Gesundheit Gestern passiert....

darklady
darklady
Mitglied

Gestern passiert....
geschrieben von darklady

Gestern habe ich meine Freundin im Krankenhaus(Freiburg Uniklinikum) besucht, der ein Nierentumor entfernt wurde.
Sie erzählte mir die Krankengeschichte ihrer Zimmernachbarin(66).
Der wurden in einer vierstündigen OP, Gebärmutter, Eierstöcke, Blase und 10m Darm entfernt, ebenfalls vom Krebs befallen.
Ziemlich betroffen erzählte sie mir weiter, dass die Dame extra aus Norddeutschland angereist war.
In ihrem Heimatkrankenhaus ebenfalls ein großes Klinikum, hatte man ihr gesagt, man könne nichts mehr für sie tun. Sie solle mit Schmerzmitteln versorgt nach Hause gehen und abwarten...
Ein solcher Eingriff würde mindestens 8 Stunden dauern, sie würde einen künstlichen Darm- und Blasenausgang bekommen und sie sei schlichtweg zu alt.
Da sie mal einige Zeit in Freiburg gelebt hatte, gab sie nicht auf und so lernte ich sie eben gestern kennen.
Die Ärzte haben ihr aus Darm eine neue Blase zusammengeflickt und den eigenen Darmausgang erhalten.
Sie hat nun zwar wackelige Knie und ist blass um die Nase, aber sie läuft und vor allen Dingen sie lebt!!!
Noch immer bin ich fassungslos, dass man diese Frau in Norddeutschland hätte sterben lassen und hier in Süddeutschland, war es völlig klar die Frau zu operieren.
Wie kann sowas sein?????
Dass nicht jedes Krankenhaus jeden Eingriff machen kann,ist für mich nachvollziehbar. Aber man machte sich gar nicht die Mühe Alternativen zu suchen, sondern hat sie einfach abgeschrieben.

Zum wiederholten Male mache ich die Erfahrung, dass man als Patient mittlerweile sehr gefordert ist.
Man muss sich sehr genau und vielfältig informieren.
Nur dem Arzt zu vertrauen geht nicht mehr.
Und seit gestern grüble ich darüber nach, wie es sein kann, dass eventuell ein Gefälle beim medizinischem Standard zwischen Nord und Süd besteht.
darklady
Karl
Karl
Administrator

Re: Gestern passiert....
geschrieben von Karl
als Antwort auf darklady vom 04.11.2008, 07:24:54
Ich glaube nicht, dass dieses Gefälle von Nord nach Süd für alle Disziplinen und jede Medizintechnik so wirklich existent ist. Es wird hier auch für manche Arten von Operation eher umgekehrte Gefälle geben.

Richtig ist aber dein Vorwurf, dass offensichtlich nicht richtig beraten wurde. Dies mag daran liegen, dass Ärzten einfach auch der Gesamtüberblick fehlt. Helfen könnten hier nur computergestützte Expertensysteme, denn welcher Mensch kann heute noch alles selber wissen. Es müssten also Datenbanken aufgebaut werden, die das Wissen enthalten, aber eine einfache Lösung ist auch das nicht; denn es wäre nötig eine solche Datenbank immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Dazu müssten die Krankenhäuser verpflichtet werden, Ärztewechsel und damit einhergehenden Technikgewinn oder -verlust zu melden. Zudem darf nicht vergessen werden, dass schablonenhafte Lösungen für individuelle Krankheitsbilder nicht so ohne weiteres einsetzbar sind. Gerade individuelle Krebsdiagnosen und die Entscheidung über operative Eingriffe stelle ich mir auch in der heutigen Zeit noch immer schwierig vor und es bedarf Operateure mit sehr viel Erfahrung, ein Computer kann dies allein noch nicht entscheiden.

Abschließend, wir sollten auch den positiven Aspekt deiner Geschichte sehen. Man sollte die Hoffnung nie aufgeben. Die moderne Schulmedizin ist oft sehr viel weiter als vermutet.
--
karl
baerliner
baerliner
Mitglied

Re: Gestern passiert....
geschrieben von baerliner
als Antwort auf darklady vom 04.11.2008, 07:24:54
Darklady,

ohne Kenntnis aller Umstände, wozu ich auch die Erfahrung des norddeutschen Klinikums zählen möchte, wie toll das Leben nach so einer OP ist und welche Lebenserwartung die Operierte hat, würde ich nicht urteilen bzw. verurteilen.

Nun, die Operierte hat sich für den Kampf entschieden, was darauf hindeutet, dass sie auch in der Zukunft weiterkämpfen will. Und so wünsche ich ihr mindestens 5 Jahre ein Leben das besser, als das jetztige ist.
--
baerliner

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libelle
libelle
Mitglied

Re: Gestern passiert....
geschrieben von libelle
als Antwort auf darklady vom 04.11.2008, 07:24:54
...die durchnittliche Darmlänge eines Menschen ca. 7-9 m beträgt, schein es mir unwahrscheinlich, daß dieser Dame 10m (!)entfernt wurden und ihr dennoch kein künstlicher Ausgang gelegt wurde.

Noch etwas... ich würde mich ohne zu zögern ins UKE oder die UK-SH für eine solche OP begeben und ich kann mich nicht vorstellen, daß in diesen Kliniken ein Patient so einfach heim geschickt wird. (nein, aus persönlicher Erfahrung weiß ich es!).

Ich wünsche der Dame weiterhin gute Besserung.


libelle
libelle
libelle
Mitglied

Re: Gestern passiert....
geschrieben von libelle
als Antwort auf libelle vom 04.11.2008, 11:15:05
es muß natürlich 'mir vorstellen' heißen... tut mir leid, ich war zu spät mit der Korrektur...


libelle
darklady
darklady
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Re: Gestern passiert....
geschrieben von darklady
als Antwort auf Karl vom 04.11.2008, 07:57:04

Die Erfassung per Computer finde ich gut. Denke aber sie werden zuwenig Personal haben.
An die Arbeitszeiten möchte ich erst gar nicht denken.
Trotzdem bin ich eben ins Grübeln gekommen, nachdem ich das gestern gehört habe und zu der Geschichte auch die Person sah.
darklady

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darklady
darklady
Mitglied

Re: Gestern passiert....
geschrieben von darklady
als Antwort auf libelle vom 04.11.2008, 11:15:05

Die Meterzahl wurde mir einfach so mitgeteilt,ich habe sie nicht hinterfragt.
Je nach Quelle werden zwischen 8 und 12 Metern angegeben.Wird wahrscheinlich individuell verschieden sein, so wie es große und kleine Menschen gibt.
Da die Angabe aber von mir nicht stammt und ich ja schlecht nachmessen kann, ändere ich einfach den Text.
Von "so einfach heimgeschickt" habe ich nichts erwähnt, das ist Spekulation deinerseits.
Fakt ist, dass man der Frau keine Therapie angeboten hat und sie mit Schmerzmitteln bis zum Tod versorgen wollte.
darklady
navallo
navallo
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Re: Gestern passiert....
geschrieben von navallo
als Antwort auf darklady vom 04.11.2008, 14:27:24
Urteile nicht vorschnell!

Erst, wenn der Verlauf (in vielleicht 1-3 Jahren) zeigt, welche der Ärztegruppen mit ihrem Therapiekonzept Recht hatte, wird man sich wirklich eine Meinung bilden können. Das Operieren auf Teufel komm raus – es gibt immer Chirurgen, die das versuchen - kann neben einer Verkürzung der restlichen Lebenszeit auch unerträglichstes Leiden und Verlust jeglicher Lebensqualität bedeuten. Das zu vermeiden ist übrigens auch Sinn von Patientenverfügungen. „Ausweiden“ (Verzeihung!) ist keineswegs ein harmloser Eingriff, der die frühere Gesundheit wieder herstellt. Wenn sich ein Arzt da zur Passivität entscheidet, bedeutet das nicht zwangsläufig, daß er eine Niete ist und sein Handwerk nicht beherrscht. Vielleicht hat er mehr Verantwortungsbewußtsein als sein operationsfreudigerer Kollege. Erkennbar wäre das beispielsweise an der ungebrochenen Bereitschaft, dem Patienten bei aller Hoffnungslosigkeit bis zur letzten Stunde an der Seite zu stehen. Ein menschlich und verantwortungsvoll handelnder Arzt sollte diese Gewißheit dem Patienten vermitteln, wenn er ihn über die Aussichtslosigkeit einer Therapie aufklärt. Manchmal hilft z. B. in der Praxis ein großzügiger Umgang mit Betäubungsmitteln.
--
navallo
angelottchen
angelottchen
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Re: Gestern passiert....
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf navallo vom 04.11.2008, 17:45:07
... mich erinnert das an meine arme Schwester, die jahrelang Dialysepatientin war und als folge davon dann einen Darmverschluss bekam. Ihr wurde quasi auch der ganze Darm entfernt und man war auch noch so kühn und machte ihr Hoffnung, damit weiterleben zu können ... was nach allem medizinischen Ermessen bei Nierenversagen und nicht mehr vorhandenem Darm überhaupt nicht möglich ist. Mein Bruder berichtete mir das ... 3 Tage nach der OP starb sie, nur 20 Tage vor ihrem 60. Geburtstag ((


Ich möchte dieses angebliche Gefälle von Nord nach Süd bzw umgekehrt so nicht stehen lassen, oft kann man schon innerhalb einer Stadt sehr unterschiedliche Methoden und - Auffassungen finden, in allen Bundesländern ...
--
angelottchen
navallo
navallo
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Re: Gestern passiert....
geschrieben von navallo
als Antwort auf angelottchen vom 04.11.2008, 18:02:00
Von meinen Ärzten erhoffe ich, daß sie mich so beraten und behandeln, als sei ich ihr engster Verwandter. Wenn das üblicherweise nicht passiert, liegt das unter anderem daran, daß die Medizin heute nicht sozial, sondern profitorientiert ausgerichtet ist. Da gibt es z.B. in Krankenhäusern aus Kostengründen vorgeschriebene Verweildauern. Wer im Verlauf seiner Erkrankung aus diesem Raster fällt, wird aussortiert – egal wie gesund oder krank. Dein Bruder kennt sicherlich die Problematik, daß Kinder nach einer Mandeloperation schon nach 5 Tagen entlassen werden – dem Tag der höchsten Spätnachblutungsgefahr. Was Wunder, wenn es da in Deutschland immer wieder zu Todesfällen kommt?
Dazu die Zwänge, die Ärzten aus versicherungsrechtlichen Gründen auferlegt sind. Das Zugeben eigener Fehler bestrafen Versicherungen mit Veweigerung versicherter Leistungen. In der oft gescholtenen DDR gab es hier die Möglichkeit, der sog. „erweiterten materiellen Unterstützung“ (EMU). Das ermöglichte jedem Arzt, Fehler einzugestehen, die „außerhalb des kalkulierbaren Risikos“ ( = Wahrscheinlichkeit unter 1 %) lagen. Heute fordern Juristen, daß über jedes Risiko aufgeklärt wird. Das kommt der Aufforderung gleich, hellseherisch vorauszusagen, ob die geplante Autotour ganz gewiß ohne Unfall oder Panne verläuft.
--
navallo

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