Gruppenbeitraege Zeche Westfalen

Mauerbluemchen11
Mauerbluemchen11
Mitglied

Bei mir kommen die Erinnerungen hoch
geschrieben von Mauerbluemchen11
wenn ich die Bilder sehe.

Wir haben ja in der Kolonie im Garten gespielt und hatten immer die Türme mit den Schornsteinen im Blick.

Unser Vater war ja im Bergbau unter Tage.
Auch da sind immer Erinnerungen, wenn er nach Hause kam und die Augen ein wenig schwarz von der Kohle waren.

meli, gute Idee, dass deine Freundin diese Überraschung für dich parat hatte.

Gisela das Mauerbluemchen
Hallo Mauerbluemchen Gisela,
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ich erinnere mich an diese Dinge auch noch. Denn auch mein Vater war Bergmann.
Ich habe mir aus Duisburg ein Kochbuch mitgenommen und vorhin noch darin gelesen.
Dort wurde auch die Geschichte des Henkelmannes nach dem Krieg erzählt, den die Frauen ihren Männern auf die Zeche brachten. Auch daran erinnere mich sehr genau, denn der Schreck, den Vater rabenschwarz zu sehen, ging mir ordentlich in die Knochen.
Dort fand ich endlich ein Panhas Rezept, dass ich meiner Familie vorsetzen werde. Ich bin gespannt, wie sie reagieren wird.
Dazu den leckeren Kraut-Kartoffelsalat von anjeli. Da müssten die Herzen höher schlagen.

Meli
omaria
omaria
Mitglied

Kein Bergmannskind...
geschrieben von omaria
sondern eine Metzgerstocher im Münsterland bin ich,
habe jedoch als Kind viel vom Ruhrpott gehört...
(Liegt ja quasi nebenan!
Kohlen und Koks wurden säckeweise vom Händler in unseren Keller getragen, Briketts aufgeschichtet, Eierkohlen sorgsam geschüttet... Auch der Kohlenhändler war schwarz im Gesicht und an den Händen, was bei uns Kinder manchmal einen Schauer über den Rücken jagte!
Vom Bergbau und von Zechen lernte ich erst viel später, zunächst in der Schule, später aus eigenem Interesse!
meli du hast Recht:
Diese Zeit darf nicht vergessen werden!
Es ist doch gut, dass es noch Zeitzeugen gibt >
menschliche und bauliche!
LG omaria

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luchs35
luchs35
Mitglied

Die Reviere ähneln sich wohl
geschrieben von luchs35


Hier habe ich ein Gedicht unseres ST-Dichters Norbertvan Tiggelen gefunden, das zwar ein Revier im Ruhrgebiet beschreibt, aber ich denke, die Reviere werden sich wohl ähneln. Du kannst das sicher beurteilen, Meli.
Aber in jedem Fall war dieser Spaziegang durch die Zeche Westfalen auch für mich "kohleferne" Neugierige interessant.

Wer dort aufgewachsen ist hat sicher eine völlig andere Beziehung dazu. Aber vielleicht passt das Gedicht?

LG Luchs
anjeli
anjeli
Mitglied

Grrrrrrrrrrrrr, Panhas
geschrieben von anjeli
nee nichts für mich.
Mauerbluemchen, mein Schwesterlein hat das früher gerne gegessen und auch diese Grützwurst und auch die Blutwurst.

Das mit dem Henkelmann, das kannte ich nicht von meinem Vater.
Mein Vater hatte zwar auch Morgen- und Mittagschicht, aber "nur" acht Stunden. Wenn es besonders heiß war unter Tage, dann arbeitete er sieben Stunden.
Nachtschicht hatte mein Vater so gut wie nie gehabt.
Meli, ich habe auch schon in das Kochbuch reingeschaut.
Eine deftige Küche mit vielen Fettaugen auf und in der Suppe.
Bauchfleisch und Eisbein und Rippchen wurde gerne genommen.
Der Bergmann hatte einen sehr hohen Kalorienbedarf.
Ich meine bis zu 4000 Kalorien und mehr. Unser Papa mußte dann auch noch bis zur Zeche fast dreiviertel Stunde laufen, eine Strecke. Wir sind dann von der Kolonie in eine Neubauwohnung gezogen und die lag nicht in direkter Nähe der Zeche.
Unser Papa, war richtig dünn und eine böse Tante hat immer meine Mutter gefragt, ob er nichts zu essen bekäme.
Unsere Mama hatte auch sehr viel Humor und hat dann geantwortet, dass eine guter Hahn eben selten fett wird.
Meine Mama konnte gut kochen.
Es gab auch Kotelett bei uns. Mein Papa bekam das größte und Mauerbluemchen und ich je eine Hälfte und meine Mama bekam keins.
An erster Stelle stand die Familie.

Ja, das sind die Geschichten aus dem Pott.

Luchsi, das Gedicht ist sowas von treffend. Ich habe neulich in einer Sendung des WDR gesehen und gehört, dass ein Gedicht von Norbert van Tiggelen vorgelesen wurde.

Omaria, du kannst auch viel erzählen als Metzgerskind.

anjeli
Liebe Luchs,
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Das Gedicht passt vortrefflich!
Es beschreibt die noch aktive Zechenzeit und das sich ankündende Sterben durch Stilllegung.

Ich erlaube mir, hier eines einzusetzen, dass ich hier im ST geschrieben habe. Die Widmung kam zustande, weil romanus mit mir im Platt geschrieben hat. Wir hatten damit eine ganz witzige Zeit, die ich keinesfalls missen möchte.

Der Pütt

gewidmet: Meinem Kumpel romanus_k - ohne den ich meine Meli-Geschichten nicht hätte schreiben können. Er half mir, meinen Heimatdialekt wieder neu zu beleben, Vergessenes neu zu betrachten und ebnete mir damit den Weg. Danke romanus!

Stumm schauen Fördertürme übers Land
Gräser wachsen
zwischen den rostbedeckten Schienen -
unbefahren werden sie bleiben.

Stille klingt laut in der Kaue.
Kein Kumpel schrubbt hier noch
den schwarzen Körper weiß
und die Erschöpfung harter Arbeit herunter

Verschwunden die Schlackenhalden
auf denen Kinder Sommers rodelten -
"Glück auf" gesungen
wird jetzt im Denkmal Zollverein Essen

Es klingt noch gut das Lied,
hat seinen Zauber nicht verloren -
vom Steiger und dem Leder
vor dem Arsch bei der Nacht

Ist Hymne - bleibt Hymne
für alle gefluteten Zechen, Schweiß und Arbeit -
vorgetragen jetzt aus geschulten Stimmen
zu besonderen Anlässen.

Und doch - immer noch Pütt!
Mit Currywurst, Fritten rot weiß
Bandoneon und Grönemeyer
Sprache kurz und kraftvoll

Hier im Land der Flüsse, Häfen,
Kanäle, Kies, Kohle, Stahl und Seen
Heimat - wo ich auch bin -
nicht zu ändern!

© Meli Franzen

21.7.09

Lass Dich überraschen, was ich noch von der Reise mitgebracht habe.

LG Meli
Liebe anjeli,
geschrieben von ehemaliges Mitglied
ich mochte den Panhas gern, eben mit Krautsalat und Bratkartoffeln und ich werde meine Kinder damit erfreuen.

Die Sache mit dem dünnen Vater kenne ich auch. Meiner hat Nachtschichten gemacht, einmal ein ganzes Jahr nix anderes, aber da war ich noch klein. Und entsprechend sah er aus.

Im übrigen kennst Du ja auch das Bergarbeiterlied Glück auf, Glück auf.
Und sicher auch die berühmte Strophe mit dem "Leder vor dem Arsch" bei der Nacht.
Ich habe jetzt gelesen, dass diese Strophe überwiegend im Ruhrpott gängig ist. Und dass bei dem Vortrag die Leute sitzen bleiben bis zu dieser Strophe.
Wenn aber diese erklingt stehen sie auf!

Und auch die Sache mit dem Schnaps ist mir klar. Ich habe im Sandsteinmuseum mit Omaria gelesen, dass zur Verhütung von Steinstaublungen Schnaps als Vorsorge getrunken wurde, was aber bei dem Baumberger Sandstein nicht nötig war. Dieser verursacht als einziger Stein bei der Bearbeitung keine Lungenerkrankung (COPD).

LG Meli
anjeli
anjeli
Mitglied

meli, meine Familie aß auch sehr gerne Panhas
geschrieben von anjeli
nur ich nicht. Mir wurde dann immer eine Extrawurst gebraten.

Das Arschleder hat für jeden Bergmann eine besondere Bedeutung. Ganz früher rutschten die Bergleute damit durch den Stollen, auch schütze das Leder vor Nässe und Kälte.
Auch war es für jeden Bergmann eine große Schande, wenn ihm das Arschleder abgenommen wurde, er unehrenhaft entlassen wurde.

Das mit dem Schnaps kenne ich nicht. So richtig glaube ich es nicht, da bin ich im Zwiespalt.
Mein Vater war 40 Jahre unter Tage. Dann wurde ihm von einem auf den anderen Tag untersagt einzufahren, weil das Ergebnis nach einer ärztlichen Untersuchung bekannt wurde.
Mein Vater ist so gut wie nie beim Arzt gewesen.
Der Hausarzt ist damals bei uns zu Hause aufgekreuzt und hat meine Mutter gebeten auszurichten, dass mein Vater dringend in die Praxis kommen sollte (Telefon hatten wir damals nicht)
Auch hat er meiner Mutter erzählt, dass mein Vater wohl auf der Straße sterben werde, wenn er jeden Arzt meidet.

Mein Vater ist dann an den Folgen der Silikose mit 69 Jahren verstorben.
In der Bergmannsprache heißt es - Er hatte die Motten.
Als er nicht mehr einfahren durfte da hatte er eine offene Tuberkulose und ein Loch, so groß wie eine 5-DM-STück in der Lunge.

anjeli

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