Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie "Souverän ist, wer den Sachverhalt definiert. " Schelsky

Geisteswissenschaft / Philosophie "Souverän ist, wer den Sachverhalt definiert. " Schelsky

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Souverän ist, wer den Sachverhalt definiert
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 13.05.2009, 16:09:37
"Was hat ein Naturwissenschaftler mit Schelsky (Soziologe und Philosoph) zu tun? olga54


Nach außen hin zunächst wenig, da beide verschiedenen Fachdisziplinen angehören. Wenn es um Sprache und Kommunikation geht aber eine ganze Menge. Was Naturwissenschaftler entdecken und in die Welt setzen, beeinflusst uns. Wir erwarten durch ihr Handeln Veränderung, meist zum Guten (Medizin z. B.). Beide bedienen sich sich (wie letztlich wir alle auch) des Mediums Sprache, um zu kommunizieren. Das ist recht eigentlich das Thema. Die Sprache ist das "Haus des Denkens" (Heidegger) meinte Heidegger. Es ist deshalb nicht gleichgültig, welche Art Sprache undBegriffe wir benutzen.

Die Naturwissenschaften beeinflussen unser Denken, indem sie Theorien, Gesetze in der Technik anwenden, Technik die wir verstehen müssen und anzuwenden haben. Die Theorien finden über die Fachsprache Eingang in unser Denken. Über die Bildungssprache und das Orientierungswissen können wir uns über diese Fragen verständigen. Aber es verändert uns, indem wir auf andere Weise über die Welt nachdenken, Verbindungslinien von jeweils einem Fach zum Ganzen der Welt ziehen. Die Urknalltheorie ist nicht nur ein Bild, das wir uns von der Welt als Ganzem machen, das Wort wird heute in der Umgangssprache gebraucht und bezeichnet einen Neubeginn aus dem Nichts. Darwin kann angeführt werden etc. Das Internet..... Wir suchen einheitsstiftende Alltagsdeutungen, weil wir sonst das Gefühl haben in die Irre zu gehen. Natürlich spielen Gebrauchsanweisungen in unserem Alltag ein wichtige Rolle.
c.
silhouette
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Re: Souverän ist, wer den Sachverhalt definiert
geschrieben von silhouette
als Antwort auf olga64 vom 13.05.2009, 16:09:37
Olga, die schrecklichen, per Computer aus dem Japanischen und dgl. übersetzten Bedienungsanleitungen sind längst eine Rarität. Auch Ersatzteile für japanische Autos gibt es längst ohne Probleme ) Nein, das Deutsch an sich stimmt. Aber es ist deswegen noch lange nicht allgemein zugänglich, vor allem nicht jenen Altersgruppen, die mal ein anderes Deutsch als Muttersprache gelernt haben.

Tut mir leid, ich war mir bisher nicht bewusst, dass mein Deutsch auch zu der unverständlichen Sorte gehört.

Was Carlos meinte, ist, anders ausgedrückt, die (notwendige und wünschenswerte) Mitteilung von erarbeitetem Wissen in einer Sprache, die so schwer zugänglich ist, dass für dieses Wissen ein Monopol geltend gemacht werden kann. Und das voll absichtlich, wie zu vermuten ist. Das Demonstrieren eines Wissensmonopols durch die Ausdrucksweise ist heute noch weiter verbreitet als zu der Zeit, als Schelsky seine Überlegungen formulierte.

Aber Achtung! Wenn es bei einer reinen Formulierungskunst bleibt, bei der konkrete Inhalte nur vorgetäuscht werden, wird die "heiße Luft" in den Kreisen, die evtl. dank ihrem tatsächlichen Wissen an diesem Monopol teilhaben oder sich dazu Zugang verschaffen können, schnell enttarnt.
--
silhouette
supi62
supi62
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Re: Souverän ist, wer den Sachverhalt definiert
geschrieben von supi62
als Antwort auf carlos1 vom 12.05.2009, 07:40:19
"Die Beherrschung durch Sprache scheint uns die vorläufig letzte Form der Versklavung von Menschen zu sein, die als soziale Wesen auf den Verkehr durch Sprache genauso angewiesen sind, wie jeder lebende Organismus auf die Zufuhr von Nahrung und Sauerstoff. In der Herrschaft durch Sprache ist ein Herrschaftsgrad von Menschen über Menschen erreicht, demgegenüber physische Gewalt geradezu .... veraltet ist." Schelsky

Unsere Alltagssprache/Umgangssprache weicht von der Fachsprache, Bildungssprache und Wissenschaftssprache erheblich ab. Sprache dient der Kommunikation. Aber Sprache wird oft unverständlich.

Können, sollten oder müssen wir Sch. zustimmen? Müssen wir es hinnehmen und ertragen?
...

c.


für mich treffend (wenn auch philosophisch) beantwortet, hat diese frage r.m.rilke:

Ich fürchte mich so sehr vor Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dies heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, Ihr Spiel und ihr Spott,
sie wissen alles was wird und was war;
Kein Berg mehr ist ihnen wunderbar;
Ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren:
Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich doch so gern.

Ihr rührt sie an:
Sie sind star und stumm.
Ihr bringt mir alle Dinge um.

--
s

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carlos1
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Re: Souverän ist, wer den Sachverhalt definiert
geschrieben von carlos1
als Antwort auf supi62 vom 14.05.2009, 02:26:56

Hallo Supi, dies Rilkegedicht hat einen tiefen Sinn. Wir sllten behutsam mit dem Wort und Begriff umgehen. Das lese ich daraus.

c.

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