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Gesundheit Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit

Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Die Süddeutsche berichtet über einen neuen Weg in der Alkoholtherapie, der eigentlich nicht so besonders neu ist. Ende der 90er Jahre wurde zum ersten Mal über die Ideen von Körkel berichtet. Grundlage für den neuen Weg war die Erkenntnis, daß die Erfolge der Suchttherapie bei Alkoholikern genau genommen recht mager sind. Die professionellen Angebote wie auch die Selbsthilfegruppen erreichen nur einen Teil der Betroffenen. Einer der Gründe dafür könnte das strikte entweder-oder-Dogma der Therapie und der Selbsthilfe sein. Es gibt sehr viele Abhängige, die sich nicht vorstellen können oder wollen, nie wieder in ihrem Leben Alkohol zu trinken. Sicherlich trägt das (gefühlte) Stigma dazu bei.

det
Karl
Karl
Administrator

Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.09.2014, 12:03:17
Hallo det,

alles, was hilft, sollte erlaubt sein. Die totale Abstinenz haben bereits viele geschafft, aber viele bedeutet nicht "die Mehrheit". Deshalb halte ich Nalmefen für eine sinnvolle Alternative. Es wirkt nicht bei jedem, aber vielen kann dieses Mittel Erleichterung verschaffen.

Karl
Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 06.09.2014, 16:30:01
Hi Karl,

als Schwachpunkt des neuen Ansatzes sehe ich die Selbsthilfegruppen. Die Teilnehmer an so einem Programm brauchen neben dem Medikament auch eine angepaßte Therapie und gemeinhin wird empfohlen, neben der Therapie möglichst häufig Selbsthilfegruppen aufzusuchen. Die aber können die neue Methode nicht akzeptieren, weil sie ihre Grundlagen völlig auf den Kopf stellt. Basis der Selbsthilfe ist nach wie vor das strikte Entweder-Oder-Dogma. Alles andere würde eine enge und individuelle Begleitung der Betroffenen erfordern, die die Selbsthilfe allein schon aus fachlichen Gründen nicht bieten kann. Als Ende der 90er-Jahre das "Schritte-Programm zum kontrollierten Trinken" von Körkel bekannt wurde, da gab es in der Selbsthilfeszene einen Aufschrei der Empörung. Die Essenz der Vorwürfe gegen Körkel war, daß er die Betroffenen zu einem elenden Tode verurteile, weil es für einen Alkoholiker keine Möglichkeit als das besagte Entweder-Oder gäbe. Daß die Selbsthilfe nur einen geringen Anteil aller Betroffenen erreicht, das blieb in der Diskussion außen vor, denn es stört das Selbstbild.

Es ist mittlerweile etliche Jahre her, daß ich mich intensiv mit dem Thema befaßt habe, doch ich glaube nicht, daß sich in der Zwischenzeit viel geändert hat. Speziell bei den Anonymen Alkoholikern findet sich eine weit verbreitete Wissenschaftsfeindlichkeit. Einzig das "Blaue Buch", quasi die Bibel der AA, samt der dazu passenden später erschienenen Bücher wird als maßgebliche Literatur angesehen.

Auch als in Großbritannien Therapeuten bei Wackelklienten dazu übergingen, nicht mehr das strikte Entweder-Oder anzulegen, sondern versuchten, ihre Klienten wenigstens für ein paar Jahre zwischen den Rückfällen zu stabilisieren, da gab es in der Selbsthilfeszene nichts als Ablehnung.

Das ist aus meiner Sicht eines der großen Probleme des neuen Ansatzes. Was Therapeuten davon halten kann ich nicht sagen, weil mir inzwischen die Kontakte fehlen.

det

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Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.09.2014, 18:08:16
M.M.n. kann man diese Vorgehensweise oder die von Dir gewünschte Vorgehensweise nicht in so verallgemeinern.

Es gibt nicht "den" Alkoholiker.

Es gibt 5 verschiedene Formen!

Ich setze hier den Link ein, dann kann sich jeder auch ein Bild machen, zu welchem Erkrankungstyp die Vorstellung von kontrolliertem Trinken passen würde.

Meli

Paracelsus: Die verschiedenen Formen der Alkoholsucht
Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.09.2014, 18:25:52
Hallo meli,

ich kenne die alpha- bis epsilon-Einteilung der Alkoholabhängigen bzw. -gefährdeten. Allerdings gilt diese Einteilung seit langer Zeit schon als überholt. Es gibt fast keine "reinen" Vertreter einer Gruppe, sondern ganz viele Mischformen. Die Ausnahme bilden die "Quartalssäufer", die fast immer mäßig bis überhaupt nicht trinken, um dann mehr oder weniger regelmäßig abzustürzen.
Ich habe Mitte der 90er Jahre neben meinem Job eine Ausbildung zum Suchtberater absolviert und schon damals galt die Jellinek-Einteilung als überholt. Sie bietet einen groben Richtwert, aber mehr nicht.

det
Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.09.2014, 19:21:43
Selbstverständlich gibt es Mischformen, das wird jeder, der mit solchen Erkrankungen zu tun hat oder hatte, nie bestreiten.
Für die Betroffenen wäre es meist einfacher, wenn sie keine Mischform hätten.

Aber es hat Gründe, warum diese Einteilung auch heute noch als "grober" Richtwert Gültigkeit hat.

Ich kann aus meiner Klinikarbeit heraus sagen, dass diese Richtwerte sehr wichtig sind in Bezug Verständnis und Abläufe der Therapie, als auch für die Wiedereingliederung ins Arbeitsleben.
Von der Angehörigen will ich erst gar nicht reden.

Meli

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Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.09.2014, 19:56:13
Na denn ..... Aber Jellinek oder auch nicht hat wenig mit dem Thema des thread, dem Artikel der Süddeutschen, zu tun. Ich jedenfalls finde die Frage wichtiger, ob die Ideen von Körkel richtig sind und sich auch in der praktischen Arbeit bewähren.

det
Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.09.2014, 20:25:25
Klar, was ich schreibe, passt, wie ich es empfinde, nicht so ganz in Dein Konzept.

Aber zu diesem Konzept kann ich Dir aus der Arbeit meines Sohnes, der die Arbeitsanleitung für die Wiedereingliederung von alkoholkranken Männern beruflich leitet sagen, dass dieses Konzept nicht passend wäre.

Die Rückfallquote in der Suchterkrankung der Alkoholiker ist nicht gerade niedrig.
Jellinek mag Dir nicht passen, aber in irgendeiner Form muss man diese verschiedenen Erkrankungstypen eingrenzen.

Du kannst ja mal überlegen, mit Kenntnis von Jellinek, welcher Alkoholkranke (der ohnehin ständig gefährdet ist) aus der Einteilung von Jellinek nach dem Konzept von Körkel weniger gefährdet wäre.

Dringend erforderlich sind bei der Therapie eines Suchtkranken eine Krankheitseinsicht und -akzeptanz.
Das ist eine harte Knochenarbeit für die Therapeuten.

Die Kranken, so ist meine Klinikerfahrung über etliche Jahre, die diesen Schritt geschafft haben, würden dieses Konzept selbstverständlich ablehnen.
Ein Alkoholiker, der es über einen langen Zeitraum schafft trocken zu bleiben, verdient Respekt.

Ich denke, dass ich mit meinen Ausführungen Deine Frage eindeutig mit meiner Meinung beantwortet habe.

Meli
Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.09.2014, 21:19:34
Danke, meli, Du hast die klassischen Vorbehalte oder vielleicht auch Vorurteile gegen Körkel und seine Ideen gesammelt vorgebracht. Nur eine Antwort bist Du schuldig geblieben, leider ist es die wichtigste. Körkel hat wenigstens Ideen, wie er die Patienten ansprechen könnte, die die klassische Therapie nicht erreicht, weil sie sich nicht vorstellen können, niemals wieder zu trinken.
Genau das ist es, was ich bei der vehementen Kritik an Körkel nicht verstehe. Die Kritiker wissen genau, daß sie mit ihren Methoden nur einen kleinen Teil der Betroffenen erreichen und therapieren können, lehnen aber auch jede neue Idee ab.

det
Re: Ein neuer Weg in der Therapie von Alkoholabhängigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 07.09.2014, 10:05:34
Wer mit den klassischen "Zielen" nicht erreicht wird, wird wohl keine Krankheitseinsicht und -akzeptanz haben.

Ich habe nun wirklich lange genug auf diesem Gebiet gearbeitet und weiß daher, dass ein "wenig schwanger" nicht gegangen ist.
Das Ende vom Lied war immer der klassische Rückfall.

Sich nicht vorstellen zu können, nie wieder zu trinken, ist ein wichtiges Zeichen der Suchterkrankung.
Das findet sich bei jeder Art von Sucht, angefangen beim Nikotin.

Allerdings frage ich mich, ob Du wirklich eine Diskussion führen willst oder nur Deine Meinung bzw. die des Inhalts des Berichtes aus der Zeitung bestätigt haben willst.

Aber das ist nicht mein Problem. Ich denke, ich habe hier alles geschrieben, was es für mich momentan zu schreiben gab.

Schönen Sonntag noch,

Meli

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