ratio her - aber noch mehr in Bezug auf unsere Sinne.

Was mich bei Mandelbrot fasziniert, ist dass er Mittel findet diese beschränkte Wahrnehmung oder das eingeschränkte Verstehen von Phänomenen, zu überwinden.

Ich beziehe mich nun nicht auf Mandelbrot - aber möchte als Beispiel für unsere subjektive und unvollständige Wahrnehmung unser Sehvermögen nehmen: wir meinen vom Visuellen her die Sachen zu erfassen.

Doch auch das stimmt nicht ganz. Wenn wir zwei Bilder nebeneinander setzen: eines welches ein Objekt oder ein Lebewesen mit der Digitalkamera erfasst hat (dies entspricht in etwa unserem Sehvermögen), - und dann das gleiche mit dem Elektronenmikroskop festgehalten (in diesem Fall mit dem Scanning-EM), werden wir erstmal feststellen wie wenig wir rein visuell (ohne Unterstützung der Apparate), erfassen.

Vorläufig nur soviel - das Thema geht zwar weiter, aber wir können schon jetzt eine kleine Duskussion darüber starten, wenn Ihr es möchtet.

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miriam
miriam
miriam
Mitglied

Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.11.2009, 16:47:33
Zu Benoît Mandelbrots Buch "Die fraktale Geometrie der Natur" - habe ich eine Kurzfassung gefunden - und setze sie hier ein:

Die fraktale Geometrie der Natur

Die Fraktale Geometrie der Natur ist ein Buch über moderne Mathematik, das dennoch kein Mathematikbuch ist. Mit seinen vielen Abbildungen gleicht es eher einem Bildband. Von Computerprogrammen erzeugt, scheinen sie künstlerische Computergrafiken zu sein, sind jedoch Kurven rekursiv definierter mathematischer Funktionen mit der Eigenschaft der Selbstähnlichkeit. Zwei Dinge verblüffen: Die Dimensionszahl solcher Kurven ist nicht ganzzahlig und Mandelbrot kann die Bedeutung solcher Funktionen für nahezu jedes Gebiet darlegen. Mandelbrot demonstriert in Bild und Text anschaulich die Beschreibung selbstähnlicher Gebilde aus der Natur mit Modellen der Fraktalen Geometrie: Inseln und Küstenlinien, Bäume und Blütenformen, Galaxienhaufen, Oberflächenreliefs und Texturen von Werkstoffen - alles Gebilde oder Mengen mit komplizierten Strukturen. Das Modell selbst ist jedoch stets einfach, nur durch wenige Parameter bestimmt.

Die fraktale Geometrie der Natur
Benoit B. Mandelbrot
Birkhäuser
Erschienen: 1999
ISBN: 376431771X
Preis: 40,00 €

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miriam
miriam
miriam
Mitglied

Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von miriam
als Antwort auf miriam vom 24.11.2009, 18:53:44
Und wieder liest kein Schwein...

Macht nix - ich denke hier laut(?) weiter über Benoît Mandelbrot, weil ich ihn einfach faszinierend finde.

Nun, ich versuche mal in dieser Materie die mich einerseits fasziniert, andererseits mir aber immer wieder zeigt wie wichtig es gewesen wäre im Mathe-Unterricht nicht Romane unter dem Pult zu lesen, trotzdem weiter zu gehen.

Nochmals zurück zur Fraktalen Geometrie: sie wird auch als Geometrie des Chaos bezeichnet, wegen ihres Schwerpunktes, der ja eigentlich die Erforschung bzw. Erfassung des Bereichs der sich zwischen Unordnung und Ordnung befindet, ist.

Können auf dieser Weise tatsächlich die so genannten nichtlinearen Phänomene die in der Natur vorkommen, gemessen werden?

Sehr bekannt ist das Beispiel des Flügelschlags eines Schmetterlings, der am anderen Ende der Welt einen gewaltigen Sturm auslösen kann (Schmetterlingseffekt).

Als über dieses Phänomen Mitte der 60. Jahre geschrieben wurde, betrachtete dessen Autor, Edward N. Lorenz, der sich eigentlich mit der Voraussagbarkeit des Wetters befasste, dass eine solche kleine Ursache nicht nur ein ganzes System vollständig verändern kann, sondern auch, dass diese Veränderungen unvorhersagbar sind.

Erst durch die Chaos-Menge (oder Mandelbrot-Menge*) die wir Benoît Mandelbrot verdanke, die sowohl mit realen als auch mit imaginären Zahlen arbeitet, konnte man diesem Phänomen nachgehen. Denn erst mit den fraktalen (gebrochenen) Dimensionen, konnte auch dieses bis dann unbeschreibliche System, erfasst und für eine gewisse Zeit vorhersagbar werden.

Doch sollte man nicht diesen so poetisch gewählten Begriff, Schmetterlingseffekt, nur in der Wettervorhersage als anwendbar betrachten, nein – genau so gut bezieht er sich auf die Wirtschaft und ihre Turbulenzen.
Und nicht vergessen: alle Aktien besitzen fraktale Muster.


*Mandelbrot-Menge "Diese Menge ist ein Paradigma für Ordnung und Chaos. Sie ist die Menge aller Punkte, die auf einer unendlich feinen Grenzlinie liegen. Ihre wohl faszinierendste Eigenschaft ist jedoch, daß sie als Bildlexikon für unendlich viele Algorithmen interpretiert werden kann. Sie ist damit ein fraktaler Bildspeicher von schier unfaßbarer Effizienz und Organisation. Die Mandelbrot-Menge ist definiert als die Menge aller Punkte c in der komplexen Ebene, die (als Kontrollparameter) zu einer zusammenhängenden Julia-Menge gehören. Das heißt, man erhält ein computergraphisches Bild der Mandelbrot-Menge, wenn man für jeden c-Wert, für den die zugehörige Julia-Menge zusammenhängend ist, einen schwarzen Punkt setzt.
Die Mandelbrotmenge ist das Maskottchen der Chaosforschung."


Zitiert aus: "Aspekte der Chaostheorie und der fraktalen Geometrie" - siehe Link

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miriam

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heijes
heijes
Mitglied

Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von heijes
als Antwort auf miriam vom 27.11.2009, 12:58:49
Und wieder liest kein Schwein...


Liebe Miriam, ob Schweine lesen können? Ich jedenfalls lese deine Beiträge immer mit Intresse auch wenn ich nicht antworte. Vielleicht geht es anderen ja auch so? Mache bitte weiter.
LG
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heijes
miriam
miriam
Mitglied

Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von miriam
als Antwort auf heijes vom 27.11.2009, 13:18:57
Danke dir Heijes - das war von mir ein kleiner Versuchsballon um zu erfahren ob jemand mein Thema liest.
Es wäre ja schön, wenn das System wenigstens die Anzahl Hits zeigen würde - dann würde man selber sehen, ob die Fortführung eines Themas sich lohnt.

Das mit Schwein war eine kleine Ableitung vom "...Und wieder guckt kein Schwein..."

Liebe Grüße

Miriam


Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf miriam vom 27.11.2009, 13:31:31
Nun, ich habe gehittet und nichtschweinisch geguckt...

Gruß --->
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ramires

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miriam
miriam
Mitglied

Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 27.11.2009, 14:45:05
Nun, ich habe gehittet und nichtschweinisch geguckt...

Gruß --->
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ramires


Ramires - ich war zwar in der Küche - habe aber beides trotzdem gleich wahrgenommen...

Wie ich das gemacht habe? Sehr einfach: durch die Mandelbrot-Menge, die mir als Kontroll-Parameter gedient hat. Sie ist tatsächlich ein empfehlenswertes Maskottchen.
(Siehe meinen Beitrag von 12:58)

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miriam
Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf miriam vom 27.11.2009, 15:33:26
Weiß schon, miriam. Ich backe ja auch Mandelbrötchen und spiele mit dem Apfelmännchen Poker...Nur die apophysikalischen Rezepturen wollten mir einfach nicht ausbaufähig gelingen und ich entfernte das Programm dafür wieder aus dem Speicher.
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ramires
Re: Benoît B. Mandelbrot - und die Fraktalgeometrie
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 27.11.2009, 17:06:58
Hallo Ramires,
dazu braucht es viel Geduld.
Es vergeht viel Zeit, bevor man was daraus
hervorzaubert und es auch ansprechbar aussieht.
Wenn man es kann geht es fixer, wie bei ALLEM,
was man beherrscht.

Lieben Gruß, Astrid

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