Geisteswissenschaft / Philosophie Das Denken

qilin
qilin
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Das Denken
geschrieben von qilin

Es gibt keine gefährlichen Gedanken; das Denken selbst ist gefährlich, aber der Nihilismus ist nicht sein Produkt.
Er ist nichts weiter als die andere Seite des Festhaltens an Konventionen; sein Glaubensbekenntnis besteht
aus Negationen der allgemein verbreiteten, sogenannten positiven Werte, an die er gebunden bleibt...

In diesem Sinne mag der Nihilismus als eine stets vorhandene Gefahr des Denkens angesehen werden.
Aber diese Gefahr entsteht nicht aus der sokratischen Überzeugung, dass ein nicht erforschtes Leben nicht
lebenswert wäre, sondern im Gegenteil aus dem Wunsch, Ergebnisse zu finden, die weiteres Denken unnötig
machen. Das Denken ist für alle Glaubensbekenntnisse gleich gefährlich und bringt aus sich heraus kein neues
Glaubensbekenntnis hervor.

 

Hannah Arendt

Pat
Pat
Mitglied

RE: Das Denken
geschrieben von Pat
als Antwort auf qilin vom 18.04.2018, 20:36:05
Es gibt keine gefährlichen Gedanken; das Denken selbst ist gefährlich, aber der Nihilismus ist nicht sein Produkt.
Er ist nichts weiter als die andere Seite des Festhaltens an Konventionen; sein Glaubensbekenntnis besteht
aus Negationen der allgemein verbreiteten, sogenannten positiven Werte, an die er gebunden bleibt...

In diesem Sinne mag der Nihilismus als eine stets vorhandene Gefahr des Denkens angesehen werden.
Aber diese Gefahr entsteht nicht aus der sokratischen Überzeugung, dass ein nicht erforschtes Leben nicht
lebenswert wäre, sondern im Gegenteil aus dem Wunsch, Ergebnisse zu finden, die weiteres Denken unnötig
machen. Das Denken ist für alle Glaubensbekenntnisse gleich gefährlich und bringt aus sich heraus kein neues
Glaubensbekenntnis hervor.

 
Hannah Arendt

Der Wunsch, Ergebnisse zu finden, die weiteres Denken unnötig machen,
wird wohl
in Erfüllung gehen. Zumindest die nachfolgenden Generationen
werden mit Ergebnissen konfrontiert, die ihre Fähigkeit zu Denken, zunehmend
in Frage
stellt. Die KI erledigt dies doch wesentlich flotter und präziser als mein kleines Gehirn, davon geht man ja heute schon aus, die KI kann ja auch auf
deutlich mehr Daten zugreifen, als in mein kleines Hirn reinpasst. Wie gefährlich diese neue Form des Denkens werden könnte, möchte, darf, ist natürlich
heute noch nicht absehbar. Aber sie rückt sichtbar immer näher.


Hier nur mal ein Beispiel, wie die virtuelle Realität, der Alltagsrealität
näher kommt.


Elenoide.jpg

Irgendwann begegnen wir dieser jungen Dame auch im Alltag. Sie ist in Japan
geboren und studiert derzeit an der TU-Darmstadt. Sie will dort ihr
Wahrnehmungs- und Denkvermögen deutlich erweitern. ;-)

Naja, im Grunde ist es kein Witz, in Wahrheit ist sie die Roboterfrau Elenoide,
sie wurde kürzlich auf einem Kongress der TU quasi als neue Kollegin von Frau Professorin Stock-Homburg vorgestellt, vielleicht wird sie ja mal ihre Nachfolgerin?? Sie hat sich auch schon mal kurz mit dem zuständigen Minister

unterhalten, aber ihre realen Ambitionen sind wohl noch ungewiss. ;-) Wenn erst
mal genug Daten in der Cloud vorhanden sind, und sie von von überall darauf Zugriff hat, dann wird sie sich sicher auch in der realen Welt bestens zurechtfinden.

Vielleicht kann sie ja irgendwann mal, auf irgend einem Kongress, alle Fragen
schneller und präziser beantworten als alle anderen anwesenden. Dann stellt
sich der eine oder andere sicher die Frage, warum soll ich eigentlich noch
über das Thema nachdenken, da kann ich doch gleich die nette Dame fragen

Bei manchen Teilnehmern löste sie jedenfalls Faszination aus, aber bei anderen auch Unbehagen oder leichten Grusel. Mal sehen, vielleicht erleben wir sie noch
in der realen Welt.


Hier gibt es noch ein Paar Bildchen von ihr, kann man durch draufklicken vergrössern. TU-Darmstadt

gruss Pat







 
qilin
qilin
Mitglied

RE: Das Denken
geschrieben von qilin
als Antwort auf Pat vom 02.06.2018, 22:08:30

Hm - wenn das Denken an sich gefährlich ist, wäre es doch nicht gerade klug, es zur Gänze den Robotern zu überlassen - denke ich.  Nihilismus ist da nicht weit... Zwinkern
Dass KI besser Fragen beantworten, und in manchen Fällen vielleicht konkrete Probleme besser lösen kann - kein Problem, aber welche Problemlösungen wie umgesetzt werden, sollten Automaten IMO nicht unbedingt allein entscheiden können.

() qilin


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hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

RE: Das Denken
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf Pat vom 02.06.2018, 22:08:30

Der Wunsch, Ergebnisse zu finden, die weiteres Denken unnötig machen,
 
geschrieben von Pat

Ich kann mir solch einen Wunsch nur bei Menschen vorstellen, die nicht denken oder wenig Lebenserfahrung haben. Das Erreichen von Zielen setzt immer neue Ziele.

Es mag sein, dass es mit neuen Technologien in extrem ferner Zukunft denkende Maschinen gibt. Zum heutigen Tag gibt es allerdings keine Maschine die auch nur einen einzigen Gedanken selbständig haben könnte.

Ciao
Hobbyradler
 
Femmefatale
Femmefatale
Mitglied

RE: Das Denken
geschrieben von Femmefatale

Mein Denken ist sehr von Gefühlen geleitet. Ob das ein Roboter hinbringt, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Da mache ich lieber meine eigenen Fehler.

LG, ff

qilin
qilin
Mitglied

RE: Das Denken
geschrieben von qilin
als Antwort auf hobbyradler vom 03.06.2018, 09:01:14
Es mag sein, dass es mit neuen Technologien in extrem ferner Zukunft denkende Maschinen gibt. Zum heutigen Tag gibt es allerdings keine Maschine die auch nur einen einzigen Gedanken selbständig haben könnte.

geschrieben von hobbyradler

Auch in ferner Zukunft wird man denkende Maschinen bauen müssen; und auch wenn sie von Maschinen gebaut werden, musste die Vorgeneration von Menschen gebaut und mit Denkvermögen versehen werden - und dieses Denkvermögen wird notwendig menschliches Denken imitieren - eine andere Art von Denken werden Menschen wohl kaum von Grund auf erfinden können...
Die Anfänge dieses Imitierens erleben wir ja bereits, wie man an der 'Roboterdame' sieht, oder bei dem sprechenden Bot von Google, wo sich Leute beschwert haben, weil sie nicht wussten ob sie mit einem Menschen oder einer Maschine redeten. Auch Gefühle können sie imitieren; dass sie diese Gefühle tatsächlich haben, kann ich mir auch in fernerer Zukunft allerdings nicht recht vorstellen. Ob sie denken, scheint mir eher eine Frage der Definition zu sein.

() qilin

 

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Pat
Pat
Mitglied

RE: Das Denken
geschrieben von Pat
als Antwort auf qilin vom 03.06.2018, 10:31:46
Es mag sein, dass es mit neuen Technologien in extrem ferner Zukunft denkende Maschinen gibt. Zum heutigen Tag gibt es allerdings keine Maschine die auch nur einen einzigen Gedanken selbständig haben könnte.

geschrieben von hobbyradler

Auch in ferner Zukunft wird man denkende Maschinen bauen müssen; und auch wenn sie von Maschinen gebaut werden, musste die Vorgeneration von Menschen gebaut und mit Denkvermögen versehen werden - und dieses Denkvermögen wird notwendig menschliches Denken imitieren - eine andere Art von Denken werden Menschen wohl kaum von Grund auf erfinden können...
Die Anfänge dieses Imitierens erleben wir ja bereits, wie man an der 'Roboterdame' sieht, oder bei dem sprechenden Bot von Google, wo sich Leute beschwert haben, weil sie nicht wussten ob sie mit einem Menschen oder einer Maschine redeten. Auch Gefühle können sie imitieren; dass sie diese Gefühle tatsächlich haben, kann ich mir auch in fernerer Zukunft allerdings nicht recht vorstellen. Ob sie denken, scheint mir eher eine Frage der Definition zu sein.

() qilin

 
Ob wir uns erst in „extrem ferner Zukunft“ mit Elenoide nett und sachlich unterhalten können, wie hobbyradler meint, kann sein, oder auch nicht sein, Prognosen sind ja bekanntlich schwierig, vor
allem wenn sie die Zukunft betreffen. Ob man ihr erst in 200 Jahren begegnet, oder in 100 - 50 - 20 Jahren,  ja vielleicht sogar schon in 10 Jahren, ist derzeit sicher noch nicht vorhersehbar. Aber wenn
man die IT Entwicklung der letzten Jahrzehnte betrachtet, kann man die durchaus als rasant
bezeichnen. Wer hätte vor zwanzig Jahren schon gedacht, viel mehr Rechenleistung und Speicherkapazität in der Hosentasche zu tragen, als der grobe Klotz auf dem Schreibtisch zu
bieten hat. Bei dem Blick auf die Roboterdame, kam bei mir einfach die Frage auf, kann die Dame vielleicht bald einen Menschen ersetzen, und keiner merkt`s ? An ihrem Gehirn wird natürlich erst
noch schwer gearbeitet.

Das menschliche Gehirn ist nun mal eines der komplexesten Systeme auf unserem Planeten, aber
gerade das Interesse an der KI, hat auch die Forschung an unserem Gehirn durchaus beflügelt,
denn ohne das eine, geht das andere schon mal gar nicht, was man ja durchaus als Positiv
bezeichnen kann. Die virtuelle Realität bietet z.B. dem Arzt einen Rundgang durch bestimmte
Hirnregionen an, was auch bei Krankheiten sehr hilfreich sein kann. Auch in anderen Bereichen
ist sie gut angekommen, man kann z.B. mit dem Architekten schon einen virtuellen Rundgang
durch das erst geplante neue Haus machen.

Die EU finanziert z.B. das Human Brain Project (HBP) da erhofft man natürlich neue Erkenntnisse
über das Gehirn und seine Erkrankungen sowie über neue Computer- und Robotertechnologien zu gewinnen.  Dazu gehört auch das Projekt neurorobotics, hier können sich über neuronale Netzwerke, virtuelle Gehirnmodelle mit echten oder simulierten Robotern treffen. (HBP)

Man kann durchaus sagen, dieses Thema ist nicht mehr wegzudenken, Big-Data, Machine Learning,  neuronale Netze, Friendly artificial intelligence, Deep Learning usw. rückt auch in unserem Alltag
immer näher.

Ob und wann man menschliches Denken imitieren, simulieren oder sonstwie im Roboter oder
Computer nachahmen kann, naja, bleibt erst mal science fiction. Aber der Roboter oder Computer
muss das menschliche Gehirn ja nicht gleich ersetzen, er kann es aber vielleicht bald ergänzen,
was sowohl hilfreich, als auch problematisch sein kann. Wir werden aber hoffentlich das Denken
nicht einfach den „anderen“ überlassen;-)

gruss Pat
 
hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

RE: Das Denken
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf Pat vom 03.06.2018, 18:29:01
Es mag sein, dass es mit neuen Technologien in extrem ferner Zukunft denkende Maschinen gibt. Zum heutigen Tag gibt es allerdings keine Maschine die auch nur einen einzigen Gedanken selbständig haben könnte.

geschrieben von hobbyradler
Ob wir uns erst in „extrem ferner Zukunft“ mit Elenoide nett und sachlich unterhalten können, wie hobbyradler meint, kann sein, oder auch nicht sein, Prognosen sind ja bekanntlich schwierig, vor
geschrieben von Pat

Da hast du mich missverstanden. Ich schrieb von denkenden Maschinen bzw. von Maschinen mit eigener Intelligenz.

Vorgaukeln können dir Maschinen schon heute etwas. Dabei stammt allerdings kein einziger Gedanke von der Maschine.

Ciao
Hobbyradler
 
Pat
Pat
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RE: Das Denken
geschrieben von Pat
als Antwort auf hobbyradler vom 03.06.2018, 18:55:14
 

Da hast du mich missverstanden. Ich schrieb von denkenden Maschinen bzw. von Maschinen mit eigener Intelligenz.

Vorgaukeln können dir Maschinen schon heute etwas. Dabei stammt allerdings kein einziger Gedanke von der Maschine.

Ciao
Hobbyradler
 
Vielleicht haben wir uns da beide missverstanden, Elenoide ist doch eine Maschine, und wenn sie sich mit Menschen
sachlich über zufällig ausgewählte Themen unterhalten will, naja, Nachdenken wäre da schon manchmal ganz hilfreich,
vielleicht stehen ihr ja auch noch ganz andere Aufgaben bevor. Daran arbeitet die TU-Darmstadt nun erst einmal, aber
wann und mit welcher Präzision, ist doch noch völlig offen, es kann noch extrem lange dauern, oder es gelingt schon in
6-8-9-10 Jahren. So hatte ich es jedenfalls gemeint.

gruss Pat

 
qilin
qilin
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RE: Das Denken
geschrieben von qilin
als Antwort auf Pat vom 03.06.2018, 18:29:01
der Roboter oder Computer muss das menschliche Gehirn ja nicht gleich ersetzen, er kann
es aber vielleicht bald ergänzen, was sowohl hilfreich, als auch problematisch sein kann.
Wir werden aber hoffentlich das Denken nicht einfach den „anderen“ überlassen;-)

geschrieben von Pat
Das hoffe ich auch - besonders wenn es um 'menschliche Belange' geht - ich habe da ein Beispiel
im Kopf, ein SF-Roman, den ich vor vielen Jahren mal gelesen habe - da ging es um einen Planeten,
wo die Forscher eine klaglos funktionierende Computerwelt vorfanden, aber keine Spur von den
Erbauern - erst nach längeren Recherchen wurden die fündig - KI hatte das 'menschliche Problem'
sozusagen 'endgelöst': "Was wollen Menschen vor allen anderen Dingen? Sie wollen lange, möglichst
ewig leben, und sie wollen glücklich sein. Das kann aber in der vorliegenden Konstellation nicht
funktionieren - also muss man diese ändern...
" Die lebenden Gehirne wurden vorsichtig entnommen,
in Nährlösung gelegt und mit Glückshormonen vollgepumpt - so lebten sie (fast) ewig und waren die
ganze Zeit unbeschreiblich glücklich... :P

Die Ergänzung menschlicher Gehirne durch Computer haben wir ja schon längst, viele Probleme
wären ohne die schon lange nicht mehr lösbar; sogar Hirn-Computer-Interfaces gibt es bereits -
direkte Hirn-Unterstützung wird schon angedacht - solange der Computer mich nur unterstützt,
habe ich ja auch nichts dagegen Lächeln

() qilin

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