Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"

Innenpolitik 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"

Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf justus39 vom 01.05.2015, 12:12:28
Ja - Justus - so ähnlich lief es bei uns auch ab.
Da ich Lehrer war, blieb mir keine Wahl, als an der Parteiführung des Kreises vorbeizumarschieren und auch die Schüler ( 9.- 12. Klassen)taten das meist missmutig, besonders, wenn sie auch noch vergattert wurden, irgend ein Plakat hochzuhalten.
Ich erinnere mich auch - genau wie du- dass immer ein Lehrer "abgestellt" wurde, in einer Gaststätte Platz frei zu halten, in die man dann schnellen Schrittes "einmarschierte" (eigentlich nur die Männer).
Dort wurde dann meist in zu kurzer Zeit zu viel getrunken ( kaum was gegessen) und gegen 14 - 16 Uhr schaukelte man dann nach Hause.
Die Gespräche in der Kneipe waren grundsätzlich "parolenfrei" und meist gab es zu Hause Ärger mit den Ehefrauen.

ABER - es bleibt in Erinnerung!

ANMERKUNG: manchmal lief es auch nicht so ab - dann gab es einen Familienausflug!
Mitglied_5ccaf87
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Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ist es wieder soweit?
tagesspiegel.de - Attacke auf Mai-Kundgebung in Weimar "Das erinnert an SA-Übergriffe aus der Nazizeit"

Scheinbar doch:
tagesspiegel.de - Jahrestag der deutschen Kapitulation Rechte planen "Sturm auf den Reichstag" am 9. Mai
ehemaligesMitglied41
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Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von ehemaligesMitglied41
…ich kann die Erinnerungen nur bestätigen.

Auch wenn wir Erwachsenen mitunter ungern zur Demonstration gingen, weil keiner eine Fahne oder Plakat tragen wollte, so wurden wir durch die Kinder regelrecht dazu ermuntert.

Sie trugen stolz ihre Papierfähnchen.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als mein Sohn uns fragte, warum wir nur eine Fahne am Fenster haben (rote Arbeiterfahne) und nicht die DDR Fahne dazu.

Wir haben ihn dann die Bedeutung der Arbeiterfahne erklärt und er gab sich damit zufrieden.

Der 1. Mai war ein Tag, der meist kollektiv begangen wurde und die Frauen die neuste Frühjahrskollektion zur Schau stellen konnten.

Im Fernsehen wurden die Maidemonstrationen von Berlin und Moskau live übertragen.

Ich war auch sehr stolz darauf, meinen Vater auf der Ehrentribüne zuzuwinken.

Das sind Erinnerungen und hat nichts mit Nostalgie, in Vergangenheit leben oder nachtrauern zu tun.

Mich wundert, dass solche Bemerkungen immer nur dann auftauchen, wenn es um die DDR Vergangenheit geht.

40 Jahre meines Lebens will ich nicht auslöschen, nur weil ich in einem anderen System gelebt habe.

ein_lächeln_

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dutchweepee
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Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf ehemaligesMitglied41 vom 03.05.2015, 01:36:32
Der Lack ist zwar seit DDR-Zeiten von mir stellenweise erheblich abgebröckelt, aber die rote Mai-Nelke trage ich auch Heute noch zur Ehre der Gewerkschafts- und Arbeiterkämpfer in unserer Vorgeschichte. Auch in meinen Zopf war am Freitag eine rote Nelke eingeflochten - hab aber leider (oder zum Glück) kein Foto von meiner Rückseite.

ehemaligesMitglied41
ehemaligesMitglied41
Mitglied

Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von ehemaligesMitglied41
als Antwort auf dutchweepee vom 03.05.2015, 02:00:54
…Frauentagsblümchen und rote Mainelke habe ich auch noch, da gibt es doch auch noch eine Sondermarke im FDGB Büchlein….

Alles gab’s nicht umsonst im Sozialismus, immerhin haben wir dafür 50 Pfennige bezahlt…

…siehst aber trotz der 25 Jahre noch ganz passabel aus…

ein_lächeln_
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf ehemaligesMitglied41 vom 03.05.2015, 02:11:00
OK ...das läuft ....sollten wir uns im Café verabreden: Ich bin der mit der Nelke.

:)

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dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von dutchweepee
Ich finde den Bericht von Tina sehr autentisch. Seit meiner Kindheit habe ich mich immer auf den 1.Mai und sogar auf den Vorbeimarsch gefreut. Es wurde aber zunehmend eine Zwangsaktion.

Am Morgen des 1.Mai 1989 hat dann sogar der Dekan der TU-Dresden beschlossen, dass die Sektion Maschinenbau mit albernen Holz-AK-47 an der Tribüne vorbeimarschiert, um ihre Verbundenheit mit er SED zu dokumentieren. Man hat uns sogar mit Exmatrikulation gedroht, wenn wir das nicht machen.

Wir haben die Dinger trotzdem nicht angefasst und alle 150 Maschinenbauer sind geschlossen in den Studentenclub "Bärenzwinger" saufen gegangen und wir haben dort beim Bier lauthals Arbeiterkampflieder gesungen. Exmatrikuliert wurde keiner, aber ein paar Bonzen sind wohl vor Wut geplatzt.

Alles in allem habe ich aber nur schöne Erinnerungen an den 1.Mai und das ganze Brimbamboriumdrumrum. Der 1.Mai ist für mich auch heute noch ein Kampftag der Arbeiterklasse (ohne Gänsefüßchen). In den nächsten Jahren wird das weiter zunehmen - mit oder ohne Klassenbewusstsein.
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
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Re: 1 .Mai- "Kampftag der Arbeiterklasse"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf dutchweepee vom 03.05.2015, 02:47:24
Unser letzter BGLr erfand einen neuen Trick. Er kaufte kleine Pullis und gab jedem Anwesenden eine davon. Die Empfänger wurde auf einer Liste abgehakt. Begründung: Damit niemand doppelt bekommt.

Das fanden nicht nur ich lustig, denn so wurde am nächsten Arbeitstag bekannt, wer zur Demo war und wer nicht. Das ging jedoch nach hinten los. Denn es hatten ja auch Leute keinen Haken, die aus unterschiedlichen und verständlichen Gründen keine Wilthener Goldkrone genommen hatten.

Stress pur .... und die Belegschaft

-- schnippel ---- schnippel ---- schnippel ---- schnippel --

Soeben fand ich eine moderne Definition zum 1.Mai.
"Wir feiern an diesem Tag jene Arbeit, die unter Anleitung durch das Kapital, das schließlich selbst ein Ergebnis von Arbeit ist, soviel Mehrwert heckt, dass sich aus ihr ein Wohlfahrtsstaat finanzieren lässt, der als Sicherheitsnetz für alle jene Arbeitskraft dient, für die das Kapital keine Verwendung hat. Die Menschen wiederum nutzen diesen Tag für all das, was ihnen die Arbeit verweigert, an erster Stelle Freizeit – und zwar jene Freizeit, die sie nur haben, weil und solange sie auch Arbeit haben."

Quelle: heise.de - Was war - Was wird - Vom digitalen Prekariat, weißen Spionen und schwarzen Schafen

Wer möchte widersprechen?

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