Geisteswissenschaft / Philosophie Weltfriede - eine Utopie?

carlos1
carlos1
Mitglied

Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von carlos1
"Unter rechtlichen Maßstäben sind (in der Staatenwelt) die Anspüche absoluter Souveränität und der Nichteinmischung identisch mit dem Anspruch auf die eigene Willkür in konkreten Situationen allein zu entscheiden, was rechtens sei, das heißt faktisch auch selber Unrecht tun zu dürfen." Karl Jaspers

Kann eine Beschränkung der Souveränität der Einzelstaaten zugunsten übernationaler Institutionen helfen Kriege zu verhindern und Frieden zu wahren?

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf carlos1 vom 28.03.2009, 10:15:26
NEIN, denn jeder ist der meinung er hat das ei des columbus entdeckt und nur sein’s ist das wahre. nur das miteinander reden könnte dazu führen, annäherungen zu erfahren und damit auch kompromisse zu schliessen.
--
plumpudding
Karl
Karl
Administrator

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 28.03.2009, 10:15:26
Hallo Carlos1,


das Prinzip der Nichteinmischung hat keine Priorität mehr. Es ist schon längst Faktum, dass kein Staat mehr wirklich machen kann, was er will, ohne dass sich (m. E. mit gutem Recht) eingemischt wird (s. Dafur Sudan, Guantanamo USA, Tibet China).

Wir leben in einer Welt, die sich informieren will und informiert wird. Niemand lebt mehr in splendid isolation. Ich kann mir vorstellen, dass eines Tages eine zentrale Weltregierung existieren wird (ohne Außenminister?). Damit wird nicht überall auf der Welt Frieden herrschen. Es wird aber Innenpolitik sein, wenn die Polizei ausrückt, um Piraten zu bekämpfen etc.

Das Prinzip der Nichteinmischung im strengen Sinne gibt es nicht mehr. Hinsehen ist Pflicht und notfalls auch Handeln.
--
karl

Anzeige

ehemaligesMitglied65
ehemaligesMitglied65
Mitglied

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von ehemaligesMitglied65
als Antwort auf carlos1 vom 28.03.2009, 10:15:26


Kann eine Beschränkung der Souveränität der Einzelstaaten zugunsten übernationaler Institutionen helfen Kriege zu verhindern und Frieden zu wahren?



--
Rein theoretisch ja.
Wenn die Einzelstaaten sich aus besserer Einsicht in diesen Institutionen zusammenfinden und sich als erstes verbindliche, gerecht abgewogene Regeln geben. Und diese Regeln auch eingehalten werden, notfalls mit Druck und Zwang durchgesetzt. Wozu es der entsprechenden Einrichtungen bedarf.

Die EU ist ein Beispiel dafür, dass es funktionieren könnte, zumindest wenn man das Pferd nicht vom Schwanz aufzäumt, nämlich sich erst zusammenfindet als übereinzelstaatliche Gebilde und dann daran denkt, die notwendige Verfassung für das Staatengebilde zu basteln. Das endet im Chaos.

Aber ob die Bildung solcher übereinzelstaatlicher "Nationen?" in noch größeren Einheiten möglich wäre, wage ich zu bezweifeln. Meiner Ansicht nach haben wir in der EU schon längst den Punkt überschritten, an dem ein Gemeinschaftsgefühl -unabdingbar notwendig bei jedem Zusammenschluss- noch möglich ist.
Ich fürchte, der Mensch ist nicht so.

Die UNO funktioniert ja auch nicht.

Schon deswegen, weil es dort den Club der Mächtigen gibt, die alles und jedes blockieren können. Und in einem solchen Fall ist das kontraproduktiv zum Interesse der Völkerverständigung.
meritaton
arno
arno
Mitglied

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von arno
als Antwort auf carlos1 vom 28.03.2009, 10:15:26
Hallo, carlos1,

Kann eine Beschränkung der Souveränität der
Einzelstaaten zugunsten übernationaler Institutionen helfen,
Kriege zu verhindern und Frieden zu wahren?


ich denke, dass das möglich ist.
Allerdings dürfen die Einzelstaaten nicht den
Wettbewerb oder den Profit als oberste wirtschaftliche
Maxime politisch in der Verfassung festgeschrieben haben.

Das Konkurrenzdenken mach jedes solidarische und soziale
Verhalten kaputt. Der französische Sozialist Jean Jaures
hat es treffend formuliert:" DerKapitalismus trägt den Krieg
in sich wie die Wolke den Regen!"

Die in der EU als Wirtschaftsgemeinschaft zusammengefaßten
Länder sichern über die Nato ihre wirtschaftlichen Interessen.


Viele Grüße
--
arno
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ehemaligesMitglied65 vom 28.03.2009, 11:07:10

--
carlos1

Anzeige

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Karl vom 28.03.2009, 10:55:33

"Es ist schon längst Faktum, dass kein Staat mehr wirklich machen kann, was er will, ohne dass sich (m. E. mit gutem Recht) eingemischt wird (s. Darfur Sudan, Guantanamo USA, Tibet China)." Karl


Hallo Karl, ich sehe das etwas anders. Wie du schreibst leben wir in einer Welt, die schnell und gut informiert werden kann. Ob die Nachrichten überall ankommen und wie ist eine andere Frage. Interessen behindern den Blick auf Notwendigkeiten. Diktaturen haben die Möglichkeiten zu Eingriffen, Internetseiten können gesperrt werden. Auch bedeutet Informiertsein nicht, dass Ungerechtigkeit und Eingriffe in die Rechte von Minderheiten aufhören. Die Mächtigen lassen sich dadurch nicht beirren. China nicht in Tibet und der Sudan (übrigens von China unterstützt) auch nicht in Darfur. Die Vereinten Nationen sind in diesen Fragen gespalten und damit machtlos. Guantanamo steht durch einen Pachtvertrag den USA zur Verfügung. Rechtlich gesehen sind Verträge einzuhalten. Aber in diesem Fall wäre bei anderen Machtverhältnissen längst das Abkommen geändert oder gekündigt worden.

Einzig im Kosovokrieg hat die NATO eingegriffen, ohne dass die völkerrechtlich gebotene Beauftragung durch die UN stattgefunden hätte (humanitäre Intervention). Es war gleichzeitig ein Affront gegenüber Russland als ständigem Mitglied des Sicherheitsrates (und traditioneller Verbüdneter Serbiens), das die Maßnahmen der NATO durch ein Veto blockiert hätte. Dies Vorgehen wirkt nach.

Damit sind wir beim Kern des Problems. In der Charta der UN ist ein unauflöslicher Widerspruch, eine verhängnisvolle Unklarheit, eingebaut, das diese Institution unwirksam macht. Die UNO soll die Gewalt als Mittel der Politik aus der Welt schaffen. Aber sie ist andererseits auf die Gewalt der Mitgliedstaaten angewiesen, welche nach Versagen aller anderen friedlichen Mittel (Vermittlung, Schlichtung, Verhandlungen) dem durch die UN anerkannten Recht durch kriegerische Gewalt Nachdruck verschaffen sollen. Es geht um eine Verwandlung der Politik. Sie soll in einem Raum des Rechts stattfinden. Aus dem Krieg würde dann eine Polizeiaktion im Dienste des Rechts werden.

Stattdessen ist es so nach 1945 so gekommen, dass die UN von Mächten, die die Gewalt haben je nach dem Fall und ihrer Wahl zu einem Gebilde der Manipulation von Politik wurden.

"Aber ob die Bildung solcher übereinzelstaatlicher "Nationen?" in noch größeren Einheiten möglich wäre, wage ich zu bezweifeln." meritaton


@meritaton. Das Beispiel EU für internationale Zusammenarbeit verdient genannt zu werden. Allerdings ging der Einsicht die zu dieser Zusammenarbeit führte ein langer Lernprozess und ein radikales Umsteuern voraus (2 Weltkriege, 3 dt-frz. Kriege, dt-frz. "Erb"feindschaft). Die globalen Probleme (Umweltschutz, Klimaveränderung, Atomrüstung, weltweite Finanzkrisen, Armut in der Welt, Ausbeutung) erfordern aber ein besseres Zusammenwirken.

"Das Konkurrenzdenken macht jedes solidarische und soziale
Verhalten kaputt." arno

@ arno. Konflikte wird es immer geben, hat es immer gegeben. Das steht nicht zur Debatte. Monokausale Erklärungsversuche helfen nicht weiter (auch wenn sie zeitbedingt wie bei Jaurès richtig waren). Geändert werden könnte durch gemeinsame Anstrengungen díe Art und Weise, wie Konflikte ausgetragen werden. Weltfriede kann nur durch eine neue Politik erreicht werden. Die Menschenwelt ist nicht richtig und gerecht eingerichtet, aber der Mensch kann sich bemühen auf dem Weg zur Gerechtigkeit voranzuschreiten. Dazu gehören die Anerkennung bestimmter Prinzipien: Gesetzlichkeit, keine Willkür, Macht für das Recht etc.

In den frühen Zeiten der griechischen Polis galt in einem freien Staat für jeden Bürger der Satz: "Das Unrecht, das einem anderen Bürge angetan wir, wird mir angetan." Wäre es nicht sinnvoll in diesem Sinne global zu denken und dann zu handeln?
c.
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf carlos1 vom 28.03.2009, 21:21:23
Weltfrieden bedeutet doch in erster Linie eine Welt ohne Kriege. Und gerade dies halte ich für ausgeschlossen.

Sicher wird es Länder geben, die sich wie die EU zusammenschliessen, um nicht einzeln "aufgefressen" zu werden. Selbst da wird es schwierig werden, Frieden zu halten, sollten die Völker ein Ungleichgewicht in ihren Lebensbedingungen erkennen.

Aber Weltfrieden ist für mich eine unerreichbare Utopie. Das würde von jedem Einzelnen ein absolutes Umdenken verlangen, und ich habe keine Illusionen, dass jemals das "Wasser bergauf" fliessen wird.

Die schwindenden Resourcen allein schon werden sich jedem Friedenswillen entgegenstellen- im Gegenteil, die Kämpfe darum werden sich eher mehren.

Erst wenn die Menschen keinerlei Chancen mehr haben mit Kriegen etwas zu erreichen, kann es eine Art von kriegerischen Stillstand geben, wobei sich aber die Gefahr anbahnt, dass eben dann jeder gegen jeden antritt.
Oder dann eben ein totales Umdenken eintritt,
das die "martialischen Gene" in uns allen in andere Bahnen lenkt.

Ich würde gerne an einen Weltfrieden glauben, allein um meinen Nachkommen ein Leben ohne Krieg zu wünschen. Aber je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr schliesse ich die Chance dazu aus.
--
luchs35
hisun
hisun
Mitglied

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von hisun
als Antwort auf luchs35 vom 29.03.2009, 14:50:31

Hallo Luchs35:

Ich könnte deinen Gedanken nichts hinzufügen
noch wegdiskutieren...

Dein Eintrag spiegelt wider, wie ich über den Weltfrieden denke !

--
hisun
navallo
navallo
Mitglied

Re: Weltfriede - eine Utopie?
geschrieben von navallo
als Antwort auf carlos1 vom 28.03.2009, 21:21:23
Voraussetzung für einen „Weltfrieden“ wäre, daß die Grundlagen menschlicher Existenz wenigstens annähernd (!) gerechter verteilt würden.
Das Wort „Gerechtigkeit“ ist für mich bereits eine Utopie, weil es Gleichheit voraussetzt, die allein schon biologisch nicht möglich ist. Und wenn ich mir Gerichtsurteile der letzten Jahre ansehe, auch dort nicht.

Die Majorität der selbsternannten „Krone der Schöpfung“ wird wie vor 10 000 Jahren von archaischen Instinkten gesteuert („Jagen – Fressen – Bumsen - Streiten“ Verzeihung!). Mit der wissenschaftlich-technischen Entwicklung hat die menschliche Triebhaftigkeit nicht Schritt halten können. Ich glaube nicht, daß Probleme wie Übervölkerung, Bildungsmankos, Umweltzerstörung, Unterjochung, Habgier, Egoismus sich per Befehl aufhalten lassen, schon gar nicht durch die Diktatur einer Weltregierung mit H-Bombenabwurf gegen Unangepaßte . Der Streit darüber könnte m. E. nur eskalieren.

--
navallo

Anzeige