Gruppenbeitraege Warum ich hier bin

Karl
Karl
Administrator

Lieber Ralf
geschrieben von Karl
danke für Deinen Bericht. Unsere Freunde sollten wir uns nicht mehr entlang der ehemaligen Grenzen suchen. Was zählt ist der Mensch und da wissen wir alle, dass nicht die Herkunft zählt.

Mich würde interessieren, warum Deine Firma geschlossen wurde, welche Branche es war und was Du und Deine Kollegen damals empfunden haben.

Karl
MichaelKuss
MichaelKuss
Mitglied

Warum Ralfs Firma geschlossen wurde?
geschrieben von MichaelKuss
Auf diese Frage hat Ralf zwar noch keine Antwort gegeben, aber ich denke mal, der Grund für die Schließung ehemaliger DDR-Betriebe war meistens der gleiche: West-Investoren und Heuschrecken haben den Betrieb (oft mit Hilfe der Treuhandgesellschaft) für einen Apfel und ein Ei aufgekauft, haben das Blaue vom Himmel versprochen (Betriebserhaltung, Ausbau, kein Stellenabbau, usw.), haben dann die Subventionen aus Bonn/Berlin und Brüssel abgegriffen und sich dann aus dem Staub gemacht, der Betrieb wurde geschlossen, die Menschen wurden arbeitslos und die Sozialstrukturen der Menschen wurden rücksichtslos zerstört.
another
another
Mitglied

Hallo Michael, Karl (und sonstige Interessierte)
geschrieben von another
Das ich nicht fragengemäß geantwortet habe, hat weder einen ignoranten noch einen anderen unangenehmen Grund. Im Gegenteil. Ich war die letzte Zeit unterwegs bei meinen Kindern. Zwei Enkel (meine) wurden in die Schule gebracht. Meine Kinder wohnen in Niedersachsen und in Sachsen. Womit indirekt auch das Thema dieser Gruppe angesprochen wird. In Niedersachsen (Nähe Hannover) scheint der Schuleingang für die Menschen ein negativer - mindestens aber ein unwichtiger - Zeitpunkt zu sein. In Sachsen ist es anders und es hat sich die Tradition, wie ich es aus meinen Kindjeitstagen kenne - und wie es meiner Lebenssicht entspricht, der Schuleingangsfeier erhalten. Mein Enkel in Radebeul wünschte sich eine "Piratenparty", die ihm seine Eltern auch gewährten.
Ich meine, der Schuleingang ist im Leben eines Menschen und besonders eines Kindes ein Ereignis, an dem das bisherige Leben vollständig umgekrempelt wird, an dem ein wortwörtlich neuer Lebensabschnitt beginnt. Nichts ist mehr so wie vorher. Es wartet der Stress der erzwungenen Tageseinteilung, viel "Muß", weniger mögliches "Will" und neuerdings echte Verantwortung für bestimmte Sachen - dem Erwachsensein ein Stück näher. Warum sollte dem Kind dieser Zeitpunkt nicht in Freude und Spaß gekleidet werden?
Im Übrigen: Reisezeit ist computerfreie Zeit!
Was die Auflösung unserer Firma betrifft ist deine Annahme, Michael, vollkommen richtig. So oder ähnlich hörte man es ja aus allen Teilen Ostdeutschlands. Selten gab es mal anders lautende Meldungen.
Neben Vorzeigeunternehmen wie Jenoptik, Stahlwerk EKO, profitable Werften und Betrieben z.B. wie der DKK war auch unser Unternehmen "Fortschritt Landmaschinen" und viele seiner Einzelbetriebe am Weltmarkt erfolgreich. Das Problem der Exportfirmen war nicht - wie behauptet wurde - die Überalterung oder Verwahrlosung (wie zu Unrecht behauptet wurde), sondern der gleichzeitige Umschwung im gesamten Ostblockbereich. Die ehemaligen Volksrepubliken und die zerbrechende Sowjetunion als Hauptabnehmer der Produktion waren nicht in der Lage, die nun ab Juli 1990 devisenträchtigen Preise zu bezahlen. Kohl und Waigel weigerten sich, diese Länder zu stützen. Andererseits wurde durch die miserable Arbeit der Treuhand (nachdem Rohwedder, der den Einigungsvertrag wörtlich umsetzen wollte, beseitigt wurde) eine komfortable Firma nach der Anderen - so auch die Landmaschinenhersteller - den potentiellen Konkurrenten zum Fraß vorgeworfen. In unserem Fall war es die Firma MENGELE aus Günzburg, die den Betrieb vollständig runtergefahren hat und dann weiterverkaufte. Schließlich kaufte eine amerikanische Firma (CASE) die Reste auf und nachdem die Fördergelder alle waren, wurden auch diese stillgelegt. Wie viele Mehdorns es Anfang der 90er gab, ist mir nicht bekannt. Unendlich viele Firmen wurden in den Sand gesetzt. Im Osten auf jeden Fall, um Konkurrenz auszuschalten, denn der BRD-Wirtschaft ging es 1990 auch nicht sehr berühmt.
Nee, ich trauere dem nicht nach. Ich finde es nur schade, wie Einige in der aktuelle BRD das immer noch vorhandene Potential verschleudern.
Ein Thema zu dem man seitenlange Beiträge mit vielen realen Beispielen verfassen kann.Ich möchte meinen Beitrag erstmal abbrechen und bin gespannt auf eventuelle Antworten.

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another
another
Mitglied

Hi Karl,...
geschrieben von another
...ich hab gerade noch einmal eure Beiträge durchgelesen und bemerkt, dass ich eine deiner Fragen übersehen habe. Ein paar Worte dazu. Ja, meine Kollegen - jedenfalls die meisten - waren sehr sauer. Zu den (schrittweise) durchgeführten Entlassungswellen kamen nun auch noch die Versuche einiger Organisationen, bei den Menschen "abzuschöpfen". Die Stadt hatte eine Einwohnerzahl von 11.000. Es arbeiteten in der Firma insgesamt 7.000 Menschen. Entsprechend war das Einzugsgebiet. Die Firma war weit und breit der einzige Arbeitgeber neben einigen Handwerks- oder Mittelstandsbetrieben. Und diese konnten ja bei den unüberschaubaren Wechselbedingungen kaum neue Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Deshalb wurde von vielen die "Wende" in Frage gestellt.
Auch dazu kann man lange Romane schreiben.
Sei vielmals gegrüßt
another
Karl
Karl
Administrator

Der Umbruch war bei uns im Westen weniger zu spüren
geschrieben von Karl
Danke für deine Antworten.
Ich muss gestehen, dass wir im Westen (zumindest kann ich hier für mich reden) von dem im Osten stattfindenden Umbruch am eigenen Leib praktisch nichts gespürt haben. Das Leben ging für mich weiter wie bisher. Wir nahmen zwar zur Kenntnis, dass wirtschaftlich nicht alles rund lief, dass sich plötzlich sehr viele "Ossis" im Westen niederließen, aber "Nachteile" wie Solidaritätszuschlag etc. haben unsere Lebensweise nicht verändert.

Ich verstehe deshalb, dass die Befindlichkeiten speziell der älteren Generation in Ost und West in Bezug auf die Wiedervereinigung sich unterscheiden. Die nach der Wende Geborenen werden das anders sehen. Für sie ist die Gegenwart und die Zukunft wichtig, nicht die Vergangenheit. Dieser Zukunft in einem vereinten Deutschland, noch besser Europa, wünsche ich alles Gute.

Karl
kape
kape
Mitglied

Das Leben in der DDR und nach der Wende
geschrieben von kape
Mir ging es in der DDR gut und es geht mir auch immer noch gut. Die Wende war gut und richtig aber es sind viele Menschen auf der Strecke geblieben .Es waren nicht immer Menschen die keine Lust zum Arbeiten hatten , nein es waren Menschen die sich nicht umstellen konnten , keine Arbeit fanden. Sie wurden nicht wie es im Sozialismus war mitgenommen nein sie wurden einfach zurückgelassen. Unsere Hartz4 Empfänger. Altersarmut und Kinderarmut hat uns die Wende gebracht aber auch die Freiheit die wir so lieben. Ich lebe auf La Gomera, habe meine Rente und es geht mir gut . Aber diese Welt und unser Deutschland ist nicht die Welt und das Deutschland was ich mir wünschte als ich 1989 auf die Straße gegangen bin Kape
haweger
haweger
Mitglied

DDR - Erfahrung
geschrieben von haweger
Wenn man diesen Beitrag liest kommt vieles wieder hoch. In Einem war ich mir 1990 sicher. Das deutsche Großkapital wird für den Versuch es in die Schranken zu weisen, alles unternehmen, dass niemand mehr auf eine solche Idee kommt. Alles andere, auch das Erlebte, ist in diesem Moment zweirangig, meint haweger
another
another
Mitglied

Hallo, liebe Interessenten,
geschrieben von another
schön, das der Eine oder Andere sich zu einem Kommentar hinreißen lies. Ich finde es gut, wenn jeder eine Meinung hat und dazu steht. Leider ist es nicht immer so.
Aber nur dann besteht für die Menschen die Chance, etwas zu verändern. Deshalb wird in allen Ländern ja auch verhindert, das Menschen sich offen äußern können. In Einem mehr, im Anderen weniger intensiv. Und, liebe Karin, die von dir beschriebene Freiheit heute scheint mir nicht so groß zu sein, wie sie in der Öffentlichkeit immer dargestellt wird. Zwar brauche ich mich nicht vorsichtig umschauen, wenn ich spreche, ob eventuell ein ungebetener "Zuhörer" vorhanden ist, aber nach wie vor gibt es politisch begründete Berufsverbote und sind Parteien mit anderer politischer Ausrichtung verboten. Dabei gehe ich das Verbot gegen die faschistisch ausgerichteten Parteien vollinhaltlich mit. Die hatten ihre Möglichkeit, ihren Standpunkt zum Wohl der Menschen zu organisieren und haben ihn sowas von vergeigt... Ich denke, Hans-Werner wird mir hierzu Recht geben. Doch ich glaube, nach seinen Worten im Beitrag, daß auch er zu einer ungern gehörten Meinung neigt. "...kommt vieles wieder hoch..." sagt - glaube ich - mehr als beabsichtigt aus. Ich kann den Frust zu Deutschlands Entwicklung bestimmter Kreise von Menschen der DDR schon verstehen. Doch ihnen entgegne ich, Auch ihr hattet die Chance, der Welt zu beweisen, das es besser geht. Kläglich habt ihr sie vergeben. Nur weil ihr nicht in der Lage wart, eingeschlagene Fehlrichtungen zu korrigieren. Was daran lag, das der alleinige Wahrheitsanspruch aufgegeben werden müsste. Die Partei hatte eben nicht immer Recht - im Gegenteil. Menschen wurden nicht als Individuen betrachtet, sondern wie Ameisen als Teil der großen Masse. Nur lässt sich ein Mensch auf Grund der Biologie nicht auf reine Handlungsvollzieher reduzieren, er hat Ansprüche und Bedürfnisse. Einer der unverständlichsten dabei aber wichtigsten Widersprüche zwischen Staatsorganisation und Realität war die Frage der Bildung - in der DDR "Volksbildung" genannt. Ein auch heute noch als vorbildlich anerkanntes Bildungswesen, das (auch heute noch) von etlichen kapitalistischen Ländern mit geringen Anpassungen übernommen und angewendet wurde brachte tatsächlich ein hochgebildetes Volk hervor und wurde von den Funktionären der Partei regelrecht für dumm verkauft. Wenn man Menschen zum selbständigen Denken ausbildet, muss man damit rechnen, das diese dies auch tun. An diesem Punkt (u.a.) wird dein Satz wahr, Hans-Werner: "...Das deutsche Großkapital wird für den Versuch es (das Volk) in die Schranken zu weisen, alles unternehmen, dass niemand mehr auf eine solche Idee (Versuch der Volksherrschaft) kommt..." Richtig, und die Versuche sind unübersehbar, US-amerikanische Verhältnisse zu erreichen. Es gibt da einen Ausdruck, der das beschreibt und den ich lang nicht mehr gehört habe: "Fachidioten". Und in so fern, Hans-Werner, ist es eben nicht zweitrangig, was man erlebt hat. Man will und man sollte sich schon an die "Erlebnis-Erfahrungen" erinnern und halten. Dann versteht man nämlich auch, wenn einige Ostdeutsche sagen: "Es war nicht alles schlecht.", wie das gemeint ist. Diesen Streit über Begriffe, wie "Unrechtsstaat" usw., hasse ich. Es wird damit von wirklichen politischen Auseinandersetzungen, wie du sie beschrieben hast, Hans-Werner, abgelenkt. Es gibt einen "Rechtsstaat", wobei ich der Meinung bin, Deutschland und seine Verbündeten brauchen noch eine gehörige Portion Entwicklung, um diesem Begriff gerecht zu werden.
Ich seh schon, ich beginne mich in den Themen zu verheddern und breche hier dann lieber erst mal ab.
Viele Grüße Ralf

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