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Geisteswissenschaft / Philosophie Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken

miriam
miriam
Mitglied

Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von miriam
Es ist eine der zentralen Fragen die Frank Schirrmacher, Publizist und Herausgeber der FAZ, in seinem Buch Payback stellt.
Laut Schirrmacher zeichnet sich unser Zeitalter auch dadurch aus, dass viele von uns das tun, was sie gar nicht tun wollen.

Eine kleine persönliche Bemerkung am Rande: da ich ja die Tage über das Twittern geschrieben habe, fällt mir nun auf, dass auch der komplette Titel des Buches von Schirrmacher, sich fast wie ein Twitter-Text liest:


Payback

Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen


Ein großer Teil der Problematik ist ja schon kurz und twitterhaft darin ausgedrückt.
Natürlich ist dann das Buch (240 Seiten) alles andere als eine kurze Verkündung dessen was den Autor bewegt.

Vielleicht ist das zentrale Problem welches vom Autoren angesprochen wird, tatsächlich das weit verbreitete Phänomen der Vergesslichkeit, bzw. des Mangels an Konzentration.

Der heutige Mensch muss über so viele Informationen verfügen, dass es natürlich auch zu einer speziellen Form der Überforderung kommt.
Doch bei einer näheren Analyse, ist es nicht die Menge an Informationen die zur Überforderung führt, sondern die Tatsache, dass alle diese Informationen eng verbunden sind, kompatibel sein müssen, mit der künstlichen Intelligenz.

Anders ausgedrückt: was wir denken, muss auch Computerkompatibel sein, unser Gehirn muss sich immer mehr der Denke des Computers anpassen.
Dazu kommt unter anderem auch noch, dass wir ständig konfrontiert werden mit dem was andere Menschen machen. Denken kann man dies fast nicht nennen, wenn ich meine unfreiwilligen Beteiligungen an die Banalität des Alltags mir unbekannter Menschen denke.

Zur Erklärung: ich fahre viel mit der Straßenbahn, bin keine Autofahrerin, und werde regelrecht überfahren vom Alltag anderer durch ihre Handy-Mitteilungen.

Vorläufig nur dieser Einstieg - es ist eine sehr breite Problematik - und ich hoffe auch, dass sie kontrovers gesehen wird.

Miriam


lissi
lissi
Mitglied

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von lissi
als Antwort auf miriam vom 29.03.2010, 13:55:00
Ich selbst habe es in der Hand, wie ich fühle denke und handle.
Wenn mir das "Ruder" auch manchmal kurz entgleitet, ich habe ein Gewissen auf das ich hören kann,ja muss, wie ich mich in den jeweiligen Situationen des Tages "gesetzmässig" verhalten sollte, wenn ich keinen Menschen und auch mir selber nicht schaden will.
Für mich gibt es die irdischen Gesetze, die ich zu befolgen habe.
Für mich gelten in erster Linie die kosmischen Gesetze, denen ich unterstellt bin.
Wir Menschen haben auch goldene Regeln, enthalten in sogenannten Volksweisheiten, die jeder von Kindesbeinen an kennt.
Wenn ich dieses Thema von der energetischen Seite her anschau, dann weiss ich sogleich, dass ich mich jedem Moment entscheide, für gute also positive Energien, oder für schlechte also negative Energien.
Und wenn ich nun noch das Gesetz von Ursache und Wirkung mit hineinnehme, dann weiss ich, dass ALLES wieder auf mich selbst zurückkommt.
Ich selber habe es daher immer selber in der Hand, ob ich "Lebensgewinn" erlangen will.
Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf lissi vom 29.03.2010, 14:40:26
So denke ich auch, Lissi.
Also Niemanden Schaden zufügen,
denn es kommt auf Dich selbst zurück.
Und was ganz wichtig dabei noch ist,
ist verzeihen, den Anderen verzeihen.
Sicher ist es nicht immer leicht,
doch es geht. Übung mach den Meister.

Lieben Gruß, Astrid

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miriam
miriam
Mitglied

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von miriam
Das ist ja schön und gut, Lissi und Astrid - Eure Vorhaben in Ehren. Nur geht es hier nicht um moralische Einstellungen und um Ethik, es hat auch keiner behauptet, dass der PeCe aus uns böse Menschen macht.

Es geht um eine ganz andere Problematik: wie zum Beispiel das Multitasking unsere Konzentration negativ beeinflußt, wie andererseits das ständige Nachschlagen in Google unser Kurzzeitgedächnis verkümmern lässt.

Letzteres ist nicht ein Erkenntnis des Autors, sondern von Neurophysiologen.

Miriam
Karl
Karl
Administrator

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von Karl
als Antwort auf miriam vom 29.03.2010, 15:22:54
Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
Liebe Miriam,

das ist eine faszinierende Frage, die ich mir auch schon oft gestellt habe. In wie weit bestimmt meine Sozialisation mein Denken? Ist es überhaupt möglich sich davon zu befreien? Heißt es nicht immer bei Computern "Die können nur, was ihnen programmiert wurde, tun", aber sind unsere Gehirne nicht auch programmiert, zugegeben durch Erfahrungen, also durch die Interaktion mit unserer Umwelt, nicht durch Codeeingabe. Aber ist die Programmierung künstlicher Systeme wirklich auf Codeeingabe zu beschränken? Wird hier "Interaktion" mit der Umwelt nicht auch zunehmend an Bedeutung gewinnen?

Wird sich der Computer nicht mehr und mehr zum allgegenwärtigen persönlichen Referenten entwickeln, der mir hilft, mit der Komplexität der zunehmend technisierten Umwelt umzugehen, der nach meinen Wünschen Informationen vorselektiert, der die Komplexität auf das mir passende Maß zurecht schneidet?

Beschneidet Google wirklich mein Kurzzeitgedächtnis oder gewinne ich durch Google unglaublichen Speicherplatz hinzu, schaffe ich mit Hilfe von Google und Co. nicht ein Arbeitspensum, welches früher völlig undenkbar gewesen wäre?

Fragen über Fragen, die sehr viel damit zu tun haben, wie unsere Welt in 20, 50 oder 100 Jahren aussehen könnte.

Wer Lust hat darüber zu spekulieren, den lade ich ein nicht nur hier, sondern auch in der Gruppe "Zukunft" zu diskutieren, wo ich in den für mich bereits laufenden Osterferien einige neue Themen einstellen möchte.

Beste Grüße, Karl
olga64
olga64
Mitglied

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.03.2010, 14:55:32
Der Mensch ist immer die Summe seiner Erfahrungen (dies unterscheidet ihn vom Tier und vom Computer). Auch wenn der Mensch vergisst, verzeiht - ganz freimachen kann er sich nicht von Vorfällen und wird bei ähnlichen Dingen immer gedanklich darauf zurückkommen.
Besonders interessant ist ja auch,dass in Beziehungen immer das gleiche Muster Partner (oder Partnerin) gesucht und gefunden werden. Dies ist ebenfalls schon in frühester Kindheit angelegt, resultierend aus Erfahrungen mit Eltern, Geschwisterns usw. Ist es "negativ" angelegt, kommt es immer zu ähnlichen Beziehungsdramen und Beendigung derselben.
Es ist für den Menschen ganz schwierig oder fast unmöglich, hier auszubrechen. Die einzige Möglichkeit ist eine langwierige Psychotherapie oder -analyse. Olga

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miriam
miriam
Mitglied

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von miriam
Danke Euch, Karl und Olga - für Eure Antworten.

Ich denke, dass dieses Thema uns noch lange beschäftigen wird - damit meine ich nicht (nur) die ferne Zukunft, sondern eher die Diskussion hier.

Karl - ich würde es begrüßen wenn du das Thema auch in die Gruppe Zukunft einbringen würdest - habe selber nicht daran gedacht.

Nebenbei gedacht…

Wie machen wir Menschen das immer, und schaffen uns selber unsere Unfreiheiten?

Mal werden die verkehrten Politiker gewählt bzw. die nicht der Freiheit verpflichteten politischen Systeme, mal erfindet man andere Arten von Systeme die uns erst sehr hilfreich scheinen und die uns selbstverständlich einen größeren Grad an Freiheit ermöglichen sollen – bis wir dann sehen, dass wir uns in deren Abhängigkeit begeben haben.

Und dann geht es uns wie dem Zauberlehrling: die Formel die dem Ganzen ein Ende bereiten soll, die haben wir vergessen - bzw. nie gekannt. Plötzlich findet dieses déjà-vu statt: was uns mehr Freiheit schenken sollte, macht uns zu Sklaven.

Die Maschine steht auf dem Tisch – und wird gefüttert. Mit jeder Mahlzeit gewinnt sie an Gewicht – und wir sind erst einmal stolz: denn wir sind im Netz.
Bis wir dann über das Wort Netz und seiner vielschichtigen Bedeutung, nachdenken.
Wir versuchen unsere Lage mit derjenigen von Hänsel und Gretel zu vergleichen, denn diese konnten sich auch irgendwie befreien. Wir wollen, mit anderen Worten ein Muster, im weitesten Sinne ein Denkmodell anwenden.

Das geht aber leider nicht. Denkmodelle sind eine Errungenschaft der Menschen – diese schafften sie sich selber, meist gespeist durch ihre Lebenserfahrung. Dafür wurde keine Maschine befragt oder als Hilfe eingesetzt.

Denn die Maschine kennt nur Programme – nicht aber Denkmuster.

Miriam (ein wenig auf Nebenwege geraten)


Während ich schreibe, hüpft auch noch Bernhard hin und her, also mache ich auch Schnappschüsse...
lissi
lissi
Mitglied

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von lissi
als Antwort auf miriam vom 29.03.2010, 18:04:43
Leider ist mir relativ wenig bewusst, was mein Unterbewusstsein von der Wiege an gespeichert hat.Immer öfter bewußt wird mir zum Glück, dass von dorther "unbewusste" Steuerung einsetzt.
Trotzdem kann ich so wiff sein und an mir selber den Psychologen üben.Alles hinterfragen! Fällt mir gerade ein.Warum habe ich jetzt so gehandelt ? Damit stelle ich bereits zu dem Energiefeld in mir Kontakt her, dann kommen mir Bilder (wenn ich es zulasse) den der Mensch denkt ja in Bildern, ich zumindest.
Mich überrascht da immer die Jugend, wenn sie so arbeiten mit sich, die kommen schnell auf ihren Bildpunkt, der gerade nervt. Na gut, ihr Unterbewusstsein weist noch nicht so viele Schichten Speicherungen auf, wie die eines alten Hasen.
Dennoch, das sind für mich machbare Schritte in ein inneres "Freiheitsgefühl".Oft habe ich dabei zu verzeihen, aber auch um Verzeihung zu bitten.Das ist mir schon wichtig energetisch geklärter zu werden/sein.
Die allererste Frage an mich selber ist schon: was will ich überhaupt, und wie will ich sein bzw. werden.
Ohne ein Zielbild, das mich hochziehen könnte, ginge das überhaupt ?
arno
arno
Mitglied

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von arno
als Antwort auf lissi vom 29.03.2010, 19:37:15
Hallo, lissi,

der Psychologe Benjamin Libet hat mal ein Experiment über die Willensfreiheit
gemacht und festgestellt, dass bei jeder Ausführung einer bewußten, willentlichen
Handlung bestimmte unbewußte Hirnprozesse vorausgehen, die ungefähr 500 Millisekunden
vor der Handlung einsetzen.
Unsere Handlungen setzen unbewußt ein!!!!!
Selbst, wenn wir glauben, uns bewußt zu etwas zu entschließen, ist das Gehirn
bereits eine halbe Sekunde vor dem Entschluß aktiv.
Nicht das Bewußtsein, sondern unbewußte Prozesse stehen am Anfang!!!
Betrügt uns das Bewußtsein nicht?
Und wie will man dann das Denken kontrollieren können?
Läßt uns das Bewußtsein nicht glauben, es treffe alleine die Entscheidung
und sei der Urheber von allem, was wir tun?
Dabei hinkt das Bewußtsein der Entscheidung hinterher! Und das Tollste ist,
dass es selbst dafür sorgt, dass wir nichts davon merken.

Viele Grüße
arno
adam
adam
Mitglied

Re: Die Frage nach der Kontrolle über unser Denken
geschrieben von adam
als Antwort auf miriam vom 29.03.2010, 18:04:43
@miriam

Wer vor dem PC sein Lexikon als Stütze unter dem Tischbein hatte, dem kann der PC sicher ein Muster aufdrücken, z.B. durch Spiele oder andere Freizeitgestaltung. Sein Grundmuster setzt der Mensch am Computer sicher fort.

Von mir kann ich sagen, daß ich z.B. bei Recherchen am PC Vorgaben machen muß, Folgerungen schließe oder Querverbindungen herstelle. Das erweitert den Gesichtskreis ungemein und spart Zeit. Es kommt also darauf an, wie man die Virtualität benützt oder ob man sich benützen läßt. Und wenn man sich benützen läßt, dann doch von den Menschen, die hinter den Programmen stehen, nicht von der Technik.

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Das "edel" kann auf den PC nicht zutreffen, ebensowenig ein "böse". Über das Fernsehen gab es ja eine ähnliche Diskussion.

--

adam

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